Die Initiative spaces4future verfolgt ein ganzheitliches Konzept zur Neuordnung der Arbeitswelt. Wir sprachen mit dem Co-Gründer Bernd Fels, zugleich Geschäftsführer des Planungs- und Beratungsunternehmens if5.
OFFICE ROXX: Bernd, spaces4future – was will diese Initiative und wer steckt dahinter?
Bernd Fels: spaces4future will den täglichen Weg zur Arbeit abschaffen, um gesellschaftliche Herausforderungen wie Klimawandel, Verstädterung und Verkehrskollapse sowie seit Neustem die Corona-Krise zu meistern. Nach ersten Berechnungen erscheinen zum Beispiel 30-prozentige Reduzierungen im inländischen Verkehr möglich. Dies gilt es zu verifizieren und zu plausibilisieren. spaces4future will zudem Unternehmen dabei unterstützen, attraktiver zu werden und innovative Infrastrukturen zu entwickeln. Das Büro wird mehr und mehr zu einem Ort des Austauschs statt einem zum Verstecken in unendlichen Behördenfluren mit Einzelzimmern. Zwar behält auch diese Form ihre Berechtigung, aber mit abnehmender Tendenz. Wir schaffen also das Büro nicht ab, wir machen die gesamte Büroorganisation smarter und resilienter. Das Büro wird zur Kommunikationszentrale, die in ruhigen Zeiten der Mittelpunkt der Firma ist und in herausfordernden Zeiten auf sagen wir 50 Prozent gefahren wird, da Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen. Und wir heißt hier derzeit: if5, if5design, Nest-ONE, A-ONE, Habbel Kommunal sowie Wüest Partner. Medienpartner wie ihr, aber auch Office Inspiration und die Kommunal sind dabei. Wissenschaftliche Expertise erhalten wir über die TU Darmstadt sowie die Hochschule Osnabrück. Mit weiteren sind wir im Gespräch.
Warum habt ihr spaces4future gegründet?
Die Zeit ist reif. Wir haben bereits mit Firmengründung von if5 im Jahr 2011 die Initiative „3rd-Places“ ins Leben gerufen und mit diversen Unterstützern aus Wirtschaft und Wissenschaft in diese Richtung gedacht. Mit der Konferenz „spaces“ sowie dem OffX („Arbeiten abseits des Firmenbüros“) in Berlin konnten wir auch einiges Aufsehen erregen. Analysen und Machbarkeitsanalysen in der Wirtschaft und öffentlichen Unternehmen waren die Folge. Viel mehr passierte aber nicht. „Wir waren zu früh“, rief uns Prof. Dr. Andreas Pfnür von der TU Darmstadt (Fachgebiet Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre) vor drei Jahren zu. Mit der Bewegung fridays4future hat uns das Thema nun wieder als Punkt auf dem i von if5 gepackt. Klarer Fokus liegt bei uns auf der Begleitung, Planung und Umsetzung neuer Arbeits- und Bürowelten. Aber durch das Erleben herausfordernden Zeiten wird das Thema an Fahrt gewinnen, da es wie ein Multiplikator wirkt. Ich gebe auch zu, dass mich das Thema als Volkswirt reizt. Ich finde es richtig und wichtig, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, aber am Ende steckt auch knallhartes Business dahinter: beraten und planen.
Was sind die Vorteile einer Arbeitswelt, wie ihr sie euch für die Zukunft vorstellt?
Weniger CO2, weniger Stunden auf der Straße, mehr Sicherheit, mehr Spaß an der Arbeit. Denn unsere Vision zielt auf die Zeit- und Ortsflexibilität ab, die immer mehr eingefordert wird. Wir sprechen unter anderem über Spaces, die Innovationen fördern, da firmenübergreifende Ideen entstehen können, Spaces, die tagsüber Coworking ermöglichen und abends zum Beispiel als Lern- und/oder Event-Orte genutzt werden können, sowie Spaces, die die Art der virtuellen Zusammenarbeit fördern. Hierdurch wird die Digitalisierung vorangetrieben und auch der Umgang mit ihr. So werden plötzlich nicht digital-affine Mitarbeiter zu digital-affinen Mitarbeitern, da sie die Vorteile der Spaces sehen und hierfür die Lernphase in Kauf nehmen („geben und nehmen“). Es gibt noch hunderte von Beispielen dieser Art bis hin zu einem New-Work-Center nach der Idee von Frithjof Bergmann.
Wie sieht eure Agenda aus?
Auf unserer Homepage findet man weitere Informationen: einen Aufruf sowie fünf Schritte zum Handeln. Hierzu gehören ein Expertendialog, Webinare und konkrete Schritte zur Umsetzung mit vorzugsweise Bund, Ländern, Städten und Kommunen. Der Start ist ein Orientierungsworkshop, gefolgt von Machbarkeitsanalysen und Projektumsetzungen. Gern berichten wir perspektivisch in einer Konferenz über die Ergebnisse. Hierzu benötigen wir auch Unterstützer, die die Idee protegieren. Zeit haben wir schon viel investiert, jetzt sind auch finanzielle Unterstützer in Form von Sponsoren herzlich willkommen.
Und ihr wollt wirklich nicht einfach die Büros als Arbeitsort abschaffen?
Nein, es geht um die Stärkung von Bürostandorten, die zu lebendigen, kommunikativen Orten werden. In Zeiten von vermehrter Netzwerkarbeit ein Muss. Es könnte aber durchaus sein, dass Gebäudemonostrukturen hierdurch mittelfristig aufgebrochen werden, da durch zusätzliche Coworkingflächen und vermehrt non-territoriales Arbeiten der Bedarf an Firmenbüros zurückgeht. Das ist auch gewollt, denn so entsteht die Möglichkeit, entweder dringend benötigte Sonderflächen zu aktivieren und/oder ganz andere Nutzungen ins Büro zu integrieren: Coworking, Coliving, neue Formen von Einkaufsorten und, und, und.
Wie haltet ihr es eigentlich bei if5 selbst mit der ökologischen Nachhaltigkeit und der modernen bzw. flexiblen Arbeitswelt?
Wir haben alle die BahnCard100 und sind dezentral in Deutschland verteilt. Wir gönnen uns zwar auch einen Space in Hannover, dieser steht jedoch auch Dritten offen. Noch Fragen?
Keine. Vielen Dank und viel Erfolg.
Die Fragen stellte Robert Nehring.