Er gehört in jede Schreibtischschublade, fristet aber ein eher unscheinbares Dasein: der Radiergummi. Über die Geschichte des „Ratzefummels“.
Die Geschichte des Radiergummis führt bis ins 16. Jahrhundert. Um 1550 soll ein italienischer Maler seinen Schülern empfohlen haben, Bleistiftstriche mit Brot auszuwischen. Wahrscheinlich wurde das Brot dafür zu einer festen Radiermasse geknetet.
1770 – das entscheidende Jahr
Für die Erfindung des Radiergummis sind zwei Briten verantwortlich: Im Jahr 1770 entdeckte der Instrumentenbauer Edward Nairne, dass sich getrockneter Roh- bzw. Naturkautschuk zum Entfernen von Bleistiftstrichen eignet. Im selben Jahr machte der Theologe und Naturforscher Joseph Priestley nach einer ähnlichen Beobachtung diese Entdeckung publik. Deshalb galt er lange Zeit als der Erfinder des Radiergummis. In seiner Veröffentlichung nannte er die radierbaren Kautschukwürfel „Indian Rubber“. Der ursprüngliche Kautschukradierer bestand aus dem Milchsaft (Latex) des Kautschukbaumes und aus Faktis (auch Ölkautschuk genannt), einer aus Pflanzenölen hergestellten weißgelben Masse.
Der Weg zu mehr Elastizität
Der amerikanische Chemiker Charles Nelson Goodyear veränderte den Rohkautschuk durch Zugabe von Schwefel sowie unter Einwirkung von Druck und erhöhten Temperaturen. Dieses Verfahren, das er 1839 entwickelte und das später als Vulkanisation bekannt wurde, verbesserte die Materialeigenschaften des Kautschuks. Die knetbare Kautschukmasse wurde dadurch zu einem elastischen Stoff. Um dessen Abrieb zu verstärken, wurden der Gummimasse Quarzmehl und andere Füllstoffe wie Kreide sowie Farbstoffe beigegeben. Im 20. Jahrhundert wurde durch technologische Entwicklungen der Kunststoffradierer erfunden, mit dem sich wesentlich besser radieren lässt. Kunststoffradierer bestehen meist aus Polyvinylchlorid plasticized (PVC-P), das durch Zusatz von Weichmachern (in der Regel Phthalat) elastisch wird.
Exkurs Radierschablone
Für technische Zeichnungen oder für mit Schreibmaschinen Getipptes gibt es die sogenannte Radierschablone. Diese besteht aus einem sehr dünnen, rostfreien Stahlblech, in dem beispielweise Kreise, Vierecke und Bögen ausgespart worden sind. Über die zu ändernde Stelle wird eine passende Aussparung gelegt. So kann man radieren, ohne das darum herum Geschriebene zu entfernen oder zu verwischen.
Wie funktioniert Radieren?Die vom Bleistift an das Papier abgegebenen Graphitteilchen haften dort durch die Adhäsionskraft. Da Kautschuk eine höhere Adhäsionskraft als Papier hat, zieht er während des mechanischen Abriebs (lat. radere: kratzen, schaben) den Graphit vom Papier weg. Auch für Tintengeschriebenes gibt es mechanische Radierer. Diese sind mit gemahlenen, harten Stoffen wie Glas, Bimsstein oder Quarz versetzt, um das beschriebene Papier in feinen Schichten abzuschleifen. Heutzutage wird Tinte allerdings in der Regel mit chemischen Mitteln entfernt. |