„Wahre Werte“: Für die Real-Estate-Branche sind Büroimmobilien immer wichtiger geworden. Nun ist auch hier vieles im Wandel. Zum Thema Assetklasse Büro äußert sich dieses Mal Jonas Kubon, Geschäftsführer von pro m2.

Jonas Kubon, Geschäftsführer, pro m2. pro-m2.de. Abbildung: Andreas Endermann
Büros bleiben Ankerpunkt unternehmerischer Tätigkeit, das steht fest. Doch was früher das unangefochtene Monopol des Arbeitens war, ist heute ein Ort im Wandel: in Nutzung wie in Wahrnehmung. Von allen Seiten wird die Transformation der Büroimmobilien beschworen. Zu Recht. Doch um die Anforderungen wirklich zu verstehen, braucht es zwei Perspektiven: die der Immobiliennutzer und die der Eigentümer. Nur gemeinsam können zukunftsfähige Lösungen entstehen.
Unsere aktuelle Studie zur Büronutzung – die größte ihrer Art im DACH-Raum – zeigt deutlich: Unternehmen mit modernen Arbeitsplatzkonzepten benötigen rund 54 Prozent weniger Fläche als jene mit tradierten Bürokonzepten. Aber Achtung: Eine einfache Reduktion anhand aktueller Auslastung greift zu kurz. Es braucht eine strategische Antwort auf die Frage, wie Büroflächen künftig genutzt, organisiert und gestaltet werden sollen. Denn moderne Flächenangebote haben differenzierte Anforderungen – es geht nicht um weniger Raum, sondern um besseren Raum.
Bereits bei rund einem Drittel der befragten Unternehmen wurden Flächen freigegeben; zwei Drittel stehen noch vor grundlegenden Entscheidungen. Auf den Punkt gebracht: Die Mehrheit befindet sich mitten im Wandel. Diese Transformation muss professionell begleitet werden, sowohl ökonomisch, planerisch als auch kulturell. Das Bekenntnis zur Hybridarbeit bleibt derweil stabil: 91 Prozent der Unternehmen ermöglichen ihrer Belegschaft laut unserer Studie eine Auswahl an mobilen Arbeitstagen. Eine fundamentale Trendwende ist aktuell nicht in Sicht, auch wenn Diskussionen um eine verstärkte Rückkehr ins Büro zunehmen. Damit bleibt mobiles Arbeiten der stärkste Hebel für die physische Abwesenheit und das mit direkten Konsequenzen: Die Größe der Bürofläche muss zur tatsächlichen Auslastung passen. Andernfalls droht ein Ghosting-Effekt: unterbelegte Flächen ohne Nutzung, aber mit vollen Kosten. Unternehmen stehen vor der Frage, wie sie künftig mit ihren Büroflächen umgehen. Der erste Schritt liegt in der Erkenntnis: Maßgeschneiderte Arbeitsplatzkonzepte wirken sich messbar positiv auf Unternehmenskultur, Produktivität und Agilität aus. Eigenschaften, die gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit erfolgsentscheidend sind.
Deshalb gilt: Bürokonzepte dürfen nicht statisch gedacht oder geplant werden. Wer heute plant, muss morgen mitdenken. Flächen müssen reaktionsfähig bleiben – auf interne Veränderungen wie Wachstum, Umstrukturierung oder neue Teams ebenso wie auf externe Einflüsse, etwa veränderte Erwartungen der Mitarbeitenden.
Dabei denken Nutzer die Immobilie von innen nach außen. Eigentümer hingegen betrachten das Gebäude als Ganzes, inklusive Vermarktung, Lifecycle und Rendite. Als gemeinsamer Nenner gilt es, auf planerische Flexibilität zu setzen. Das Büro der Zukunft muss wie ein Schweizer Taschenmesser funktionieren: multifunktional, robust und anpassungsfähig.
Moderne Büroimmobilien in integrierten Lagen erfüllen längst mehr als nur den Zweck des Arbeitens. Sie decken Alltagsbedürfnisse durch komplementäre Nutzungen oder Lagequalitäten ab. Alte Standorte ohne Umfeldqualitäten, ohne Investitionen und mit schwacher CO2-Bilanz geraten zunehmend ins Abseits. Vermietung wird zur Herausforderung. Für diese Objekte braucht es Repositionierungsstrategien. Reflexartig auf Neubau zu setzen, greift regelmäßig zu kurz.
Neubauten können dem Risiko, zum Stranded Asset zu werden, bereits in der Konzeptionsphase entgegenwirken. Raumstrukturen sollten flexibel gedacht, zukünftige Umnutzungen früh mitgeplant und zukunftsträchtige Baustoffe eingesetzt werden. Die Immobilie muss sich breit aufstellen, um die unterschiedlichsten Anforderungen der Nutzer abzudecken. Der Lebenszyklus der Immobilie endet nicht mit dem Einzug des ersten Ankermieters.
Zum Schluss ein Perspektivwechsel: Menschen verbringen rund 90 Prozent ihrer Zeit in Innenräumen – mehr als manche Walart unter Wasser. Auch wenn diese Zahl mit einem Augenzwinkern zu lesen ist, verdeutlicht sie die Bedeutung von physischen Räumen. Die Relevanz des Büros als zentraler Arbeitsort bleibt hoch. Doch es braucht ein Umdenken: Flexibilität und Immobilie sind keine Gegensätze, sondern ein Erfolgsduo.