Wir sprachen mit Andrej Kupetz, dem Hauptgeschäftsführer des Rats für Formgebung, über aktuelle Designtrends und die renommierten Awards aus seinem Hause.
OFFICE ROXX: Herr Kupetz, was macht gutes Design für Sie aus?
Andrej Kupetz: Gutes Design stellt die Bedürfnisse des Nutzers in den Mittelpunkt: Es muss Vertrauen und Sicherheit schaffen. Es muss wertig, langlebig und ästhetisch überzeugend sein. Ein Produkt muss altern können, aber auch noch in zehn Jahren attraktiv sein. Gutes Design verbindet all diese Eigenschaften. Darüber hinaus stehe ich für einen strategischen Designbegriff, der Design als Teil des Unternehmensziels versteht. Von hier aus betrachtet ist gutes Design das, welches ausgehend vom Mehrwert für den Nutzer am Ende auch zum Mehrwert für die Marke und damit zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens führt.
Leben wir für Sie in einer designfreundlichen Zeit? Erfährt gutes Design heute ausreichende Wertschätzung?
Wir leben in einer Zeit, die Customer Centricity groß schreibt und das ist ohne Zweifel eine sehr gute Ausgangslage für gutes Design. Denn Design, das vom Kunden her gedacht und umgesetzt wird, ist intuitiv, funktional und gleichermaßen ästhetisch ansprechend. Dass inzwischen auch Unternehmen den Wertbeitrag von Design für den wirtschaftlichen Erfolg anerkennen, zeigt, dass sich Design als strategisch entscheidende Funktion durchgesetzt hat und entsprechende Wertschätzung erfährt. Dennoch: Gutes und schlechtes Design wird es sicher immer geben.
Welche Designtrends zeichnen sich in letzter Zeit ab, etwa vor dem Hintergrund von Digitalisierung und New Work?
Das „Internet der Dinge“ wird mehr und mehr Realität. Das heißt, die Objekte unserer Lebenswelt können zunehmend miteinander kommunizieren. Aber auch hier gilt: kein technischer Schnickschnack, sondern Mehrwert für den Nutzer. Die neuen Funktionalitäten müssen für ihn nicht nur intuitiv bedienbar sein, sondern auch schlicht Relevanz haben. Das ist die Aufgabe guten Designs der Zukunft. Was die Konzepte von New Work betrifft, kommt dem Design natürlich eine bedeutende Rolle zu: Design hilft dabei, Arbeitsprozesse und -strukturen abzubilden. Und es ist der entscheidende Hebel, wenn es darum geht, Veränderungen zu visualisieren und bisherige Konzepte zu hinterfragen. Daher überrascht es nicht, dass das Modernisierungstempo einer Organisation mit der Qualität der räumlichen Gestaltung korreliert. Ebenso steigen die Arbeitgeberattraktivität und gelebte Zusammenarbeit in Unternehmen mit gelungener Raumgestaltung. Inzwischen konkurrieren vielfältige Konzepte wie Bürolandschaften, Open Spaces oder neuerdings der Multispace. Welches der Konzepte dabei das richtige ist, muss jedes Unternehmen für sich beantworten. Der Trend geht aber eindeutig zu flexiblen Ökosystemen mit einer möglichst großen Bandbreite an Raumoptionen.
Der Rat für Formgebung organisiert mittlerweile neun Designawards, von denen der German Design Award sicherlich der bekannteste ist. Bei welchen dieser Awards geht es auch um Produkte, Konzepte, Hersteller aus der Bürowelt?
Innovative Produkte der Bürowelt können sich auch beim German Brand Award und beim German Innovation Award profilieren. Hier steht dann eben die integrierte Markenführung bzw. insbesondere der Innovationsaspekt im Vordergrund. Aber auch in unseren beiden ICONIC AWARDS (Innovative Architecture und Innovative Interior) werden Interior-Konzepte aus der Bürowelt ausgezeichnet.
Im Februar fand die Preisverleihung des German Design Award 2019 statt. Wie viele Einreichungen gab es und wie viele konnten ausgezeichnet werden?
Mit über 5.400 Einreichungen für die Bereiche Produkt- und Kommunikationsdesign konnte der German Design Award 2019 erneut ein erfreuliches Wachstum verzeichnen. Es nahmen Produkte und Projekte aus 63 Ländern teil, wobei der Anteil internationaler Einreichungen auf 54 Prozent stieg. Die Jury verlieh im Bereich Excellent Product Design insgesamt 31 Gold-Auszeichnungen in 30 Kategorien, 500 Produkte durften sich über eine Winner-Auszeichnung freuen und 531 über ein Special-Mention-Prädikat. Damit bildet der Wettbewerb internationale Gestaltungstrends und die zunehmende Reife von Designleistungen ab.
Nach dem Award ist vor dem Award: Wer kann sich bis wann zum German Design Award 2020 anmelden?
Der German Design Award steht weltweit Designinnovationen aller Branchen offen. Wenn die Innovation einen Mehrwert gegenüber vorherigen Lösungen leistet und auch die weiteren Kriterien des Wettbewerbs erfüllt, wird eine Nominierung für den German Design Award ausgesprochen. Anmeldungen sind bis zum 10. Juli 2019 möglich.
Was kostet eine Einreichung und was eine Prämierung?
Die Teilnahmegebühr beträgt 240 Euro. Bei einer Auszeichnung fallen Servicegebühren ab 3.350 Euro an, in denen ein umfangreiches Leistungspaket enthalten ist. Dieses können die Preisträger weit über den – ohne Zweifel besonderen – Tag der Preisverleihung hinaus gewinnbringend für ihr Unternehmen nutzen.
Das vom Rat für Formgebung herausgegebene Magazin Designreport wurde im April dieses Jahres eingestellt. Wie kam es dazu und wird es einen Ersatz dafür geben?
Die Medienlandschaft sowie die medialen Nutzungsgewohnheiten haben sich gravierend verändert, und damit auch die Voraussetzungen für die Produktion eines Magazins wie dem Designreport. Wir mussten uns als Rat für Formgebung die Frage stellen, inwieweit die Inhalte und Entwicklungen der Disziplin heute und in Zukunft noch adäquat in einem Printmagazin in zweimonatiger Erscheinungsweise abgebildet werden können. Wir unterstützen mit unseren vielfältigen Aktivitäten Unternehmen weltweit dabei, ihre Position im Wettbewerb durch den strategischen Einsatz von Design, Innovation und Marke zu stärken und damit wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Wie könnten wir da als Institution nicht selbst beispielhaft nach diesen Prämissen vorgehen? Der Rat für Formgebung wird künftig auf digitale Kommunikationskanäle setzen, um relevante Informationen und News zu den Themen Design, Marke und Innovation zur Verfügung zu stellen. In welchen Formaten, ist aktuell in Entwicklung.
Gibt es Pläne für weitere Designawards oder für Neuerungen bei den bestehenden?
Wir sind als Organisation genauso in einem steten Innovationsprozess begriffen wie die Unternehmen, die wir seit Jahrzehnten begleiten. Dazu gehört die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Awards, um möglichst viel Mehrwert für unsere Kunden zu generieren. Das schließt die Möglichkeit weiterer Awards ein, die aber nur ein Teil unseres viel umfassenderen Beratungs- und Wissensangebots sind, das wir unseren Stifterunternehmen und anderen Stakeholdern anbieten.
Vielen Dank.
Die Fragen stellte Robert Nehring.