485 m², 17 Leute, ein Haus. Genauer: Deutschlands erstes Coliving-Haus Hyprspace in München. Seit April 2017 leben und arbeiten dort 17 Leute gemeinsam unter einem Dach. Wir sprachen mit dem Initiator Marc Gänsler darüber, wie es zum Hyprspace kam und wie er funktioniert.
OFFICE ROXX: Marc, wie ist der Hyprspace in München entstanden?
Marc Gänsler: Solche Wohnkonzepte wie den Hyprspace gibt es schon seit einigen Jahren im Silicon Valley. Weil die Mietpreise dort hoch sind, haben sich Leute aus der Start-up-Szene zusammengetan mit der Idee, gemeinsam unter Gleichgesinnten zu leben. Ich fand das Konzept, zusammen zu wohnen und zu arbeiten, sehr spannend. Nachdem ich herausgefunden hatte, dass es so ein Coliving-Haus hier noch nicht gab, habe ich Raphael Beese, einem guten Freund, von meiner Idee erzählt. Der war sofort begeistert. Also haben wir uns gesagt: Lass uns das einfach ausprobieren, normal wohnen kannst du auch später noch. Gemeinsam haben wir uns auf die Häuser- und Mitbewohnersuche begeben und ein schönes Haus am Ostpark in München gefunden. Das ist relativ groß, war neu gebaut, und der Vermieter fand unser Konzept sehr interessant. Letztes Jahr im April sind wir eingezogen.
Wie sieht es bei euch im Hyprspace aus?
Wir haben einen Gemeinschaftsbereich im Erdgeschoss. Dort sind eine große Küche und ein großes Zimmer, das wir als Wohnzimmer und als Coworking-Space nutzen. An den Wänden hängen Tafeln, überall gibt es Post-its. Die Leute können dort zusammenkommen, brainstormen und sich austauschen. Außerdem haben wir einen großen Garten, in dem wir gemeinsam grillen und in den wir Leute aus der Start-up-Szene einladen. Und natürlich hat jeder ein eigenes Zimmer.
Wie habt ihr euch damals eingerichtet?
Jeder hatte davor ja schon eine Wohnung, also hat jeder Möbel mitgebracht. Einiges haben wir neu gekauft. Wir haben dann gesagt: Hey, wir benötigen die und die Tische und die und die Stühle, außerdem noch einen Grill. Dann sind wir zusammen losgegangen, haben uns Sachen ausgesucht und zusammengelegt. Am Anfang haben wir noch relativ rudimentär gewohnt, mit der Zeit und mit neuen Mitbewohnern kamen neue Sachen dazu. Insgesamt sieht es bei uns relativ bunt gemischt aus.
Wer wohnt bei euch?
Wir achten darauf, dass wir nicht nur Tech-Leute sind, sondern eine gute Diversität haben, also Mitbewohner mit unterschiedlichen Hintergründen. Wir haben hier einen Youtuber, andere befassen sich mit Elektromobilität, E-Learning, der Industrie 4.0 oder der E-Wallet. So unterschiedlich wir sind, haben wir doch alle gemeinsam den Spirit, etwas gründen und bewegen zu wollen.
Wie funktioniert euer Zusammenleben?
Jeder hat bestimmte Aufgaben, jeder ist dabei und engagiert sich, etwas für das Haus zu tun. Brauchen wir zum Beispiel eine Reinigungskraft, kümmert sich jemand darum. Wenn wir sagen, wir müssen ein supergeiles Internet für uns aufbauen, kümmert sich auch jemand darum. Andere laden mal ein Unternehmen zu einer Grillparty ein. Klar, das muss man koordinieren, aber letztlich macht jeder etwas, worauf er Lust hat. Und natürlich gibt es auch die klassischen WG-Dinge, die getan werden müssen: aufräumen, Müll trennen.
Gibt es etwas, das nicht so gut funktioniert?
Ein großes Learning war: Am Anfang haben wir gesagt, alle müssen alles zusammen machen. Es hat sich dann aber rausgestellt, dass es schwierig ist, so viele Leute zu koordinieren. Wir haben gelernt, dass es reicht, wenn sich wenige Leute zusammentun, die kleinere Themengruppen bilden und einzelne Aufgaben übernehmen. Meist läuft es so, dass einer einen Vorschlag hat und fragt, wer Bock hat mitzumachen. Wer Lust hat, macht dann mit. Ab und an wurden wir auch durch Regularien und Vorschriften auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Eine offizielle Veranstaltung darf zum Beispiel nicht so einfach auf Privatboden durchgeführt werden. Da haben wir Lehrgeld bezahlt.
Was ist der Vorteil eures Wohnkonzepts?
Vieles, für das man alleine lange brauchen würde, geht zusammen viel schneller. Ich musste zum Beispiel einen Businessplan schreiben, hatte das vorher aber noch nie getan. Eine Mitbewohnerin konnte mich gut beraten. Mir ist es dann gelungen, den Plan in einem Bruchteil der Zeit, die ich andernfalls benötigt hätte, zu schreiben. Ein großer Vorteil ist auch, dass wir uns schnell Feedback zu Ideen einholen können. Es ist immer jemand da, der noch mal schnell über einen Entwurf rüberschauen kann. Außerdem bietet das Haus allen Bewohnern eine Art Sprungbrett. Weil wir viele Leute sind, die ähnliche Ideen haben, die alle gründen wollen, die sich austauschen wollen, die techaffin sind. Das bringt viel mehr, als wenn man sich nur gelegentlich auf speziellen Events, zu denen man extra hingehen muss, austauscht. Letztlich haben wir hier eine Brutstätte in den eigenen vier Wänden.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Sebastian Klöß.