Dringend notwendig für Gesundheit und Wohlbefinden
Der Mensch atmet rund 500 Liter Luft pro Stunde ein. Ist sie schadstoffbelastet, wirkt sich das negativ auf Gesundheit und Produktivität aus. Roland G. A. Jonkhoff vom Bodenbelagshersteller Desso umreißt in diesem Gastbeitrag Lösungen.
Unternehmen müssen eine Vision haben, die über Profitdenken hinausgeht. Das ist leicht gesagt, aber nur schwer in die Tat umzusetzen. Man hört so viel über die soziale Verantwortung von Unternehmen und langfristige Rentabilität, die auf dem Drei-Säulen-Prinzip der Nachhaltigkeit basiert. Doch wie viele Unternehmen stellen diese Ziele auch tatsächlich in den Mittelpunkt ihrer Geschäftsstrategie und Betriebsabläufe? Eine der wichtigsten Fragen unserer Zeit ist: Können Unternehmen Produkte in einer Art und Weise entwickeln, die den kommerziellen Erfolg vorantreibt und gleichzeitig einen positiven Einfluss auf die Umwelt, Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen hat?
Die Luft um uns
Eines der größten heutigen Probleme in bebauten Umgebungen ist eng mit einem Element verbunden, das unsichtbar ist und von uns als selbstverständlich angesehen wird: die Luft, die wir atmen. Smog in Städten von Peking bis nach Paris ist für viele bereits zur Normalität geworden. Aber wie viele von uns denken wirklich darüber nach, wie sich dies auf die Innenraumluft in Büros, Wohnungen, Konferenzzentren, Schulen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und öffentlichen Verkehrsmitteln auswirkt, in denen wir uns alle bewegen?
Vielfältige Belastungen
Gehen wir noch einen Schritt weiter: Wie viele fragen sich, ob die industriell gefertigten Elemente um uns herum – zum Beispiel die Farbe an den Wänden, die Materialien in Tischen, Stühlen und Böden – Chemikalien enthalten, die flüchtige organische Verbindungen (VOCs) freisetzen und dadurch schädlich sein können? Wie viele denken an die Staubpartikel, deren Durchmesser kleiner als der eines Haares ist und die sich in der Lunge oder dem Gefäßsystem festsetzen und Herz-und Atemwegserkrankungen, beispielsweise Asthma, verursachen können?
Immer mehr leben in Städten
Einer der großen Megatrends der Zukunft ist die Urbanisierung, die dieses Gesundheitsproblem noch verstärkt. Großstädte sind in den letzten 30 Jahren zusammen um durchschnittlich 65 Millionen Menschen pro Jahr gewachsen – dies entspricht jedes Jahr sieben neuen Städten der Größe Chicagos. Bereits heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Dies wird sich bis zum Jahr 2030 voraussichtlich auf 60 Prozent erhöhen, bis Mitte des Jahrhunderts werden zwei Drittel von uns in Städten leben. Zusätzlich ist zu bedenken, dass wir 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen verbringen.
Produktiver mit guter Luft
Eine schlechte Raumluftqualität stellt nicht nur eine Gefahr für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen dar, sie kann auch einen negativen Einfluss auf die Produktivität und Anwesenheitsrate am Arbeitsplatz haben. Eine kalifornische Studie von William Fisk des Lawrence Berkeley National Laboratory zeigte, dass eine verbesserte Raumluftqualität die Produktivität von Büroangestellten jährlich um 0,5 bis fünf Prozent steigern kann, was pro Jahr zu geschätzten Einsparungen von 20 bis 200 Milliarden US-Dollar führt.
