Robert Nehring hat nicht viel von Marcel Proust gelesen, stellt aber ebenfalls gern viele Fragen. Interessanten Persönlichkeiten aus dem Büroumfeld schickt er auch mal einen Fragebogen. Nach 25 Jahren war es Zeit, dass auch der Gründer unseres Verlags einen bekommt: Frank Nehring, heute Präsident des Ostdeutschen Wirtschaftsforums OWF.ZUKUNFT.
ARBEITEN
1. Bitte beschreibe deinen Arbeitsplatz.
Mein Arbeitsplatz ist eigentlich überall. Im Hotel, im Club, im Auto, bei Geschäftspartnern. Am meisten arbeite ich aber im Homeoffice, einem 17 m2 großen Raum mit Blick auf einen kleinen See. Darin gibt es einen 160 x 80 cm großen Sitz-Steh-Tisch, einen AT von Wilkhahn und einen Schredder von Fellowes. Zu meinem Technik-Equipment gehören: Minicomputer von Terra, Notebook von Lenovo, zwei große Monitore, ein 12,9“ iPad, ein iPhone 11, eine Webcam und ein separates Mikrofon.
2. Wo arbeitest du am liebsten?
Im Homeoffice, vor allem, wenn ich Ruhe brauche.
3. Wann beginnt ein normaler Arbeitstag bei dir, wann ist Schluss?
Ich starte generell gegen 8 Uhr. Keine Termine vor 10 Uhr. Ende ist gegen 18 Uhr. Es gibt immer mal Abendveranstaltungen, in Corona-Zeiten sind sie aber seltener und dann oft hybrid. Allerdings kann ich auch an den Wochenenden sehr fleißig sein, wenn es darauf ankommt.
4. Wie viele E-Mails bekommst du im Schnitt pro Tag?
Viel zu viele. Es sind so viele, dass mir sogar die Zeit fehlt, konsequent abzubestellen.
5. Wie viele Stunden arbeitest du im Schnitt pro Woche?
50. Mein Ziel für 2022: 35.
6. Wie viele Stunden arbeitest du im Schnitt pro Woche konzentriert allein?
Keine Ahnung. Wer weiß das schon? Gefühlt 25 Stunden, vermutlich aber weniger.
7. Wie viele Stunden verbringst du im Schnitt pro Woche in Meetings?
Etwa 15 Stunden in Online-Meetings, Telefontermine inklusive.
8. Wie kommunizierst du vorwiegend: face to face, per Telefon, E-Mail oder Chat?
Seit Corona liegt face to face hinter Mail und Telefon.
9. Wie hast du die Bürowelt Mitte der 1990er-Jahre in Erinnerung, als du die Zeitschrift BüroSpezial (OFFICE ROXX Mag) gegründet hast?
Da herrschte noch das beliebte Zellenbüro vor, für Chefs war alles eine Nummer größer. Es gab viele individuelle Lösungen für das Standardbüro und das Design des einzelnen Produktes stand noch mehr im Mittelpunkt (Tisch, Stuhl, Schrank ...).
10. Deine Lieblingslösung fürs Büro?
Klassisch USM oder Verwandte.
11. Wie stellst du dir Büros 2030 in Deutschland vor?
Dann gibt es keine Büros mehr, nur noch Arbeit.
12. Multilokales Arbeiten, Digitalisierung, ökologische Nachhaltigkeit, Gesundheit – wie neu kommen dir diese aktuellen Bürothemen vor?
Sie kommen mir sehr bekannt vor, nur heute wird ernst gemacht.
13. Was du schon immer einmal zur Entwicklung der Büroarbeit sagen wolltest …
Viel mehr als man denkt, lässt sich bei kleinen Unternehmen etwas abschauen. Denn die mussten schon immer flexibel sein. Gezeigt werden aber meist nur Lösungen aus Großunternehmen.
14. New Work bedeutet für mich …
Eine attraktive Arbeitsform, die ich seit Jahren lebe. Leider wird der Begriff mittlerweile inflationär verwendet.
15. Boomer, X, Y, Z – was rätst du den einzelnen Generationen?
Macht euer Ding!
16. Ostdeutsche und Westdeutsche. Siehst du noch Unterschiede?
Im Großen und Ganzen sehe ich keine Unterschiede mehr, im Detail jedoch tausende. Aber ist das nicht normal?
17. „Anschluss“, „Wiedervereinigung“ – was hätte hier besser laufen müssen?
Im Nachhinein kann man immer gut reden. Vieles ist schon gut gelaufen, auch wenn viele Menschen schmerzliche Erfahrungen machen mussten. Ich kann die blühenden Landschaften sehen.
18. Welche Fehler wurden in Bezug auf die ostdeutsche Wirtschaft in den letzten zehn Jahren gemacht?
In den 2010ern hat die ostdeutsche Wirtschaft eine rasante Entwicklung genommen. Die Wirtschaftsregion Ostdeutschland kommt an die Wirtschaftskraft Westdeutschlands zwar weiterhin nicht heran, im europäischen Vergleich macht sie aber eine gute Figur.
19. Was sind die größten Herausforderungen für die ostdeutsche Wirtschaft?
Die Chancen, die sich bieten, müssen konsequent genutzt werden. Das braucht Konsequenz und Selbstbewusstsein sowie einen klaren Kopf in Politik und Wirtschaft. Der Nachbau West ist vorbei und das müssen einfach alle kapieren. Jetzt geht es um die Attraktivität des Ostens und gerade da braucht es noch viel, vor allem in den Köpfen.
