Bei der Arbeit klingelt plötzlich das Telefon. Eine unbekannte Nummer auf dem Display kann schon mal Nervosität erzeugen. Im fünften Teil seiner Kolumne zeigt Stefan Häseli, wie schnell sich diese Situation aber in Wohlgefallen auflösen kann.
Hannes brütet über einem Konzept für die Neuorganisation der Materiallogistik. Normaler Büroalltag. Das Telefon klingelt. Laut der Nummernerkennung ist es weder ein Kunde noch ein Mitarbeiter. Es könnte ein Coach sein, der seine Auftragsbücher noch füllen muss oder eine Büroartikelfirma, die versehentlich durch die Maschen der Sekretärin gerutscht ist und ihm ganz persönlich zehn Toner für seinen lokalen Drucker verkaufen will. Oder zumindest einen Zentner Papiervorrat. Ob dieser Gedanken leicht genervt, presst Hannes seinen Namen mit einem unterkühlten „Was-kann-ich-für-Sie-tun?“ in den Telefonhörer.
Aber nein, das ist ja Sebastian, sein alter Schulkollege. Er arbeitet neu als Distribution-Manager bei einem Lieferanten und wollte sich nach der letzten Lieferung erkundigen, weil dort nicht alles so gut geklappt hat. Der Anruf ist eine freudige Überraschung.
Sebastian: „Hallo Hannes, bist es wirklich du?“
Hannes: „Sebastian – du alter Räuber. Das gibt’s doch nicht!“
S: „Doch, doch, scheint einiges gegangen zu sein bei dir.“
H: „Ach ja, ich sitze hier in der Geschäftsführung, es macht Spaß. Und was machst du?“
S: „Habe auch eine tolle Arbeit, ich leite die Qualitätssicherungsabteilung beim Maschinenkonzern, der euch die beste Ware liefert, wenn sie dann endlich kommt …“
Beide prusten vergnügt in den Telefonhörer.
H: „Haben uns schon lange nicht mehr gesehen.“
S: „Ja, wir könnten wieder mal ein Bier trinken.“
H: „Sollen wir gleich einen Termin ausmachen?“
S: „Sicher, ich hol kurz mein Smartphone.“
Auch Hannes öffnet den Terminplaner in seinem Computer.
„Februar und März sind nicht gerade günstig, ich bin in einem Riesenprojekt. April wäre besser“, schlägt Sebastian vor.
H: „Ui, April ist ungünstig, da ist Ostern und anschließend bin ich bis Juli in Auszeit.“
S: „Also danach. Ich bin Juli noch in Palma, aber ab August finden wir sicher einen Termin.“
H: „August ist gut. Die neue Produktion geht erst am 20. los. Vorher ist eine intensive Planungsphase, aber am 18. oder 19. würde es mir gut passen.“
S: „Och nein, vom 16. bis 19. bin ich in Stockholm.“
H: „Stockholm ist schön, ich bin Mitte Oktober dort. Wie sieht es denn im September aus?“
S: „Lass mal schauen – ach nein, September geht leider gar nicht. Ich heirate dann und man weiß nie, was es vorher noch zu tun gibt.“
H: „Das verstehe ich, das blockiert natürlich die Termine.“
S: „Aber hör mal Hannes, ich habe eine Idee: Wir könnten uns bei meiner Hochzeit etwas früher treffen. Du bist ja sicher dabei.“
H: „Wann heiratest du?“
S: „Am 10. September um zehn Uhr. Wir könnten uns um neun Uhr treffen.“
H: „Das ist gebucht.“
S: „Tipptopp, die Terminsuche ging ja fix.“
H: „Deine Entscheidungsfreudigkeit und Spontaneität haben mir schon immer gefallen.“
Sebastian lacht: „Ist doch klar.“
„Und wenn etwas dazwischenkommt?“ gibt Hannes noch zu bedenken.
S: „Wir tauschen noch unsere Handynummern aus – für alle Fälle.“
H: „Klar doch – also, bis bald.“
S: „Freu mich sehr, dass die Verabredung so kurzfristig klappt.“
H: „Die Lieferschwierigkeiten bei deinen Maschinenenteilen können wir dann gleich auch besprechen, ich nehme die Unterlagen mit.“
S: „Das machen wir so. Deine Effizienz ist noch immer unerreicht. Bis dann.“
H: „Tschüss.“
Stefan Häseli ist Autor, Trainer |