Es reicht nicht aus, fachlich und analytisch brillant zu sein. Um ein wirklicher Leader zu werden, fehlen oft gewisse Kompetenzen, die gezielt entwickelt werden müssen. Coach Joachim Simon kennt und beschreibt sie.
Es gibt Menschen, die wollen mehr. Vielleicht kennen Sie solche Personen oder gehören sogar selbst dazu. Sie möchten Dinge voranbringen, Neues schaffen und Verantwortung tragen, wo andere zurückweichen. Hierfür sind sie auch bereit, Höchstleistungen zu erbringen und schrecken selbst vor komplexen und risikoreichen Aufgaben nicht zurück. Sie sind mutig und gehen bis an die eigenen Grenzen – zuweilen darüber hinaus. Solche Charaktere erkennt man oft daran, dass sie bereits in sehr jungen Jahren Verantwortung übernehmen: im Sportklub zum Beispiel als Nachwuchstrainer oder Mannschaftsführer. Oft schlägt ihr Herz für konkurrierende Einzelsportarten wie Tennis und Golf, Kampf- und Extremsportarten.
Suspekte Leistungsträger
Doch was geschieht mit solchen jungen Potenzialträgern oder High Potentials in Unternehmen? Die meisten von ihnen glauben, sie würden dort mit Handkuss begrüßt, und ihnen stehe eine steile Führungs- oder Managementkarriere bevor. Dies trifft allerdings selten zu. Die Wahrheit ist: Vielen Unternehmen sind solche Mitarbeiter suspekt, denn sie fühlen sich von ihrer Energie und ihrem Wunsch, Dinge anders zu gestalten, herausgefordert und zuweilen überfordert. Also legt man ihnen Fesseln an und lässt sie nicht in die angestrebten Lenker- und Gestalter-Positionen aufsteigen. Viele junge Menschen mit dem Potenzial, die Welt zu verändern, werden in rein fachlichen und administrativen Jobs festgehalten – mit Tätigkeiten, bei denen sie alle zehn Minuten unterbrochen werden, unsinnige Mails beantworten sollen, dies und jenes überprüfen und absichern müssen. Daneben fachsimpeln die älteren Kollegen über ihren neuen Gasgrill und trinken den fünften Becher Kaffee.
Kümmern statt Jammern
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre” lautet ein altbekannter Satz, den auch viele ambitionierte Führungsanwärter verinnerlicht haben und kaum hinterfragen. Also bleiben sie Jahre in einem Umfeld stecken, das sie nicht fördert. Was können solche Menschen bzw. Persönlichkeitstypen dagegen tun? Wie können junge Potenzialträger einen solchen Karrierestau umgehen? Generell gilt:
- Menschen, die sich als Lenker, Innovatoren und Entrepreneure sehen, dürfen nicht ihr wertvolles Potenzial verschleudern, indem sie brav darauf warten, dass sie irgendwann mit Mitte 30 oder Anfang 40 vielleicht zum Zuge kommen.
- Es macht keinen Sinn, den Unternehmen, für die man gerade arbeitet, die Schuld zu geben. Das Einzige, was hilft, ist ein zielgerichtetes Arbeiten an der eigenen Persönlichkeit und Kompetenz.
Der Faktor für Erfolg
Hierzu zählt die Kompetenz, die eigenen Fähigkeiten gut und besser zur Geltung zu bringen – indem man sich als Person weiterentwickelt und die optimalen Rahmenbedingungen dafür schafft. Diese Kompetenz, die die renommierten amerikanischen Wirtschaftspsychologen Charles C. Manz und Henry P. Sims in ihrem Buch „The New SuperLeadership: Leading Others to Lead Themselves“ Super-Leadership nennen, gilt heute als die zentrale Führungskompetenz. Eine Voraussetzung hierfür ist die Fähigkeit zur Selbstführung und -steuerung. Dahinter steckt die Erkenntnis: Wer andere Menschen führen möchte, muss zunächst sein eigenes Handeln optimieren können. Dies setzt
- das Beherrschen gewisser verhaltensbezogener Strategien (wie Selbstbeobachtung und -reflexion, das Setzen von Zielen, die Selbstbelohnung) sowie
- das Beherrschen gewisser kognitiver Strategien (wie das Erreichen von Zielen als belohnend empfinden, in Möglichkeiten statt in Hindernissen denken) voraus.
Wichtig ist zudem die als emotionale Kompetenz oder Intelligenz bezeichnete Fähigkeit, sich in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer Personen hineinzuversetzen und den eigenen Gefühlshaushalt gezielt zu steuern.
Leader, nicht einsame Helden
Zweifellos müssen Leader eine Vision und ein großes Bild von der Zukunft haben. Doch sie müssen auch andere Menschen für sich und ihre Vision begeistern können. Wer es nicht schafft, die Emotionen und Bedürfnisse anderer zu verstehen, zu respektieren und Verbindungen aufzubauen, wird zum „lonely hero“ und geht als Leader unter. Wenn Sie dies vermeiden möchten, dann erkennen und analysieren Sie ihre Schwächen, und arbeiten Sie daran! Fragen Sie sich:
- Bin ich oft überrascht, weil andere irritiert auf meine Scherze und Sprüche reagieren?
- Sind, wenn etwas nicht gut läuft, aus meiner Sicht meist die anderen schuld?
- Fällt es mir schwer, nachzugeben bzw. Kompromisse einzugehen?
- Werde ich schnell ungeduldig?
- Ist es mir weitgehend egal, was andere von mir halten bzw. über mich denken?
- Kann ich andere Menschen nur schwer, für meine Ideen und Ziele begeistern?
Fördern Sie Ihre emotionale Kompetenz, und erlernen Sie die Kunst der Selbst- und Menschenführung, denn diese Skills werden in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten digitalen Welt für den Führungserfolg mehr denn je gebraucht.
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