Ein paar Tassen Kaffee pro Tag dürfen es im Office gern sein. Doch wie wirkt sich das auf die Gesundheit aus? Und was wirkt eigentlich neben Koffein noch im Kaffee? Antworten auf diese und weitere Fragen weiß Birgit Warnecke, Gesundheitsexpertin beim Deutschen Kaffeeverband.
OFFICE ROXX: Frau Warnecke, wie viele Tassen Kaffee trinken Sie im Schnitt pro Tag?
Birgit Warnecke: Das ist bei mir nicht an jedem Tag gleich. Durchschnittlich trinke ich drei Becher Kaffee am Tag. Im Sommer kommt vielleicht noch ein Glas Cold Brew dazu.
Im Schnitt trinkt man in Deutschland fast einen halben Liter Kaffee pro Tag. Tendenz steigend. Ab welcher Menge wird es eher ungesund?
Bei den Koffein-Mengen kann man sich ganz grob an den Empfehlungen der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) orientieren: „Eine über den gesamten Tag verteilte Koffeinaufnahme aus allen Quellen von bis zu 400 mg (das entspricht vier bis fünf Tassen Kaffee) ist für die gesunde erwachsene Allgemeinbevölkerung unbedenklich, ausgenommen Schwangere (maximal 200 mg)“. Dabei ist zu beachten, dass das Gutachten der EFSA keine Höchstgrenze festlegt. Es wird also nicht gesagt, dass eine Koffeinaufnahme von mehr als 400 mg pro Tag gesundheitsschädlich ist. Vereinfacht gesagt, der tägliche Konsum von rund vier bis fünf Tassen Kaffee ist unbedenklich.
Allgemein heißt es, Kaffee sei der Gesundheit zuträglich. Manchmal ist aber auch vom Gegenteil die Rede. Was überwiegt?
Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen überwiegen beim Kaffee eindeutig die gesundheitlichen Vorteile. Zum Thema Kaffee und Gesundheit gibt es viele wissenschaftliche Studien, deren Ergebnisse mit manchen Vorurteilen aufräumen. So ist mittlerweile gut belegt, dass Kaffee einen positiven Beitrag zur Flüssigkeitsbilanz des Körpers leistet und eben nicht, wie früher angenommen, Flüssigkeit entzieht.
Kaffee gehört zu den Lebensmitteln, die weltweit am besten untersucht sind. Besonders gut wissenschaftlich belegt sind die positiven Auswirkungen auf die Lebergesundheit. Aus medizinischen Gründen muss in den allermeisten Fällen also nicht auf Kaffee verzichtet werden. Er kann durchaus Teil einer ausgewogenen Ernährung sein. Aber nicht vergessen – beim Kaffeetrinken geht es vor allem um Genuss, die positiven gesundheitlichen Wirkungen sind da eher ein erwünschter Nebeneffekt.
Welche Wirkstoffe in Kaffee sind gesundheitsförderlich?
Hier seien zunächst unbedingt die Antioxidantien genannt, die in hohem Maße im Kaffee enthalten sind, egal ob koffeinhaltig oder entkoffeiniert, im Espresso ebenso wie im Instantkaffee.
Was sind das für Substanzen?
Antioxidantien sind Stoffe, die den Körper vor „oxidativem Stress“ schützen, dem der Körper zu jeder Zeit ausgesetzt ist. Allein schon durch die Atmung, aber auch durch die natürliche UV-Strahlung oder durch Rauchen. Wenn man zu oft diesem oxidativen Stress ausgesetzt ist, kann der Körper zum Beispiel mit vorzeitiger Alterung oder auch Krebserkrankungen reagieren. Der Körper ist zwar in der Lage, selbst Antioxidantien zu produzieren, um die toxischen Stoffe unschädlich zu machen. Er ist aber ebenso darauf angewiesen, auch mit der Nahrung solche „Helfer“ aufzunehmen. Hier hat sich Kaffee als eines der Lebensmittel erwiesen, über das wir in unserer westlichen Gesellschaft einen Großteil antioxidativ wirksamer Stoffe aufnehmen.
Koffein führt zur Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin. Und Stress ist auf Dauer nicht gut für uns. Sollten wir lieber entkoffeinierten Kaffee trinken?
