Teil 5: Führerschein für Führungskräfte
Der Bestsellerautor und Karrierecoach Martin Wehrle gibt auf OFFICE ROXX Tipps für einen gelingenden Büroalltag. Diesmal schlägt er einen Führerschein für Chefs vor, damit die Menschenführung ans Ziel führt, nicht in die Sackgasse.
Wie menschlich oder unmenschlich es in einer Firma zugeht, hängt von den Führungskräften ab – ob die Beschäftigten mit ihnen arbeiten oder nur „unter ihnen“. Gute Führung setzt gute Ausbildung voraus. Doch die einzige Qualifikation, die ein Vorgesetzter in Deutschland braucht, ist seine Beförderung.
Das muss sich ändern! Wer ein Auto führen will, braucht eine fundierte Qualifikation in Theorie und Praxis. Wer Menschen führen will, erst recht! Es darf nicht sein, dass unqualifizierte Vorgesetzte die Gesundheit ihrer Mitarbeiter an die Wand fahren. Ich fordere einen Führerschein für Führungskräfte.
Führung ist eine Humanwissenschaft. Ein kompetenter Chef unterstützt Mitarbeiter dabei, ihre Möglichkeiten zu entfalten, ihre Ziele zu erreichen und ebenso, die Grenzen ihrer Kraft zu erkennen. Wir müssen eine Führungskultur entwickeln, die nicht manipuliert und ausquetscht, sondern das Fordern mit der Fürsorge verbindet.
Ein Vorgesetzter muss lernen, wie Stress bei Mitarbeitern entsteht und wie er ihn vermeidet, etwa durch sein gutes Vorbild, durch machbare Terminvorgaben und durch klare Regelungen, wann Mails abgerufen werden (am besten nur ein- oder zweimal am Tag), wann der Dienst endet und zu welchen Zeiten ein Mitarbeiter nicht erreichbar sein darf.
Er muss lernen, wie der menschliche Biorhythmus funktioniert, und dass Erholungsphasen die Voraussetzung sind für Höchstleistungen (weil der Akku dazu voll sein muss und sich nur durch Entspannung lädt) und für kreativ-ganzheitliches Denken (weil es dem Gehirn vor allem im entspannten Alphazustand gelingt). Menschen sind keine Maschinen, die bei doppelter Arbeitszeit doppelte Leistung bringen. Überstunden beschwören Fehler herauf und mindern die Qualität der Arbeit. Wer nach acht Stunden geht, statt der Firma in der zehnten Stunde einen schweren Fehler einzubrocken, hat mehr geleistet!
Ein kompetenter Vorgesetzter muss wissen, welches die frühsten Symptome einer Überforderung sind – oft übermäßiger Einsatz! – und was in diesem Fall zu tun ist; ein Praktikum in einer Burnout-Klinik sollte zur Führungskräfte-Ausbildung gehören. Chefs müssen lernen, die Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter nicht nur zu nutzen oder gar auszunutzen, sondern sie zu erhalten und zu fördern.
Der Führerschein beinhaltet eine Kontrollinstanz: ein Flensburg für Führungskräfte, wo Vorgesetzte angezählt werden, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, Burnouts verursachen, Mobbings dulden und Menschen ruinieren.
Wer beim Führen über rote Ampeln fährt, muss seinen Führerschein verlieren – zum Schutz der Allgemeinheit!