Die meisten Office-Worker bewegen sich zu wenig – mit teilweise verheerenden Folgen. Es wird zu wenig gestanden und gelaufen. Aber auch im Sitzen sollte man sich bewegen. Im vierten Teil unserer Reihe zum Thema Bewegtsitzen erfahren Sie mehr über Regeln und Zeichen, und Sie bekommen konkrete Tipps. Von Robert Nehring.
Ein gelegentliches Zurücklehnen sorgt für die Entlastung der Bandscheiben und einen Wechsel der Perspektive. Foto: Interstuhl
Auch im Sitzen sollte
man sich viel bewegen –
Bürostühle sollten dies
maximal unterstützen. Grafik: iba
Druckbelastung der Bandscheiben in bar. Grafik: iba
Laut dem deutschen Büroeinrichtungsverband IBA hatte im Jahr 2011 erst jedes fünfte Unternehmen in Deutschland seine Büroarbeitsplätze mit guten Bürostühlen ausgestattet. In der aktuellen IBA-Studie konnte festgestellt werden, dass mittlerweile nur noch ein Fünftel der im Büro Tätigen über keinen komfortablen Büroarbeitsstuhl verfügt.
Auch im Sitzen bewegen!
Komfortabel bzw. bequem sitzen und bewegungsfreundlich sitzen sind jedoch zwei paar Schuhe. Wie gern sitzt man auf einem weichen Sofa. Wie lange aber möchte man dies angestrengt arbeitend tun – etwa mit dem Notebook auf den Knien?
Viele Studien haben gezeigt, wie wichtig die Bewegungsförderung ist, insbesondere bei der bewegungsarmen Büroarbeit. Aufgrund der hier dominierenden Bildschirmarbeit findet diese vor allem im Sitzen statt. Deshalb kommt es ganz besonders darauf an, sich auch im Sitzen zu bewegen.
Bewegungsfördernde Büroarbeitsstühle
Ein gelegentliches Zurücklehnen etwa sorgt für die Entlastung der Bandscheiben und einen Wechsel der Perspektive. Bewegung fördert generell die Durchblutung und damit auch die Sauerstoffversorgung des Gehirns.
In diesem Zusammenhang sind Büroarbeitsstühle besonders empfehlenswert, die Bewegung unterstützen, statt sie zu verhindern. Solche bewegungsfördernden, mitunter 3-D-Stühle genannten, Modelle sind zwar erst ab ca. 500 Euro erhältlich. Die Differenz zu niedrigpreisigen Modellen entspricht aber in etwa nur den Ausfallkosten eines Krankheitstages.
Tipps fürs bewegte Sitzen
- Lassen Sie das Becken vor- und zurückwippen!
- Verlagern Sie Ihr Gewicht mal mehr auf die rechte und mal mehr auf die linke
Gesäßhälfte!
- Schieben Sie Ihren Brustkorb vor und zurück oder zur Seite!
- Strecken Sie hin und wieder den Nacken, indem Sie den Kopf nach hinten
schieben!
- Stützen Sie sich in der vorderen Sitzhaltung auf dem Arbeitstisch ab!
- Lehnen Sie sich entspannt in der hinteren Sitzhaltung gegen die Rückenlehne!
- Versuchen Sie, im Sitzen mit der Hüfte zu kreisen!
- Nutzen Sie die positiven Effekte der Atmung auf Wirbelsäule und Muskulatur:
Atmen Sie ganz bewusst so tief wie möglich ein, lassen Sie den Atem anschließend
langsam ausströmen und pressen Sie den Rest-Atem aus Ihren Lungen!
- Versuchen Sie die Übung noch einmal, indem Sie beim Einatmen Arme und
Schultern nach hinten dehnen und beim Ausatmen klein werden wie ein Paket!
Aus: „Sitzlust statt Sitzfrust“, BAuA |
Prüf- und Qualitätszeichen
- Aus dem gesetzlich geregelten Bereich sollten Bürostühle zumindest über das freiwillig verwendbare Prüfzeichen GS (Geprüfte Sicherheit) verfügen.
- Im gesetzlich ungeregelten Bereich sind aktuell diese Prüf- und Qualitätszeichen relevant:
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- Das Zeichen „Quality Office“ wird im Zusammenhang mit Bürostühlen für Produkte, Händler und Fachberater vergeben. Herausgeber der zugrunde liegenden Leitlinie sind DIN, VBG, IBA, BAuA, DNB und HBS.
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- Das Prüfsiegel „Ergonomie geprüft“ wird von TÜV Rheinland LGA Products vergeben. Es bescheinigt in diesem Zusammenhang die Eignung für eine gesunde Büroarbeit.
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- Das Prüfsiegel „Schadstoff geprüft“ wird ebenfalls von TÜV Rheinland LGA Products vergeben. Es dokumentiert, dass die gesetzlichen Mindestanforderungen, unter anderem hinsichtlich des Schadstoffgehalts, erfüllt sind.
- Das Umweltzeichen „Blauer Engel“ des Bundesumweltministeriums – vergeben wird es vom RAL-Institut – gibt es auch für emissionsarme Bürostühle.
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Gesetze, Verordnungen, Normen, Richtlinien
- Die europäischen Richtlinien für Arbeitsschutz (89/391/EWG), Produktsicherheit (2001/95/EG), Bildschirmarbeit (90/270/EWG) und Arbeitsstätten (89/654/EWG) befassen sich mit der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz.
- In Deutschland sind insbesondere das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) zu beachten.
- Die wichtigste Norm für Büroarbeitsstühle in Deutschland ist aber die DIN 1335. Die hier enthaltenen Kriterien sollte jeder Büroarbeitsstuhl möglichst erfüllen.
- Die niederländische Praxisrichtlinie NPR 1813 eignet sich als Orientierungshilfe für Menschen mit Sondergrößen, weil in unserem Nachbarland unter anderem viele Menschen größer sind, aber infolge von Zuwanderungen auch eine bedeutsame Anzahl kleiner ist als hier.
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