In unserer Reihe mit Tipps und Regelungen aus aktuellen Duden-Werken zeigen wir Ihnen dieses Mal, wie Sie verständlich, lebendig und überzeugend schreiben, indem Sie auf Bullshitwörter verzichten.
Die Gefahr besteht, dass ein wenig bedeutender Inhalt zusätzlich durch inhaltslose Wörter übertüncht wird. Für diese Wörter, die uns nichts mehr sagen können, weil sie für nichts mehr stehen, gilt: Finger weg von ihnen. Dazu sollte der Schreiber wissen: Welche gehören dazu? Und welche sollte er stattdessen benutzen?
„Herausforderung“, „nachhaltig“, „innovativ“, „kompetent“ – was verbirgt sich hinter der Bezeichnung „Bullshitwörter“? Eine Spiegel-online-Definition versucht, das Phänomen zu beschreiben: „Viel reden, wenig sagen, dafür gibt es ein Wort – Bullshit. Nichtwissen hinter rhetorischen Nebelbomben wirkt oft klüger als ehrlich eingeräumtes Halbwissen.“ Also ist diese Form des Schreibens oder Sprechens eine Erscheinung des Zeitgeistes: Mehr Schein als Sein ist das Biotop, in dem die „Bullshitwörter“ oder auch Modephrasen sprießen – und damit Sprache und Gespräch immer mehr verunstalten. Folge: Die Sprache in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft produziert seit Jahrzehnten ständig neue Blüten in dieser Disziplin. Mit vielen Wörtern nichts zu sagen: Das dürfte die Verständigung gefährden.
Bullshitwörter: So kann man sie umfahren
innovativ | = neu(artig), erfinderisch, ideenreich |
kreativ (möglichst noch mit „c“) | = einfallsreich, originell, schöpferisch |
kompetent | = sachverständig, fachkundig, erfahren |
global | = weltweit, international, umfassend |
nachhaltig | = dauerhaft, wirksam, auf lange Sicht |
Herausforderung | = Aufgabe, Schwierigkeit, Problem |
Warum sind solche Wörter immer noch im Umlauf? Bullshitsprache deckt die Machenschaften derjenigen, die nicht bereit oder willens sind, sich auf einen wirklichen Dialog mit ihrem Gegenüber einzulassen – sei es aus Feigheit oder Bequemlichkeit. Doch wer guten Stil schreibt, kann das nur tun, wenn er ehrlich ist – und mit klaren Worten zu dem steht, was er schreiben will.
Dass auch ohne erkennbare Gründe oft zu wenig individuellen Formulierungen gegriffen wird, zeigt das nächste Beispiel. Dieser Text findet sich auf der Website eines deutschen Unternehmens. Seinen Namen und die Hinweise auf sein Produkt und seinen Standort haben wir anonymisiert – um was für ein Unternehmen handelt es sich wohl?
„Mit der Firmengruppe XXX präsentiert sich ein kompetenter Partner in vielen Geschäftsbereichen der XXX-Industrie […]. Bewahrung von Tradition und tiefe Verbundenheit zur […] Heimat einerseits sowie Offenheit für Innovation und stetigen Fortschritt anderseits ermöglichten die Expansion des Unternehmens mit Stammsitz in XXX zur international agierenden Unternehmensgruppe. […] Ein kundenorientiertes Netzwerk bestehend aus über 1800 hoch motivierten und qualifizierten Mitarbeitern an zahlreichen Produktionsstandorten im In- und Ausland bietet Full-Service auf höchstem Niveau. Das fachübergreifende Know-how der Mitarbeiter und ihre effiziente Arbeitsweise kommen bei der Ausführung von Einzelaufträgen ebenso zum Einsatz wie bei der Verwirklichung […] [von] Großprojekte[n].“
Alles klar? Wohl nicht. Es gibt einen Praxistest, der einem Leser zeigt, wie viel oder wenig Substanz ein Text enthält.
Der geht so: Setzen Sie bitte in diesen Text abwechselnd einen Hersteller von Kühlschränken, Sonnenbrillen oder Industrieanlagen als Urheber ein: Sie werden merken: Der Text funktioniert in allen diesen Zusammenhängen tadellos – und ist deshalb für eine echte Aussage verloren und alles andere als individuell, auch wenn er durch das Einsetzen konkreter Produkte und Orte präzisiert wird.