Die Schreibtrainerin Astrid Rust verrät an dieser Stelle Kniffe zu Rechtschreibung und Korrespondenz. Der sechste Teil der Serie beschäftigt sich mit der Rechtschreibprüfung von Microsoft Word.
In den letzten Ausgaben haben wir uns mit den Regeln für die aktuelle Rechtschreibung beschäftigt. Bestimmt gibt es einige unter Ihnen, die insgeheim denken: Naja, Rechtschreibregeln – ganz interessant, aber das muss ich gar nicht so genau wissen, ich hab ja in Word meine Rechtschreibprüfung ...
Gehören Sie dazu?
Dann werden Sie heute erfahren, ob Sie sich wirklich immer auf diese Rechtschreibprüfung verlassen können. Wir stellen die Prüfung auf den Prüfstand – Sie werden staunen, was Word alles nicht weiß!
Wir haben drei Bereiche der Rechtschreibung kennen gelernt:
- Verhältnis von Lauten und Buchstabenn: Schreiben wir so, wie wir sprechen? (Gruß und Kuss, Fremdwörter, Wortfamilien). Dieser Bereich fällt uns am leichtesten – hier haben wir einheitliche und logische Regeln mit nur wenigen Ausnahmen.
- Getrennt oder zusammen?: Dieser Bereich ist am schwersten; wir können die Regeln zwar nachvollziehen, aber es gibt doch viele „Bauchentscheidungen“.
- Groß oder klein? Die Regeln sind meistens logisch und bereiten uns kaum Probleme.
Wie geht es Word bei ß/ss und Fremdwörtern?
Im ersten Teil hat es auch Word einfach, es erkennt in den meisten Fällen die Fehler und unterkringelt sie in Rot:
heissen, muß, numerieren, Ballettänzer (heißen, muss, nummerieren, Balletttänzer)
Auch falsch geschriebene Fremdwörter, Zusammensetzung und Wörter aus Wortfamilien erkennt Word problemlos. In diesem ersten Bereich können Sie Word also bedingungslos vertrauen.
Es gibt nur einen Punkt, den Word nicht eindeutig erkennen kann:
Bitte haben Sie Verständnis, das würde uns wirklich freuen.
Bitte haben Sie Verständnis, das wir den Termin absagen müssen.
Word findet in beiden Sätzen die Schreibweise von das richtig, doch stimmt das wirklich?
Im zweiten Satz übersieht Word etwas: das bezieht sich nicht auf Verständnis, sondern ist in Wirklichkeit ein dass. Doch Word kann das nicht erkennen … – Die Unterscheidung zwischen das und dass müssen Sie also nach wie vor selbst erkennen.
Hilft uns Word bei der Getrennt- und Zusammenschreibung?
Trotz hilfreicher Regeln wissen wir nicht immer, wann wir zusammen oder getrennt schreiben. Kann uns Word hier helfen?
Am Wochenende werde ich Radfahren, Berg steigen oder Skilaufen; danach will ich wieder Heim fahren. Aber, soviel ist klar, vor her muss ich mein Auto voll tanken, damit ich auf der Auto Bahn schnell weiter fahren kann. Wenn ich wieder zuhause bin, will ich auf meinem Sofa liegenbleiben und fern sehen, bis mir die Augen zu fallen. Dann gehe ich ins Schlafzimmer, um endlich ins Bett zufallen.
In diesem Text müsste es vor roten Kringeln nur so wimmeln:
Am Wochenende werde ich Radfahren, Berg steigen oder Skilaufen; danach will ich wieder Heim fahren. Aber, soviel ist klar, vor her muss ich mein Auto voll tanken, damit ich auf der Auto Bahn schnell weiter fahren kann. Wenn ich wieder zuhause bin, will ich auf meinem Sofa liegenbleiben und fern sehen, bis mir die Augen zu fallen. Dann gehe ich ins Schlafzimmer, um endlich ins Bett zufallen.
Word hält jedoch den Text für richtig und erkennt keinen einzigen Fehler. Warum?
Wir haben gelernt, dass wir bei zusammengesetzten Verbindungen zunächst unterscheiden müssen, wie eng die Verbindung zwischen den Wörtern ist. Wenn es sich um zwei eigenständige Wörter mit ihrer wörtlichen Bedeutung handelt, schreibt man getrennt. Wenn bei der Verbindung ein neues Wort mit einer eigenen, auch übertragenen Bedeutung entsteht, schreibt man beides zusammen. Ist diese Unterscheidung unklar, sind beide Schreibweisen möglich.
Doch Word kann diese Entscheidung nicht treffen. Für Word schreibt man eigenständige Wörter getrennt, unabhängig davon, ob eine übertragene Bedeutung vorliegt oder nicht. Umgekehrt schreibt Word manche Wörter zusammen, auch wenn keine neue Bedeutung vorliegt.
Hier kann Ihnen Word überhaupt nicht helfen und überlässt Ihnen die Arbeit!
Word und die Groß- und Kleischreibung
Die Regeln zur Groß- und Kleinschreibung sind, bis auf ganz wenige Ausnahmen, logisch und nachvollziehbar. Die Entscheidung zwischen groß oder klein ist meistens sehr eindeutig. Wie geht Word damit um? Urteilen Sie selbst:
Es tut mir Leid, aber die Situation ist Ernst: Der Text bleibt schwarz, es gibt kein rot. Word hat keine schuld. Lernen Sie englisch, damit kommt man immer zu Recht.
Wir haben verschiedenes zu besprechen. Als erstes besprechen wir das Protokoll, als nächstes müssen wir auf die zwei Neuen Mitarbeiter eingehen. Die Beiden haben sich sehr gut eingearbeitet. Ich habe Einige ihrer Arbeiten gesehen, Manche sind hervorragend, auch wenn ich Nichts dazu gesagt habe.
Erkennen Sie die Fehler?
Wie verhält es sich mit der höflichen Anrede, die für die täglichen Mails und Briefe äußerst wichtig ist?
Wie telefonisch besprochen, sende ich ihnen die gewünschten Unterlagen. Bitte senden sie Sie uns unterschreiben zurück. Ich freue mich sehr, sie bald persönlich zutreffen.
Auch hier kann Word die klaren Regeln nicht anwenden und ich kann mich auch bei der Groß- und Kleinschreibung nicht auf Word verlassen.
Fazit
Unsere Untersuchung ist somit fatal. Word können wir nur in dem Bereich trauen, der auch für uns am einfachsten ist (ss oder ß, Fremdwörter, Wortfamilien). Aber in den Bereichen, die uns selber auch schwerfallen, hilft uns Word überhaupt nicht weiter, im Gegenteil – Word gaukelt eine Sicherheit und Richtigkeit vor, die nie gegeben ist.
Das soll nicht heißen, dass Sie die Rechtschreibprüfung ab sofort ausschalten sollen. Sie ist mit Sicherheit hilfreich für peinliche Tippfehler oder Buchstabendreher. Letztendlich sollten aber Sie die Kontrolle haben und selbst die Regeln beherrschen – nur so werden Sie unabhängig von der Rechtschreibprüfung und vermeiden peinliche Stolperfallen.
Astrid Rust, Trainerin für neue Rechtschreibung und moderne Korrespondenz, deutsch plus. |