Einzelkämpfertum und Machtspiele sorgen dafür, dass alle verlieren. Die Herausforderungen unserer Zeit können nur durch Kooperation und Kollaboration gelöst werden. Die Beraterin Ulrike Stahl gibt zehn Tipps, wie es mit der Kooperation im Büro besser klappt.
So wie wir neue Organisationsformen und Methoden einsetzen, müssen wir auch eine tragfähige WIR-Kultur entwickeln. Das neue WIR braucht genau die starken ICHs, die unsere Leistungsgesellschaft gefördert hat, allerdings mit einem neuen Mindset. Kollaboration bedeutet, gemeinsam eng an Lösungen zu arbeiten, die nicht mehr durch arbeitsteiliges Herangehen und Hierarchien herbeigeführt werden können. Keiner sagt, was wann und wie zu tun ist. Das Team organisiert sich selbst, wie es innerhalb des Teams auch jeder Einzelne tut. Aber wie machen wir uns fit für dieses neue WIR im Business? Indem wir gewohnte Impulse hinterfragen und neue Verhaltensweisen bewusst trainieren. Zehn Kollaboration-Hacks helfen dabei.
#1: Wir sind alle verbunden
Unser eigenes Handeln wird sich immer auf andere auswirken. Aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge, können wir möglicherweise nicht immer überblicken und kontrollieren, auf wie viele andere und wie genau. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass es passiert. Wir sind immer Teil eines größeren WIR – das ist keine Entscheidung, sondern eine Tatsache. Damit sind wir weder machtlos noch unabhängig. Jeder Einzelne von uns gestaltet dieses WIR und damit die jeweilige Lebens- und Arbeitsumwelt. Richten wir unser Verhalten danach aus.
#2: Ko-zentriert statt konzentriert
Sich auf die eigenen Interessen konzentrieren oder machen was der andere will oder zur Not noch feilschen. So sieht unser Weg zur Lösungsfindung meist aus. Schwarz-weiß ist für unser Gehirn viel leichter. Ko-zentriert zu denken, heißt nach sowohl-als-auch-Lösungen zu suchen. So können wir in Kontakt mit unseren Kollaborationspartnern bleiben – auch wenn es einmal schwierig wird.
#3: Interessen statt Positionen
Win-win-Lösungen lassen sich nur finden, wenn wir uns über die eigenen Interessen und die Interessen der anderen Beteiligten klar werden. Wie gut, dass wir die natürliche Fähigkeit haben, zu kommunizieren und andere Perspektiven einzunehmen. Wenden wir sie an, um besser zu verstehen, statt unsere Positionen zu zementieren.
#4: Gemeinsamkeiten suchen
Gemeinsamkeiten machen sympathisch. Unterschiede trennen. Unser Gehirn ist ständig am vergleichen. Wir haben die Wahl, worauf wir uns fokussieren. Wenn wir es uns zum Grundsatz machen, zum Einstieg in ein Gespräch, eine Sache herauszufinden oder zu unterstreichen, die wir gemeinsam haben, wird aus dem Small Talk plötzlich ein Strong Impact Talk (starke Wirkung).
#5: Wertschätzung für Andersartigkeit
Wir vergleichen nicht nur, wir bewerten auch sofort. Dabei betrachten wir uns selbst mit unseren Werten und Vorlieben gerne als das Normalmaß. Wer anders ist, ist dann nicht normal. Wird es schwierig, wird diese innere Haltung zum Konfliktverschärfer. Der Tipp eines buddhistischen Mönches: „Wenn ich mich dabei erwische, dass ich bewerte, ergänze ich einfach: genau wie ich“. Das erinnert mich daran, dass ich nicht so anders bin und erlaubt es mir, in einer wertschätzenden Haltung zu bleiben. Das ist die Basis für echte Kollaboration. Denn die funktioniert nur auf Augenhöhe, indem verschiedene Persönlichkeiten zusammenwirken, um gemeinsam etwas zu erreichen, was alleine nie gelingen würde.
#6: Geber-Mentalität
Das Gesetz der Gegenseitigkeit – Geben und Nehmen – ist ein menschliches Grundprinzip. Auch Kollaboration erfordert die Bereitschaft zu geben. Allen Bedenken „Was, wenn der andere es nicht zu schätzen weiß?“ und Ängsten „Was, wenn ich ausgenutzt werde?“ zum Trotz – Geber-Mentalität lohnt sich in jedem Fall. Weil Geben erfüllend ist, und außerdem erfolgreich und glücklich macht.
#7: Das WIR im Blick
Erkennen wir das WIR als Organismus, hat das WIR auch das Recht auf eine Stimme. Das funktioniert am besten mit einem WIR-Stuhl. Während eines Meetings kann sich jeder Teilnehmer zu jedem Zeitpunkt auf diesen Stuhl setzen und dem WIR eine Stimme geben. Durch das Verlassen des Ich-/Du-Fokus, nehmen wir statt einer polarisierenden Sichtweise eine übergeordnete Perspektive ein, die uns hilft, neue, gemeinsame Lösungen zu finden.
#8: Feedback als Entwicklungsturbo
Zusammenarbeit bietet uns die Möglichkeit, uns schneller zu entwickeln als alleine – sofern wir kontinuierlich Rückmeldung erhalten. Feedback ist eine wunderbare Möglichkeit, jemandem etwas Wertvolles zu geben und damit in ein kollaboratives Miteinander zu investieren. Natürlich kann man auch andere aktiv darum bitten. Je spezifischer wir beschreiben wofür, desto konstruktiver wird die Antwort sein.
#9: Aktiv zuhören
Kollaborative Gesprächspartner zeichnen sich dadurch aus, dass sie andere aktiv zu deren Meinung und Ideen befragen und gut zuhören – auch wenn unter Stress erfahrungsgemäß unser Interesse an anderen Sichtweisen sinkt. Dabei lebt gerade Kollaboration von verschiedenen Sichtweisen.
#10: Psychologische Sicherheit
So lautet der Schlüsselfaktor für erfolgreiche Zusammenarbeit in Teams. Das ist das Ergebnis einer zweijährigen Studie namens Aristoteles, die Google mit über 180 ihrer eigenen Teams durchgeführt hat. Dabei geht es um den Glauben, dass man nicht bestraft oder bloßgestellt wird, wenn man Ideen, Fragen, Bedenken oder Fehler anspricht. Sobald wir ein Umfeld schaffen, in dem andere sich sicher fühlen, ihre Meinung zu teilen, steigern wir automatisch die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen um uns herum kooperativer denken und handeln.