Koffein wirkt tatsächlich auch dadurch, dass es die Ausschüttung der Stresshormone Kortisol und Adrenalin anregt. Dadurch steigt der Blutdruck kurzfristig und das Herz schlägt schneller. Um in den Blutkreislauf zu gelangen, reichen für Koffein 15 bis 30 Minuten. Abbau und Ausscheidung aus dem Körper dauern durchschnittlich vier Stunden – dies variiert aber von Mensch zu Mensch beträchtlich.
Andererseits ist entscheidend, wie sensibel jemand grundsätzlich – genetisch bedingt – auf Koffein reagiert und wie schnell der Stoffwechsel den Wachmacher wieder hinausbefördert. Was aber erstaunlich ist: Neuere Studien weisen darauf hin, dass Kaffeetrinker auf lange Sicht eher einen niedrigeren Blutdruck haben als Nicht-Kaffeetrinker. Auch das Herz-Kreislauf-System scheint insgesamt von koffeinhaltigem Kaffee zu profitieren. Und: Kaffeetrinker leben länger. So zumindest das Ergebnis mehrerer großer Metastudien.
Der Körper scheint in der Lage zu sein, trotz der adrenalinsteigernden Wirkung des Koffeins diesen Effekt zu kompensieren und dann vom Kaffee gesundheitlich zu profitieren. Natürlich spricht aber nichts gegen das Trinken von entkoffeiniertem Kaffee, beispielsweise in der Schwangerschaft.
Wie wirken sich verschiedene Zubereitungsarten (etwa Espresso oder Cold Brew) auf die gesundheitliche Wirksamkeit von Kaffee aus?
Wie auch immer Sie Ihren Kaffee zubereiten – es geht vorrangig darum, welchen Geschmack Sie persönlich bevorzugen, also um Genuss. Aus gesundheitlicher Sicht unterscheiden sich die verschiedenen Zubereitungsmethoden nicht wesentlich. Einzige Ausnahme: Ob Sie Ihren Kaffee durch einen Filter laufen lassen oder nicht. Denn bei der Verwendung eines (Papier-)Filters werden bestimmte Stoffe – sogenannte Diterpene – zurückgehalten, die in der Lage sind, den Cholesterinspiegel etwas zu erhöhen. Dies kann für Herz-Kreislauf-Patienten relevant sein.
Allerdings muss man dazu sagen, dass die Diterpene auch antioxidativ wirken und die Tumorbildung verhindern könnten. Sie haben also gleichzeitig positive Effekte für den Körper. Manche Menschen haben einen sehr empfindlichen Magen – hier wäre dann ein Espresso sinnvoller. Die kurze Kontaktzeit des Kaffeemehls mit dem Wasser bei der Extraktion könnte die Ursache sein.
Kaffee-Lounges erleben in der postpandemischen Office-Welt einen großen Hype. Gibt es Belege, dass Kaffee die Zusammenarbeit und/oder die Kreativität fördert?
Das ist eine sehr spannende Frage. Man weiß inzwischen, dass Kaffee und Koffein insgesamt die Aufmerksamkeit sowie die Konzentrationsfähigkeit fördern und auch das Gedächtnis stärken und sich positiv auf unsere Stimmung auswirken.
Spannend sind für mich in Bezug auf Ihre Frage vor allem zwei Beobachtungsstudien: Wissenschaftler der Universität Queensland in Brisbane, Australien, haben nachweisen können, dass der Kaffeekonsum Menschen aufgeschlossener macht und sie schneller bei Argumenten zustimmen lässt, die gegen die eigene Auffassung gerichtet sind. Der Grund liegt wohl darin, dass ein moderater Koffeinkonsum von 200 mg (circa zwei Tassen Kaffee) die Verarbeitung von Informationen im Gehirn beschleunigt. Das führt zu einem besseren Verständnis der Argumente, was eine größere Bereitschaft nach sich zieht, sich überzeugen zu lassen.
Eine weitere Studie – aus den Vereinigten Staaten – untersuchte die Auswirkungen des Konsums einer moderaten Menge handelsüblichen koffeinhaltigen Kaffees auf die Teilnahme an einer Gruppenaktivität und die Bewertung des Erlebnisses. Die Studie zeigt, dass die Gruppendynamik durch den Genuss von Kaffee deutlich verbessert worden ist. Interessant ist auch die Tatsache, dass wohl bereits der Geruch von Kaffee unser Gehirn anregen, uns motivieren und kognitive Prozesse verbessern kann.
Vielen Dank.
Die Fragen stellte Gerrit Krämer.