„Wahre Werte“: Für die Real-Estate-Branche sind Büroimmobilien immer wichtiger geworden. Nun ist auch hier vieles im Wandel. Zum Thema Assetklasse Büro äußert sich dieses Mal Daniel Jessop, Geschäftsführer von Workthere.
Gegenwind in der Weltwirtschaft gab es im vergangenen Jahr reichlich – dennoch blieb der europäische Markt für Flexible Workspaces bis Ende 2023 weitgehend stabil. Der Hauptgrund dafür war die gestiegene Nachfrage der Nutzer nach flexibleren Lösungen zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften. Zudem sind die Belegungsquoten stabil geblieben und größere Unternehmen, die weiterhin eine wichtige Nutzergruppe auf dem Markt darstellen, diversifizieren zunehmend ihre Portfolios mit flexiblen Flächen.
Der Wettbewerb um Talente wird auch in diesem Jahr zu einer erhöhten Nachfrage nach erstklassigen Flächen mit mehr Komfort und Zusatzleistungen führen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und Mieter zu gewinnen, setzen Betreiber schon jetzt auf Standards, die über Fitness- oder Yogastudios, Cafés und Außenbereiche hinausgehen und den Komfort eines Fünf-Sterne-Hotels bieten, zum Beispiel durch exklusive Extras wie Privatköche oder Rooftop-Bars. Die meisten Nutzer in Deutschland zeigen sich angesichts solcher Angebote allerdings (noch) zurückhaltend, gehen damit doch oft auch hohe Mietkosten einher.
Eine besondere Rolle spielt bei der Wahl der Flächen die Lage. Die Qualität des Standorts mit guter Verkehrsanbindung und einer umfassenden Nahversorgung bleibt im Nutzerfokus. In vielen Märkten hat dies zu einem Anstieg der Aktivitäten von Flex-Office-Anbietern in erstklassigen Innenstadtlagen geführt. Der Mangel an verfügbaren Büroflächen in vielen europäischen Städten, insbesondere in Madrid, München und Barcelona (Leerstandsquoten jeweils unter fünf Prozent), wird dort jedoch erhebliche Auswirkungen auf Flächenumsatz und Verfügbarkeit von Flexible Workspaces haben. Beim Blick auf die deutschen Top-Standorte kommt hinzu: Je zentrierter die Städte, desto schwieriger mitunter die Flächensuche. Köln und München stehen hier beispielsweise dem eher polyzentrischen Berlin gegenüber. Gute Flächen und Konzepte können dadurch aufgrund von mäßiger Lage dennoch das Nachsehen haben.
Das Thema Nachhaltigkeit und ESG wird währenddessen sowohl für Eigentümer als auch Nutzer immer wichtiger. Insbesondere Unternehmen bietet sich die Chance, zügig Flächen zu beziehen, die nicht nur die ESG-Vorgaben erfüllen, sondern sich auch in DGNB-, LEED- oder BREEAM-zertifizierten Gebäuden befinden. Optimierte, erstklassige Flex-Flächen dürften zunehmend ein zentrales Element in der Dekarbonisierungsstrategie von Unternehmen spielen, da sie Nachhaltigkeit mit Flächeneffizienz verbinden.
Die Unsicherheit auf dem makroökonomischen Markt und hohe Kapitalkosten dürften die Nachfrage und das Interesse an Flexible Workspaces zusätzlich weiter steigern. Nach der Pandemie haben beispielsweise einige größere Unternehmen ihre Büroflächen verkleinert, um hybrides Arbeiten zu erleichtern, die Kapitalkosten zu senken und gleichzeitig flexible Büroflächen anbieten zu können. Ziel der Unternehmen ist, eine gesunde Mischung zwischen Kostensenkung und Flexibilität zu finden.
Die steigenden Betriebskosten haben viele Betreiber in den letzten zwei Jahren unter Druck gesetzt. Während in den meisten europäischen Städten im Premiumsegment ein Preisanstieg flexibler Arbeitsplätze beobachtet wurde, stellte sich die Lage am unteren Ende schwieriger dar. Viele Betreiber befinden sich daher in einer Phase der Konsolidierung und stellen etwaige Altlasten genauer auf den Prüfstand. Im Jahr 2024 werden sie sich auch verstärkt darauf konzentrieren müssen, ihre Rentabilität zu steigern, sei es durch die Vergrößerung ihrer Marge durch Preiserhöhungen flexibler Arbeitsplätze oder durch das Generieren ergänzender Einkommensströme. Hier sind das Vermieten von Tagungsräumen oder Eventflächen, das Angebot von Coworking-Tischen oder der Verkauf von Technologiepaketen an Kunden denkbar.