„Wahre Werte“: Für die Real-Estate-Branche sind Büroimmobilien immer wichtiger geworden. Nun ist auch hier vieles im Wandel. Zum Thema Assetklasse Büro äußert sich dieses Mal Anna Maria Losos, Head of Coworking Business bei Beehive.
Wie arbeiten wir morgen? Diese Frage habe ich mir schon vor 25 Jahren bei meiner Diplomarbeit gestellt. Sie hat mich in den ersten Jahren als Unternehmensberaterin begleitet, später als Immobilienmanagerin immer wieder beschäftigt und ist heute aktueller denn je.
Die heutige Arbeitswelt ist von widersprüchlichen Erwartungen geprägt, was nicht verwundert, da es zwei Perspektiven gibt: die der Arbeitgeber und die der Arbeitnehmer. 78 Prozent der Beschäftigten bevorzugen die hybride Arbeitsform, während 61 Prozent der Unternehmen bereits ein hybrides Modell anbieten. Interessanterweise würden sich 33 Prozent der Angestellten eine neue Stelle suchen, wenn hybrides Arbeiten nicht möglich wäre. Laut einer KPMG-Studie erwarten aber 68 Prozent der deutschen CEOs in den nächsten drei Jahren eine vollständige Rückkehr ins Büro. Konzerne wie Adidas, Allianz und Henkel überarbeiten zwar ihre Regelungen zum hybriden Arbeiten, stehen dabei jedoch voll hinter dieser Arbeitsform.
Zu Recht stellt sich die Frage, warum die „vollständige Rückkehr“ ins Büro in den Mittelpunkt der Diskussion rückt. Hybride Arbeit ist doch gekommen, um zu bleiben. Es herrscht Unsicherheit und diese ist vielschichtig.
Bei Führungskräften macht sich ein Gefühl des Kontrollverlusts breit, das mit der zunehmenden Führung auf Distanz einhergeht. In diesem Zusammenhang werden die Produktivität und Innovationskraft der Mitarbeitenden in Frage gestellt. Zudem wird die Personalentwicklung durch die reduzierte Präsenz eingeschränkt, was wiederum die Unternehmenskultur beeinträchtigt. Arbeitgeber stehen in der angespannten Personalsituation vor großen Herausforderungen. Der Kampf um Talente ist intensiver denn je und die hohen Erwartungen der Arbeitnehmer erfordern innovative Ansätze. Nicht zuletzt ist der Arbeitsraum ein wichtiges Thema. Viele Unternehmen haben mittel- bis langfristig große Büroflächen angemietet. Die Raumstrukturen entsprechen aber oft nicht mehr den heutigen Anforderungen.
Diese Rahmenbedingungen erfordern eine Neuausrichtung der Büroimmobilie. Um auf zukünftige Entwicklungen reagieren zu können, müssen Büroimmobilien flexibel sein. Das ist keine neue Erkenntnis in Bezug auf die Anforderung, vielmehr verfügen wir heute über mehr Möglichkeiten in Bezug auf die Lösungen. Raumstrukturen müssen modular und anpassungsfähig sein: weniger starre Einbauten, mehr mobile Elemente. Eine technische Ausstattung, die vielfältige Lösungen ermöglicht, ist eine Grundvoraussetzung.
Um die bereits erwähnte Flexibilität zu perfektionieren, wird es für einige Unternehmen auch wichtig sein, den Mitarbeitenden dezentrale Arbeitsplätze anzubieten, die je nach Aufgabe und Bedarf gebucht werden können. Flex-Office-Konzepte werden daher in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Der Trend ist bereits sichtbar.
Entwickler werden Flex-Office-Einheiten in Bürokomplexe integrieren und von professionellen Betreibern managen lassen, die das Angebot als All-inclusive-Service anbieten. Mit diesen Flächen können Unternehmen ihre Spitzen abfedern, die Wege ihrer Mitarbeitenden verkürzen und ihnen einen umfassenden Büroservice bieten, der von Profis stetig weiterentwickelt und damit dem Standard-Büro immer einen Schritt voraus sein wird.
Ob die Prognose einiger großer Immobilienberater zutrifft, dass der Flex-Office-Anteil in den nächsten zehn Jahren die 20-Prozent-Marke erreichen wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass die Büroimmobilie inklusive der Flex-Office-Einheiten dem Trend der hybriden Immobilienkonzepte folgen wird. Fließende Übergänge zwischen Arbeit und Privatleben, der Anspruch an Zeiteffizienz, nachhaltige Mobilität und damit verbunden die Beliebtheit von Sharing-Konzepten werden den Zeitgeist multifunktionaler Nutzung von Immobilien beeinflussen.