Weniger Kosten bei gleicher Leistung: Die Vorteile von gebrauchter Software sprechen eigentlich für sich. Obwohl diverse Gerichtsurteile klargestellt haben, dass der Handel mit Lizenzen aus zweiter Hand legal ist, meiden immer noch viele Unternehmen dieses Thema.
„Viele Unternehmen lassen die sich bietenden, immensen Sparpotenziale ungenutzt“, sagt Michael Helms, Vorstand der auf den Handel mit gebrauchter Software spezialisierten Soft & Cloud AG. Nach seinen Angaben sind gebrauchte Nutzungsrechte zwischen 35 und 70 Prozent günstiger als der Kauf neuer Software, ohne dass Abstriche bei der Produktqualität gemacht werden müssten.
Ein Praxisbeispiel
Helms nennt ein konkretes Beispiel: Die Stadt Brandenburg an der Havel hat bei dem Unternehmen im letzten Jahr gebrauchte Versionen von Microsofts Office 2010 gekauft. Für das reibungslose Funktionieren der wichtigen Schnittstellen von Fachanwendungen war dieser Schritt notwendig, denn die neueren Office-Varianten werden häufig nicht unterstützt. Die Alternative wäre gewesen, die neuste, zugleich deutlich teurere Version des Softwarepakets zu erwerben und dann im Nachhinein ein Downgrade durchzuführen. Die Hersteller bieten ältere Versionen ihrer Anwendungen häufig nicht mehr zum Kauf an.
Enormes Potenzial
„Einige Hersteller unternehmen alles in ihrer Macht stehende, um den Handel mit Gebrauchtlizenzen zu verhindern“, erklärt Helms. „Viele potenzielle Kunden schrecken bislang aus Unwissenheit über die Rechtslage und aus Furcht vor juristischen Komplikationen vor dem Kauf gebrauchter Software zurück.“ Dies sei der Hauptgrund für die sehr zögerliche Entwicklung des hiesigen Marktes. Das Potenzial in Deutschland schätzt er auf etwa 380 Millionen Euro, das aktuelle Marktvolumen hingegen veranschlagt das Unternehmen mit rund 18 Millionen Euro.
Lange Verhandlungen
Über 15 Jahre dauerten die juristischen Auseinandersetzungen um die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Weiterverkauf von gebrauchter Software zulässig ist. Spätestens mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11. Dezember 2014 (Aktenzeichen I ZR 8/13) ist klar: „Der Handel mit gebrauchter Software ist in Deutschland weitgehend freigegeben“, sagt die auf IT-Recht spezialisierte Rechtsanwältin Dr. Laura Kubach. Das bedeutet: „Der Weiterverkauf von Lizenzen ohne die Zustimmung des Herstellers ist erlaubt.“
Einmal verkauft …
Hierbei gilt der Erschöpfungsgrundsatz des Urheberrechtsgesetzes (§ 69 c Nr. 3 Satz 2), der besagt, dass ein Hersteller die Weiterverbreitung seines Produktes nicht mehr verbieten kann, sobald es erstmals mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden ist. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Software als Download oder physisch auf einem Datenträger erworben wurde. Das gelte auch für die Passagen, welche die Softwarehersteller in die Lizenzbedingungen bzw. -verträge schreiben, um den Weiterverkauf einzuschränken oder zu unterbinden, unterstreicht Kubach: „Diese Klauseln sind allesamt unwirksam.“