Wir sprachen mit Prof. Dr. Peter Zec, Initiator und CEO des Red Dot Awards, über Design, Anmeldekosten und ob es nicht mittlerweile zu viele Designpreise gibt. Außerdem zeigen wir prämierte Lösungen.
OFFICE ROXX: Herr Professor Zec, was macht gutes Design für Sie aus?
Prof. Dr. Peter Zec: Gutes Design definiert sich durch vier verschiedene Faktoren: Neben der primären Qualität des Gebrauchs spielen die Qualitäten der Funktion, der Verführung und der Verantwortung eine bestimmende Rolle für die Entwicklung und Beurteilung von gutem Design. Aus den genannten vier Aspekten bildet sich bei jedem Produkt eine gewisse Form der Symbiose mit unterschiedlichen Gewichtsanteilen. Bei Büromöbeln beispielsweise spielt die Qualität des Gebrauchs eine wesentliche Rolle. Dennoch darf die Verführung, also der ästhetische Aspekt, nicht vernachlässigt werden. Nur so fühlt sich der Nutzer wohl, was beim Arbeiten entscheidend für die Produktivität und die Konzentration ist.
Welche Designtrends zeichnen sich für Sie gerade vor allem ab?
Die Einfachheit ist für mich einer der zentralsten und bedeutsamsten Trends der Zeit. Im Zuge der Digitalisierung und der fortschreitenden technologischen Entwicklung wird es immer relevanter, einfache Produkte zu schaffen, die trotz ihrer Komplexität leicht zu bedienen sind. Dies lässt sich nicht nur im Technik-Bereich feststellen. Auch im Büro wird die schlichte, reduzierte Gestaltung von Produkten zunehmend wichtiger, denn sie forciert die Konzentration auf die Arbeit. So wurden 2019 beispielsweise die Besucher- und Konferenzstühle der WELL COLLECTION von Ahrend mit dem Red Dot: Best of the Best, der höchsten Auszeichnung im Red Dot Award: Product Design, ausgezeichnet. Das Produkt hat die Jury und ebenso mich insbesondere durch seine subtile und elegante Linienführung begeistert.
Weiterhin steigt die Bedeutung von innovativen und nachhaltigen Materialien, denn ihr Einsatz kann technologische und gesellschaftliche Probleme lösen. Auch im Bürobereich lässt sich dieser Trend erkennen. So erhielt der Loungesessel „Collodi“, hergestellt von Donar und gestaltet von Andraž Šapec, einen Red Dot. Der Stuhl besteht zu 100 Prozent aus recycelbaren Materialien. Der Rahmen ist aus lokal angebautem Buchenholz gefertigt und wird mit einer Schale aus Filz verbunden, wobei die Form ausschließlich mithilfe von Wärme und Druck entsteht. Auf Klebstoff wird gänzlich verzichtet.
Was im Bürobereich ebenso häufig zu beobachten ist, sind neue, innovative Konzepte zur Förderung der Ergonomie. Der Bürostuhl „ing“ von KOKUYO beispielsweise unterstützt den Nutzer dabei, sich zu bewegen. Mittels eines ausgeklügelten Mechanismus folgt der Sitz jeder seiner Bewegungen, wobei sich die Gelenke des Stuhls entsprechend anpassen – ähnlich wie beim Sitzen auf einem Gymnastikball. So nimmt der Körper auf natürliche Art und Weise eine aufrechte Haltung ein. Daneben überzeugt der Stuhl, der einen Red Dot: Best of the Best erhielt, durch seine Reduziertheit.
Wie viele Einreichungen und wie viele Auszeichnungen gab es bei Ihrem aktuellen Award?
In diesem Jahr reichten Designer und Hersteller aus 60 Nationen mehr als 6.500 Produkte zum Red Dot Award: Product Design ein – so viele wie noch nie. Von den angemeldeten Objekten erhielten lediglich 1,2 Prozent einen Red Dot: Best of the Best, die höchste Auszeichnung des Wettbewerbs. Ich freue mich jedes Jahr aufs Neue, dass Gestalter und Hersteller uns, unserer hochkarätigen Jury und ihrem Urteil vertrauen.
Welche Kosten fallen für eine Anmeldung und welche bei einer Prämierung an?
Je nach Anmeldezeitpunkt liegen die Gebühren für die Teilnahme am Red Dot Award: Product Design derzeit zwischen 300 und 510 Euro. Sie werden erhoben, da jedes Produkt im Original angeliefert und für die Präsentation im Bewertungsprozess bestmöglich aufbereitet wird. Wird ein Objekt ausgezeichnet, so zahlen die Preisträger für das sogenannte „Winner Package“. Das Basis-Paket kostet dabei 3.950 Euro, falls das Produkt mit einem Red Dot ausgezeichnet wird. Es ermöglicht unseren Preisträgern, ihren Erfolg international sichtbar zu kommunizieren und umfasst unter anderem die Nutzung des Red Dot-Siegerlabels sowie die Präsentation des Produkts im Red Dot Design Yearbook, online und in internationalen Ausstellungen.
Es gibt mittlerweile viele Designpreise – zu viele?
Dass es viele verschiedene Wettbewerbe gibt, ist darauf zurückzuführen, dass Design einen zunehmend wichtigeren Stellenwert in unserer Gesellschaft einnimmt und in immer mehr Branchen erfolgreich zur Anwendung kommt. Durch die Vielfalt im Design haben sich berechtigterweise teilweise stark spezialisierte Awards entwickelt. Über die Aussagekraft und Relevanz der Auszeichnung entscheiden verschiedene Kriterien, wie beispielsweise die Expertise und Erfahrung der Juroren, die Art und Weise der Bewertung oder die Reputation und Bekanntheit des Wettbewerbs.
Nach dem Award ist vor dem Award: Wer kann sich bis wann zum Red Dot Award: Product Design 2021 anmelden?
Designer und Hersteller aus aller Welt können ihre besten Produkte von Oktober 2020 bis Februar 2021 zum Red Dot Award: Product Design 2021 anmelden. Sowohl Newcomer als auch mittelständische und etablierte Unternehmen sind herzlich zur Teilnahme eingeladen! Zwei Voraussetzungen gibt es für die Anmeldung: Das eingereichte Produkt muss in einem industriellen Fertigungsprozess hergestellt werden und die Markteinführung darf zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht länger als zwei Jahre zurückliegen.
Vielen Dank.
Die Fragen stellte Robert Nehring.