Robert Nehring hat nicht viel von Marcel Proust gelesen, stellt aber ebenfalls gern viele Fragen. Interessanten Persönlichkeiten aus dem Büroumfeld schickt er auch mal einen Fragebogen. Diesmal antwortete Albert Denz, Inhaber des Büroeinrichtungsportals Officebase.
ARBEITEN
1. Bitte beschreiben Sie Ihren Arbeitsplatz.
Es ist ein Homeoffice mit circa 25 m2, natürlich mit Möbeln meiner ehemaligen Marke Denz. Es gibt aber auch Sitzmöglichkeiten von Vitra und einen Apple-Computer.
2. Wie kommen Sie zur Arbeit?
Zu Fuß. Aus dem Badezimmer, manchmal auch direkt aus dem Bett.
3. Wo arbeiten Sie am liebsten?
Hier in meinem Haus mit großem Garten am schönen Greifensee, mit viel Aussicht auf See und Naturschutzzone, denn ich habe kein anderes Büro mehr, seit ich vor 18 Jahren die Denz AG an Lista Office verkauft habe.
4. Wann beginnt ein normaler Arbeitstag bei Ihnen, wann ist Schluss?
Mit 75 Jahren kann ich es mir leisten, spät aufzustehen und erst um 10 oder 11 Uhr mit der Arbeit zu beginnen. Manchmal ist dafür erst um 19 Uhr Schluss. Aber oft genieße ich auch einfach einen Tag ohne Arbeit.
5. Wie viele E-Mails erhalten Sie im Schnitt pro Tag?
Circa 40 bis 80.
6. Wie viele Stunden arbeiten Sie im Schnitt pro Woche?
Zwischen zehn und 50 Stunden.
7. Wie viele Stunden arbeiten Sie im Schnitt pro Woche konzentriert allein?
10 bis 50 Stunden. Manchmal fünf bis sechs Stunden am Stück.
8. Wie viele Stunden verbringen Sie im Schnitt pro Woche in (Video-)Meetings?
Etwa zwei bis drei Stunden.
9. Wie kommunizieren Sie vorwiegend: Face-to-Face, per Telefon, E-Mail oder Chat?
Am liebsten immer noch per Mail, aber manchmal fällt mir die Decke auf den Kopf und ich brauche auch persönlichen Kontakt per Telefon.
10. Haben Sie einen Lieblingsbürostuhl?
Ich mag die Modelle von Vitra sehr, vor allem den ID Trim.
11. Wie muss ein Schreibtisch sein, der ihnen gefällt?
Ich habe einen Sitz-Steh-Tisch von Denz. Der ist nun 20 Jahre alt und funktioniert tadellos. Er ist mühelos elektrisch verstellbar und gut für meinen „alten“ Rücken.
12. Was war in den 1960er-Jahren wichtig bei der Büroeinrichtung?
Dass man bei meiner Firma, die ich 1968 mit 23 Jahren gegründet habe, gekauft hat! Ich liebte schon damals Produkte mit hohem Designanspruch.
13. Was war in den 1990er-Jahren wichtig bei der Büroeinrichtung?
Der Trend ging weg von verketteten Arbeitsplätzen, die viel Raum benötigen. Design und Funktionalität waren für die Motivation der Mitarbeiter immer wichtiger geworden.
14. Wie stellen Sie sich Büros 2030 vor?
In Büros größerer Unternehmen wird sich bis 2030 wohl eine Entwicklung fortsetzen, die bereits 1995 bei DEC in der Schweiz begann. Damals entwickelte die Denz AG zusammen mit dieser Firma ein neues Open-Space-Konzept mit Desk-Sharing-Arbeitsplätzen, Ruhezonen, Telefonkabinen, Bars mit Steckdosen für den Laptop. Dieser Trend war revolutionär, und es brauchte lange, bis dieses Konzept bei vielen großen Firmen eingeführt wurde. 2030 wird sich jedoch ein Mix zwischen solchen Konzepten und dem Homeoffice durchgesetzt haben.
