Was sind die Erwartungen an Büroarbeit nach der Pandemie und wie werden infolgedessen die bestehenden Büroflächen sinnvoll genutzt? Mit diesen Fragen hat sich die Zukunftsforscherin Corinna Mühlhausen in ihrem „Health Report 2022“ beschäftigt. Dieser Beitrag ist ein Auszug daraus.
Eine bleibende Veränderung, die die Covid-19-Pandemie erzeugt hat, ist die Stärkung des Homeoffice. In der Folge sinkt nicht nur die Zahl der benötigten Büroflächen, sondern es verändern sich auch die Anforderungen an diese: Büros werden zu Räumen der Begegnung und mentalen Berührung. Vor allem kreative Arbeit lässt sich besser im Austausch mit anderen umsetzen; extrovertierte und kommunikationsfreudige Mitarbeitende laufen im Homeoffice Gefahr zu vereinsamen. Und dann bleibt ja auch noch die Frage, was mit den vielen leer stehenden Flächen passieren soll, wenn Belegschaften dauerhaft im Homeoffice arbeiten. Eine neue Idee dazu kommt jetzt aus Finnland: Büros werden zu Vertical Farms.
Zunahme der Gemeinschaftsflächen
Die meisten Unternehmensverantwortlichen haben positive Erfahrungen mit der Arbeit im Homeoffice gesammelt und möchten ihren Mitarbeitenden auch über das Ende der Krise hinaus die Möglichkeit geben, aus dem eigenen Zuhause oder an einem Ort ihrer Wahl zu arbeiten – und die Angestellten nehmen diese Option mehrheitlich sehr positiv auf. Dadurch verändert sich nicht nur die insgesamt benötigte Bürofläche, sondern auch die Nutzung der Räume: „Wir gehen davon aus, dass Gemeinschaftsflächen noch zunehmen werden. Wenn Mitarbeiter, die viel von zu Hause arbeiten, ins Büro kommen, dann ja meist für den Austausch untereinander. Weniger, um konzentriert zu arbeiten“, sagt etwa Frank Karcher, Personalleiter Deutschland von Tata Consultancy Services. Das IT-Unternehmen beschäftigt weltweit 450.000 Mitarbeitende und strebt langfristig eine Präsenzzeit von nur noch 25 Prozent im Büro an.
Arbeitspsychologen und Architekten fordern nun, die Büros so umzugestalten, dass sie der neuen Arbeitsrealität entsprechen – durch die Einrichtung neuer Denk- und Sozialräume. Es ist nicht nur Raum, den man vermisst. Man vermisst die Menschen darin. Die Begegnungen. Den Zufall vor allem. All das muss in einer künftigen Büroarchitektur bewusst herbeigeführt werden.
Wohlgefühl der Mitarbeitenden stärken
Für die nun leer stehenden Gewerbeflächen kommt eine neue Nutzungsidee aus Finnland: Das Start-up iFarm hat ein Portal geschaffen, das Bürobesitzer und Lebensmittelproduzenten zusammenbringt, um Raum für Vertical Farms zur Züchtung von Gemüse zu vermitteln. Auch diese Räume könnten künftig zu Stätten der Begegnung im Arbeitsalltag werden.
Architekten und Arbeitspsychologen werden dieses Feld in Zukunft neu erobern können: Die Unternehmensverantwortlichen brauchen Rat und Unterstützung bei der Umgestaltung und Neunutzung bestehender Büroflächen. Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass diese zumindest teilweise genutzt werden könnten, um Gesundheit und Wohlgefühl der Mitarbeitenden zu stärken – und damit nicht zuletzt auch deren Produktivität. Durch Flächen, die für kreative Arbeit, Entspannung und Pausen, den Powernap in der Mittagspause, Sport- und Bewegungsangebote oder die Anbindung an moderne Urban-Nature-Optionen genutzt werden.
BUCHTIPP:
Corinna Mühlhausen: Health Report 2022, Zukunftsinstitut, 116 S., 150 €. |