Folgen schlechter Raumluft
Das Problem der Raumluftqualität wird sich laut einem aktuellen Bericht von Professor Hazim Awbi von der School of Construction Management and Engineering der University of Reading in Großbritannien noch weiter verschlimmern. Awbi prognostiziert, dass sich die Zahl der an Asthma leidenden Briten bis 2050 nahezu verdoppeln könnte. Hierzu äußert er sich wie folgt: „Schlechte Raumluftqualität ist mit einer Reihe von unerwünschten Auswirkungen auf die Gesundheit verbunden, wie beispielsweise allergische und asthmatische Beschwerden, Lungenkrebs, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, Infektionen der Atemwege und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“
Produkte und ihre Auswirkungen
Diese Situation ist eindeutig inakzeptabel. Als Unternehmen, das seit 2008 daran arbeitet, ökoeffektive Produkte entsprechend den Cradle-to-Cradle-Standards (C2C) zu entwickeln, sind diese Probleme nicht neu für uns. Genau dieses Designproblem sprechen C2C-Mitbegründer Prof. Dr. Michael Braungart und William McDonough in ihrem wegweisenden Buch „Cradle to Cradle“ an, das erstmals im Jahr 2002 veröffentlicht wurde. Hierin beschreiben sie, wie wichtig es ist, Produkte zu entwickeln, die im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit und auf ihre Fähigkeit, nach Gebrauchsende für ein Recycling zerlegt werden zu können, von Beginn an einen positiven Einfluss haben. Braungart, dessen wissenschaftliches Forschungs- und Beratungsinstitut EPEA seit 2008 die Produkte von Desso beurteilt, hat bereits seit Langem auf die Gefahren einer schlechten Raumluftqualität hingewiesen. Aus diesem Grund hat bei Desso die Ziele der Materialhygiene in allen Schritten höchste Priorität, C2C und die Kreislaufwirtschaft stehen ganz oben auf der Unternehmensagenda. Das Forschungs- und Entwicklungs-Team entwickelte daher im Jahr 2010 die Teppichfliese DESSO AirMaster, die speziell mit dem Ziel konzipiert wurde, die Menge an Feinstaub in Innenräumen erheblich zu reduzieren.
Gute Luft in grünen Städten
Ziel der Umsetzung der C2C-Kriterien ist es, nur solche Materialien zu verwenden, die positiv bewertete Inhaltsstoffe mit sehr niedrigem VOC-Gehalt beinhalten. Diese wurden zu dem Zweck entworfen, sich positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden auszuwirken und Öko-Innovationen zu fördern, die die Raumluftqualität verbessern. Wir freuen uns darüber, dass auch andere Hersteller von Produkten für den Bausektor die Konzepte von C2C und der Kreislaufwirtschaft übernommen haben. „Grüne“ Städte der Zukunft zu bauen, bedeutet, auch die Luft zu berücksichtigen, die wir einatmen. Bereits in der Entwicklungsphase alles zu beachten, ist dabei von entscheidender Bedeutung. Das Unternehmensziel von heute besteht darin, die Produktherstellung zu überdenken, sodass nicht nur hohe Gewinne erwirtschaftet werden, sondern auch Gutes getan wird. Braungart und McDonough haben es im Jahr 2002 auf den Punkt gebracht: „Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht darin, Industrie und Wirtschaftssysteme der Menschen zu verkleinern, wie Effizienzbefürworter es propagieren, sondern sie derart zu gestalten, dass diese dem gesunden Wachstum dienen und qualitativ besser werden, um auch den Rest der Welt zu unterstützen, leistungsstärker zu machen und zu nähren. Die ‚richtigen Dinge‘, die Hersteller und die Industrie also unternehmen sollten, sind diejenigen, die zu positivem Wachstum führen – mehr Nischen, Gesundheit, Ernährung, Vielfalt, Intelligenz und Wohlstand – für die heutige Generation auf diesem Planeten und für die kommenden Generationen.“
Langfristig denken
C2C und die von Prof. Dr. Braungart und McDonough entwickelte Vision werden heute auf Foren wie dem jährlichen Gipfeltreffen des WEF in Davos ausführlich diskutiert. Auch Unternehmen wie Desso schließen sich an und setzen sich für die Kreislaufwirtschaft ein. All das ist ermutigend und deutet darauf hin, dass wir gemeinsam weitere Lösungen finden werden, um eine langfristige Rentabilität zu erreichen.