20. Was sind die größten Chancen für die ostdeutsche Wirtschaft?
Wir haben Industrieflächen für innovative Neuansiedlungen. Wir haben erneuerbare Energien. Wir sind mittlerweile der Wirtschaftsraum für E-Mobilität – und das nicht erst seit Tesla.
21. Welchen Stellenwert sollte die ostdeutsche Wirtschaft bei unserer neuen Regierung haben?
Gute Frage. Die ostdeutsche Wirtschaft an sich braucht keinen gesonderten Kümmerer mehr, aber strukturschwache Regionen und besonders innovative Regionen brauchen gezielte Förderung. Beides haben wir im Osten.
22. Was ist beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow besser als beim Weltwirtschaftsforum von Davos?
Ehrlich? Ich war noch nicht in Davos. Unser Davos heißt Bad Saarow und das Ostdeutsche Wirtschaftsforum kam genau zur richtigen Zeit, weil es einer Plattform für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft bedurfte, die nicht an den Grenzen der einzelnen ostdeutschen Bundesländer Halt macht. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat beim ersten Wirtschaftsforum 2016 darauf hingewiesen, dass Bad Saarow eigentlich schöner sei als Davos. Darüber können Kenner streiten, in jedem Fall ist es besser erreichbar.
23. Wie wird die Corona-Krise – Stand heute – unsere Wirtschaft verändern?
Das hat sie schon. Lieferketten werden kritischer betrachtet. Ohne Digitalisierung geht nichts mehr. Online ist King. Aber da kommt noch mehr, als wir uns heute vorstellen können. Nicht alles ist vorhersehbar, also schön offen für Neues bleiben (werden).
24. Woran arbeitest du gerade?
Ich schreibe ein Buch. Nein, auf keinen Fall. Ich halte mich und alle Interessierten in Bezug auf die ostdeutsche Wirtschaft auf dem Laufenden, per W+M-Newsportal, W+M-Onlinemagazin und Newsletter W+M-Weekly. Last but not least unterstütze ich das ostdeutsche Wirtschaftsforum, damit es weiter wächst und zu einem internationalen Hotspot für Transformation wird.
25. Was inspiriert dich?
Alles um mich herum. Vor allem kluge und umtriebige Menschen. Ich bin schnell zu begeistern.
26. Dein größter beruflicher Erfolg?
Ich hatte einige, alle waren zu ihrer Zeit die größten. Mal sehen, was bleibt.
27. Der größte Misserfolg?
Das klingt jetzt nach Motivationsromantik, aber im Berufsleben habe ich mich mit Misserfolgen nicht lange aufgehalten. Wieder etwas gelernt und weiter. Es gibt so viele andere Sachen, die man machen kann.
28. Xing oder LinkedIn oder …?
Ich bin bei beiden gelistet. Xing vernachlässige ich, LinkedIn habe ich noch nicht so ganz durchschaut.
29. Apple oder Microsoft?
Apple, nur nicht beim PC.
30. Gedruckte Zeitung oder Online-News?
Das ist keine Alternative. Ich lese keine Papierzeitungen mehr, aber ein schön gemachtes Magazin dagegen blättere ich gern durch.
LEBEN
31. Was würdest du als „König von Deutschland“ zuerst ändern?
Ich würde schnellstens diesen Titel an meinen Sohn oder meine Enkel weitergeben.
32. Was würdest du gern können?
Ein Musikinstrument spielen. Vielleicht Klavier.
33. Wo würdest du am liebsten leben?
In Berlin und am Ostseestrand.
34. Wobei kannst du gut entspannen?
Bei Sonne, bei Musik, aktuell alles von Ludovico Einaudi, oder bei einem guten Buch, beispielsweise Juli Zeh: „Über Menschen“.
35. Dein ursprünglicher Berufswunsch?
Als Schüler wollte ich mal Kameramann werden.
36. Deine Hauptcharaktereigenschaften?
Proaktiv, ungeduldig, extrovertierter Introvertierter, intrinsisch Motivierter.
37. Deine Hobbys oder Leidenschaften?
Meine Arbeit ist wirklich so etwas, wofür andere ein Hobby brauchen. Aber ich bin auch gern an der frischen Luft, besonders auf Golfplätzen.
38. Deine drei Dinge für die einsame Insel?
Ehefrau, iPad, WLAN.
39. Deine Lieblingskünstler?
Musik: Neil Young, Rolling Stones. Literatur: wechselnd, aktuell Juli Zeh. Malerei: Picasso, aber auch Klaus Zylla.
40. Dein Lieblingsbuch und dein Lieblingsfilm?
Erich Maria Remarque: „Im Westen nichts Neues“. Mein Lieblingsfilm zu Weihnachten: „Der Grinch“.
41. Dein Lieblingssohn?
Lass mich nachdenken. Robert?
42. Deine Lieblingsweisheit?
Immer die Wahl haben, um das Richtige auswählen zu können.
43. Dein Lebensmotto?
Mutig. Schritt für Schritt.
44. Der Sinn des Lebens …
Am Ende mit positiver Bilanz dabei gewesen zu sein.
45. Söder, Scholz, Habeck oder?
Das ist mir zu einfach. Kein Kommentar.
46. Bayern oder Dortmund oder …?
Union Berlin.
47. Beatles oder Stones oder …?
Stones.
48. Bier oder Wein?
Je nach Stimmung beides und mehr.
49. Strand oder Berge?
Strand!
50. Und deine Uhr: analog oder digital?
Analog, mechanisch, aber mit Datum.
FRANK NEHRING
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