15. Die Pandemie will kein Ende nehmen. Erleben wir gerade unser New Normal?
Es wird einige neue Formen der Büroarbeit geben. Der Trend zum Homeoffice wird durch die aktuelle Akzeptanz verstärkt, was sich auch positiv auf Konzepte wie Smart Working etc. auswirkt.
16. Worauf sollte man bei der Beschaffung von Möbeln für das Homeoffice achten?
Ein bis in Stehhöhe verstellbarer Tisch ist sehr wichtig. Ebenso ein ergonomischer Stuhl statt eines Billigmodells aus dem Online-Shop. Was eine ungesunde Haltung bewirken kann, sehe ich täglich. Deshalb mache ich ein bis zwei Mal Yoga in der Woche, um dies wieder etwas zu korrigieren.
17. Wie sehen Sie die Zukunft des Coworkings?
Bis Ende der Pandemie eher abwartend. Eine Kombination von Coworking in der Nähe des Wohnortes und Arbeit am Hauptsitz könnte aber die Ökobilanz verbessern. Deshalb werden wir bei Officebase zum Beispiel ab März 2021 über 1.000 Coworking Spaces online stellen.
18. Was zählt für Sie zu den größten Herausforderungen für die Bürowelt?
Innovation bei den Herstellern, auf den Zeitgeist eingehen, Planungs-Dienstleistung und sehr persönliche kompetente Beratung beim Fachhandel. Es braucht junge Mitarbeitende, die sich in der heutigen Zeit bewegen und die aktuellen Trends erkennen. Ein gutes Zusammenwirken von jungen Ideen und Erfahrungen, die überdacht werden müssen. Die Verteidigung von „altem“ Wissen hat hier keinen Platz.
19. Kauft man Büromöbel in zehn Jahren zunehmend am traditionellen Fachhandel vorbei direkt beim Hersteller?
Der Fachhandel kommt unter Druck und kann nur mit einem großen Fachwissen und guter Beratung überleben. Reine persönliche Kontakte reichen hier nicht aus. Hersteller werden ihre Positionen durch eigene Niederlassungen und Aufkäufe eher verstärken.
20. Es gibt immer mehr Mietmodelle für Büromöbel. Könnte hier Mieten das neue Kaufen werden?
Vor allem für junge Unternehmen ist dies ein Weg, um die finanziellen Ressourcen anders einzusetzen. Ich glaube aber nicht, dass sich das Mieten im großen Stil durchsetzt, also auch für mittelgroße bis große Betriebe.
21. Wie beurteilen Sie die Zukunft von Händlern und Herstellern im Bürobereich?
Dies ist von Land zu Land verschieden. Durch Internet, Zoom und die gesamte neue Technik funktioniert Büroarbeit auch ohne Büro. Und Produktionen lassen sich in Länder mit niedrigeren Salären verschieben. Hochpreisländer geraten mehr unter Druck.
22. Welche Utensilien aus der guten alten Analogwelt sollten im Office erhalten bleiben?
Die Brille! Und das Wasserglas auf dem Tisch.
23. New Work ist für mich …
… ein etwas abgedroschener Begriff.
24. Woran arbeiten Sie gerade?
An diesem Bericht! Und am Plan, wie ich meinen neuen Mitarbeiter ab 1. März am besten instruiere und ins Team integriere, damit er auch mit Freude dabei sein kann.
25. Was inspiriert Sie?
Alles, was neu ist.
26. Ihr größter beruflicher Erfolg?
Der Aufbau meiner Firma Denz AG ab 1968. Sie erreichte einen Jahresumsatz von über 20 Millionen CHF. 2002 habe ich sie mit einem Cashflow von 16 Prozent abgegeben.
27. Der größte Misserfolg?
Die Ölkrise von 1974, bei der ich mit einer Umsatzeinbuße von 40 Prozent fast in Konkurs geraten wäre. Und 1990 hatte ich kräftig in die Entwicklung von Easy investiert, einem System, das alles konnte, preislich günstig war und mit zwei Millionen CHF Werkzeugkosten wie ein Auto geplant war. Aber niemand war davon begeistert.
