Viele Office-Worker verharren sogar während ihrer Pausen in Bewegungslosigkeit. Deshalb fordert Burkhard Remmers, Leiter Internationale Kommunikation bei Wilkhahn, eine neue Pausenkultur.
Je besser Pausen als „Auszeit“ genutzt werden, desto erholter und leistungsfähiger sind die Mitarbeiter. Doch während Pausen früher vor allem der Erholung von schwerer, körperlicher Arbeit dienten, geht es in Zeiten der digitalisierten Büroarbeit darum, den komatösen Bewegungsmangel bei der Bildschirmarbeit auszugleichen. Fortschrittliche Unternehmen treiben dafür heute einigen Aufwand: Die Angebote reichen vom gemeinsamen Joggen über Besuche von Bewegungstherapeuten am Arbeitsplatz bis zum mittäglichen Betriebssport oder Tanzen beim Lunchbeat.
Das Problem liegt auf der Hand: Immer mehr Menschen bewegen sich in ihrem Arbeitsalltag immer weniger. – Und dass laut Studie der Technikerkrankenkasse zudem auch noch die sportlichen Betätigungen in der Freizeit abnehmen, macht es nicht besser. Vor allem in der Bürowelt herrscht ein nahezu komatöser Bewegungsmangel, der von den Gesundheitswissenschaften inzwischen als Hauptursache für grassierende Volkskrankheiten wie Rückenschmerzen und zahlreiche Stoffwechselerkrankungen verantwortlich gemacht wird. So hat die Weltgesundheitsorganisation WHO das lange Sitzen sogar als eigenen Risikofaktor eingestuft. Alle Experten sind sich einig: Es geht heute darum, wieder mehr Bewegungen in die Büroarbeit zurückzubringen, um die Mitarbeitergesundheit zu verbessern.
Kosmetik oder Kulturwandel?
Viele Unternehmen haben vor dem Hintergrund alternder Belegschaften und des Fachkräftemangels das Thema Mitarbeitergesundheit inzwischen als strategischen Kosten- und Zukunftsfaktor erkannt. Im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) versuchen sie, an wesentlichen Stellschrauben zu drehen, um Krankheitstage zu reduzieren und die Arbeitsfähigkeit zu erhalten: Gesundheitstage, Führungstrainings, besondere Ernährungsangebote sowie die eingangs aufgeführten Bewegungs- und Sportangebote sind darauf ausgelegt, die Defizite zu kompensieren. Meistens werden aber diese Angebote nur von denen genutzt, die ohnehin einen achtsameren Umgang mit der eigenen Gesundheit pflegen, und nicht von der übergroßen Mehrheit, die es besonders nötig hätte. Wer BGM wirklich als „Management“ begreift, kommt also nicht umhin, die Bewegungsförderung als selbstverständlichen Aspekt in den Arbeitsalltag zu integrieren.
Rezepte von gestern für heute und morgen?
Doch Arbeitskulturen verändern sich sehr langsam: Nicht nur, dass in den vorherrschenden Effizienzmodellen Bewegung noch immer als „Verschwendungsfaktor“ gesehen wird. Auch die Ausstattung der Pausenbereiche wird mit Tischen und (starren) Sitzmöbeln vom „Entlastungsgebot“ dominiert, das dem Bergbau, der Landwirtschaft, der Industrialisierung und weiteren kräftezehrenden Berufen entstammt. Wenn dann noch das Snack- und Getränkeangebot aus Kalorienbomben besteht, ist nicht nur die Stoffwechseldrehzahl zu niedrig, sondern der stotternde Stoffwechselmotor des Körpers erhält auch noch minderwertigen „Sprit“. Andauernde Stressphasen, Bewegungsmangel und schlechte Ernährung bilden einen Cocktail, der das Immunsystem schädigt – und damit gleichermaßen das subjektive Wohlbefinden beeinträchtigt wie die objektive Gesundheit und Leistungsfähigkeit.
Sofas für die Couch-Potatoes?
Selbst moderne Arbeitskonzepte wie der „Activity based Workplace“ halten neben aktivierenden auch kontraproduktive Angebote bereit: Während Meetings im Stehen und eine Thekenlösung für die Teeküche Haltungswechsel und Bewegung fördern, bieten zahlreiche Sofas und andere Polstermöbel in den Mittelzonen nicht nur optisch einen behaglichen Eindruck: Sie laden mit den „Couch-Potatoes“ gerade diejenigen zum längeren Arbeiten und Verweilen ein, deren Lebensstil auch sonst von „natürlicher Kalorieneffizienz“ geprägt ist. Dass derartige Sitzmöbel zudem nur deutlich niedrigere Ergonomiestandards erfüllen als ein guter Bürostuhl, liegt auf der Hand.
Aktivierung statt körperlicher Entlastung
Mit dem Stand-Up des Designers Thorsten Franck bietet Wilkhahn einen neuen Ansatz, um die Mitarbeiter in den Pausen zu Bewegungen, Haltungswechseln und Gymnastikübungen zu animieren. Der schräge Kegel ist ein attraktiver Hingucker, der zu Interaktionen einlädt: Leicht angestoßen, schwingt er bis aus einer Neigung von 47° zurück. In Gruppen aufgestellt, verführt er zu spielerischen Experimenten, um vielfach in Bewegung gebracht zu werden. Vor allem aber fördert er als dynamischer Dreibeiner (zwei davon gehören dem Nutzer!) die Rundumbeweglichkeit des Gesäßes, die Balancekompetenzen und die Muskulatur von Hals, Schulter, Rücken, Bauch und Beinen sowie die Hüft-, Knie- und Knöchelgelenke.
Stand-Up ist prädestiniert für den Einsatz in Pausen- und Zwischenzonen, informellen Besprechungsecken oder Eingangs- und Wartebereichen – also überall dort, wo sich Mitarbeiter nicht ständig, sondern nur ein paar Minuten aufhalten. Eine Zeitspanne, die völlig ausreicht, um die Hüfte kreisen und die Gedanken fliegen zu lassen. Hierbei ist nicht die Länge, sondern die Häufigkeit entscheidend: Fünf mal fünf Minuten Bewegungsübungen am Tag leisten bereits einen wichtigen Beitrag für Prävention und Wohlbefinden. Neben den Gesundheitsaspekten einer dynamischen Beweglichkeit fördert der Stand-Up auch informellen Austausch und Gruppendynamik. Er eignet sich zum temporären Einsatz in Workshops, wenn bewusst ein anderes Setting gewählt wird, um gewohnte Denkmuster aufzubrechen. Für einen flexiblen Einsatz im Gebäude kann der 4,5 Kilogramm leichte Stand-Up mittels Tragegurt ganz einfach mitgenommen werden – von Raum zu Raum oder auch mal nach draußen auf die grüne Wiese.
Paradigmenwechsel: Beweg dich im Büro!
In der Broschüre „Office for Motion“ finden sich eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte zur Bewegungsförderung und weitere Beispiele, wie sich wieder mehr Bewegung in die Bürowelt zurückbringen lässt – vom Sitzen am Arbeitsplatz über „Stehungen“ statt Sitzungen bis hin zu beteiligungsorientieren, dynamischen Einrichtungen von Konferenz- und Seminarräumen oder konkreten Praxistipps zur Verhaltensänderung.