Der digitale Wandel verstärkt den Druck auf Unternehmen, sich an moderne Arbeitsweisen anzupassen. In vielen Unternehmen ist deshalb gerade das Thema Agilität auf der Agenda. Alles soll ab sofort anders sein. Warum es aber nichts bringt, alles blind der Konkurrenz nachzumachen, erklärt Martin Beims von der Unternehmensberatung Aretas.
Bereits die Ureinwohner Melanesiens stellten fest, dass Imitation nur selten zu Erfolg führt. Im Zweiten Weltkrieg nutzten amerikanische Soldaten die pazifischen Inselgruppen als Versorgungszentrum: Flugzeuge warfen hier Kleidung, Nahrungsmittel usw. für die US-Armee ab. Als diese dann wieder abzog, blieben die Lieferungen aus. Die Einheimischen ahmten das Verhalten der Amerikaner nach: Sie bauten beispielsweise Kopfhörer aus Holz nach oder errichteten Landebahnen mit Signalfeuern, um Flugzeuge anzulocken – jedoch ohne Erfolg.
Kein Erfolg durch Nachahmung
Dass bei der Imitation anderer nicht die gleichen Ergebnisse herauskommen, ist rasch erklärt. Meist sind ganz einfach die Voraussetzungen verschieden. Auch auf die Arbeitswelt trifft das zu: Jedes Unternehmen verfügt über einen anderen Ausgangspunkt, über andere Prozessabläufe und Mitarbeiter. Agile Ansätze haben aber nur dann eine Chance, wenn eine Anpassung der Führungs- und Zusammenarbeitskultur erfolgt, statt sie einfach als Kult über die Belegschaft zu stülpen.
Nötige Veränderungen der Unternehmenskultur sollten stets intrinsisch motiviert sein. Fünf wesentliche Kriterien für eine agile Rahmengestaltung kristallisieren sich hierbei heraus: der Einsatz keiner oder nur sehr weniger Hierarchieebenen, gemeinsame Werte und Ziele, fachübergreifende Zusammenarbeit, eine positive Fehlerkultur sowie Führung mit Vertrauen und Verantwortung.
Individuelle Konzepte
Wenn Teams agil operieren sollen, macht es wenig Sinn, diese in starre Hierarchien zu pressen. Entscheidungen müssen dort getroffen werden können, wo die Ergebnisse entstehen. Eng damit verbunden ist die Gestaltung des Arbeitsumfelds. Manager können auf vielfältige Optionen zurückgreifen: unter anderem den Verzicht auf feste Arbeitszeiten und Anwesenheitspflicht sowie eine freie Urlaubseinteilung in Absprache. Jeder Angestellte arbeitet so, wie er es am besten kann, und in der für ihn geeigneten Umgebung.
Moderne Zusammenarbeit
Doch Achtung: Das befreit den Firmenchef nicht von unternehmerischen Richtungsentscheidungen. Gleichzeitig sollten zwischen Führung und Mitarbeitern gemeinsame Werte und Ziele für die Unternehmensrichtung definiert werden. Ganz wichtig: Effektive und agile Teamarbeit kann sich nur entwickeln, wenn eine positive Fehlerkultur die Philosophie des Unternehmens bestimmt. Für eine erfolgreiche Implementierung agiler Formen müssen Unternehmen die Arbeitswirklichkeit aller Arbeitnehmer unter die Lupe nehmen. Nur durch zugeschnittene Konzepte erhalten Unternehmen Vorteile und vermeiden eine Nachahmung, die – wie bei den Einwohnern Melanesiens – ins Leere läuft.
Martin Beims, |