28. Xing oder LinkedIn oder …?
Ich bin kein Fan von Social Media und überlasse das meinen Mitarbeitern.
29. Apple oder Microsoft?
Apple.
30. Gedruckte Zeitung oder Online-News?
Online, aber die Sonntagszeitung auf Papier. Allerdings nur diese, weil da auch noch ein Sudoku drin ist.
LEBEN
31. Was würden Sie als „König der Schweiz“ zuerst ändern?
Ich würde das Königreich als Staatsform abschaffen.
32. Was würden Sie gern können?
Yoga so gut wie meine Frau.
33. Wo würden Sie am liebsten leben?
Hier am schönen Greifensee in meinem Haus in der herrlichen Landschaft.
34. Wobei können Sie gut entspannen?
Beim Yoga, beim Meditieren und Spazieren. Und wenn ich meine Frau in den Armen halte oder einfach im Garten mit einem Glas die Landschaft bewundere.
35. Ihr ursprünglicher Berufswunsch?
Zahnarzt, aber das ging „in die Hose“, denn ich bin nicht sonderlich exakt. Ich glaube, meine Mutter wollte einen Doktor. Aber bereits im Internat von Kloster Einsiedeln, wo sie mich nach sechs Monaten rausgeworfen haben, wurde mir gesagt, dass ich der geborene Verkäufer sei. Ich habe dort schon den Patern Brillenetuis aus Kunststoffresten verkauft.
36. Ihre Hauptcharaktereigenschaften?
Hektisch und chaotisch. Alles muss sofort erledigt werden. Ich bringe es dann aber trotzdem immer noch auf den Punkt. Ich liebe und schätze auch Menschen und insbesondere meine Mitarbeiter.
37. Ihre Hobbys oder Leidenschaften?
Wie gesagt Yoga. Mittlerweile auch das Golfen (wegen der schönen Landschaft). Und ich liebe schöne Autos – aber nur eines und nicht viele. Die könnte man dann gar nicht mehr so genießen.
38. Ihre drei Dinge für die einsame Insel?
Meine Frau, ein Buch vom Dalai Lama und eine Flasche Wein.
39. Ihre Lieblingskünstler oder -denker?
Charles Eames, Norman Foster, Rolf Fehlbaum, Obama und natürlich der Dalai Lama.
40. Ihre Lieblingsbücher?
Obamas „Ein verheißenes Land“, „Die Entstehung des Islam“ von Lutz Berger und andere Bücher über Weltreligionen. Aber auch die großen Denker wie Aristoteles oder Sokrates mag ich. Außerdem den buddhistischen Lehrer Thich Nath Hanh.
41. Ihr Lieblingsgericht?
Geschnetzeltes mit Rösti.
42. Ihre Lieblingsweisheit?
Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.
43. Ihr Lebensmotto?
Mach es einfach.
44. Der Sinn des Lebens …
Im Prinzip wäre es vermutlich Fortpflanzung, aber das habe ich nicht geschafft. Eher im Jetzt leben und zufrieden sein mit dem, was ist.
45. E-Auto oder Verbrenner?
Verbrenner, da es noch keine E-Variante von meinem Auto gibt und ich nur 5.000 km im Jahr mache.
46. FC Zürich oder Young Boys Bern?
Gar kein Fußball.
47. Beatles oder Stones oder …?
Beide, da ich zu jener Zeit mit 19 Jahren in Bournemouth als Swimming-Pool-Attendant mit wenig Gehalt gearbeitet habe und die dort derzeit topaktuell waren.
48. Bier oder Wein?
Ein gut gelagerter Wein aus meinem großen Weinkeller.
49. Strand oder Berge?
Ich habe Höhenangst, also lieber Strand.
50. Und Ihre Uhr: analog oder digital?
Apple Watch, um täglich meine 10.000 Schritte zu zählen.
![]() Abbildung: Albert Denz ALBERT DENZ
|