„Wahre Werte“: Für die Real-Estate-Branche sind Büroimmobilien immer wichtiger geworden. Nun ist auch hier vieles im Wandel. Zum Thema Assetklasse Büro äußert sich dieses Mal Norman Romeike, Gründer und Geschäftsführer von Brickbyte.

Norman Romeike, Gründer und Geschäftsführer von Brickbyte. brickbyte.de. Abbildung: Brickbyte
Die aktuellen Entwicklungen am Markt haben einen erheblichen Einfluss auf die Arbeitswelt. Einerseits stehen Unternehmen aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage unter großem Druck. Andererseits sorgt der in allen Branchen bestehende Fachkräftemangel und das damit einhergehende „Werben um die besten Köpfe“ dafür, dass sie sich nun noch stärker als attraktive Arbeitgeber positionieren müssen – dazu gehört auch ein Angebot an flexiblen Arbeitsplatzmodellen im Rahmen von Hybrid Work.
Mitarbeitende, die durch die Pandemie ins Homeoffice gezwungen wurden, haben vielfach die Vorteile von Remote Work schätzen gelernt und wollen diese Flexibilität und die individuelle Gestaltung ihrer Work-Life-Balance nicht mehr missen. Die Essenz dieser Entwicklung: Über alle Branchen hinweg beobachten wir eine hohe Remote-Quote. Der Anwesenheitsdurchschnitt liegt laut aktueller Daten aus unseren Projekten bei 40 bis 55 Prozent an den Kerntagen Dienstag bis Donnerstag.
Unternehmen stehen nun vor entscheidenden Fragen: Wie viel Fläche wird zukünftig wirklich benötigt, wie viel können wir uns leisten, wie viel Remote-Potenzial gibt es und was lässt unsere Wertschöpfungskette zu? Dabei kann eine Verkleinerung nicht linear stattfinden – 40 Prozent remote bedeuten nicht gleich 40 Prozent weniger Fläche –, sondern es müssen durchschnittliche Belegungen an den verschiedenen Tagen sowie Nutzerbedürfnisse ermittelt werden.
Faktisch kommt es derzeit bei Unternehmen zu Flächenreduktionen von bis zu 50 Prozent, was zu vielen Untervermietungsangeboten am Markt führt. Im letzten Jahr hat sich dieses Büroflächenangebot verdoppelt. Um ihre Mitarbeitenden jedoch wieder verstärkt in die Büros zu locken, sind Organisationen darum bemüht, ein kreatives und attraktives Umfeld zu schaffen, das auf Austausch, Begegnung und Miteinander setzt. Weg vom reinen Desk-Work und hin zu Marken- und Kollaborations-Hubs. Die Flächen werden entsprechend an die jeweilige Marke angepasst und „gebrandet“ sowie mit Einzelbüros, offenen Flächen, Rückzugsorten oder Community-Spaces flexibel gestaltet.
Vermietern bietet die aktuelle Marktentwicklung die Chance, Flächen umzunutzen und/oder sich zu Full-Service Anbietern zu entwickeln. In diesem Rahmen könnte ein Verdrängungswettbewerb gegenüber Flex-Office-Anbietern entstehen. Der „klassische“ Vermieter hat die Möglichkeit, nicht nur das Gebäude, sondern auch den Innenraum und Services entsprechend zu gestalten und dadurch höhere Mieten zu erzielen. Die Umsetzung von Betriebsthemen und die Investmentfähigkeit stellen die Vermieter dabei vor neue Herausforderungen. Als alternative Nutzungsarten kommen – aufgrund eines schwachen Büromarkts – Long- und Shortstay in Frage, also die Gestaltung von Wohnraum bzw. die Umwandlung in (Shortstay-)Apartments oder Hotels.
In dieser Sparte beobachten wir eine Entwicklung hin zu thematischen Hubs. Anbieter stellen nicht mehr nur Arbeitsplätze zur Verfügung: Die Chance liegt darin, Flexible Offices branchenspezifisch an den Markt zu bringen, die Bedürfnisse und Anforderungen der jeweiligen Branchenteilnehmer erfüllen. Freelancer, Start-ups und Kleinunternehmen können sich so innerhalb des Hubs vernetzen und profitieren nicht nur von der Flexibilität der Bürofläche, sondern auch von einem breiten Netzwerk und auf sie zugeschnittenen Serviceangeboten. Themen-, Branchen- oder Industrie-Hubs sind beispielsweise in den Bereichen Pharma, IT oder Marketing/PR heute schon in den Ansätzen erkennbar.
Die Arbeitswelt ist im Wandel und mit ihr der Bürovermietungsmarkt. Doch ein Wandel bringt auch immer neue Möglichkeiten mit sich. Arbeitgeber und Büroflächenanbieter sind gefordert, ebenfalls in Bewegung zu bleiben und sich mit kreativen Lösungen an die Bedürfnisse von Mitarbeitenden und Mietern anzupassen.