Sein Motto lautet: „Für immer aufgeräumt“. Jürgen Kurz ist ein Profi, was Büro-Organisation betrifft. Im Interview verrät der Buchautor und Fachmann für klare Strukturen am Arbeitsplatz, wie eine effektive Zusammenarbeit mit Kollegen im digitalen Zeitalter richtig funktioniert.
OFFICE ROXX: Herr Kurz, was unterscheidet Büroarbeitsplätze von heute von Arbeitsplätzen rund um die Jahrtausendwende?
Jürgen Kurz: Die heutigen Büroräume sind immer flexibler geworden. Der klassische Schreibtisch, an dem ein Mitarbeiter die nächsten 20 Jahre verbringen wird, ist immer seltener anzutreffen. Ein Mitarbeiter hat in der heutigen Zeit unter Umständen gar keinen eigenen Arbeitsplatz mehr, sondern wechselt diesen eventuell mehrfach am Tag.
Büroräume sind mehr und mehr für unterschiedliche Arbeitssituationen ausgelegt. Das Großraumflair mit zahlreichen Arbeitsplätzen ergänzen Meeting- und Brainstorming-Räume. Je nach Anforderungen der Arbeitssituation sind diese Räume entsprechend eingerichtet, heißt: Der Besprechungsraum ist für Videomeetings mit einem großen Flatscreen, einer 360-Grad-Kamera und einem Soundsystem mit Mikrofon ausgestattet. Im Raum für kreatives Arbeiten hingegen finden sich ein großes Whiteboard, eine Couch sowie eine Vielzahl an Stiften und anderen Arbeitsmaterialien.
Darüber hinaus ist es heute innerhalb des Büros möglich, sich mit seinem Notebook – egal ob am Schreibtisch oder im Besprechungsraum – in wenigen Sekunden einzuloggen und somit direkten Zugriff auf all seine Dateien zu haben. Papierunterlagen werden meist nur noch dort aufbewahrt, wo sie benötigt werden. Dass hierfür Ordnung im Büro herrschen muss und volle Schreibtische diese Form der Arbeit unmöglich machen, ist, denke ich, selbsterklärend.
Aber es gibt noch weitere Unterschiede. So ist der Wunsch nach Gesundheit in der heutige Zeit gewachsen. Höhenverstellbare Schreibtische und andere ergonomische Büro-Utensilien werden langsam zum Standard. Und dank des technischen Fortschritts werden ausgedruckte Unterlagen auf Papier immer unwichtiger. Es wird weniger Platz im Büro für die Ablage und Ähnliches benötigt, denn immer häufiger wird digital archiviert.
Und zu guter Letzt ist das Thema Home-Office aktueller denn je. Zur Jahrtausendwende wurde zum ersten Mal das „Von-Zuhause-aus-Arbeiten“ populär. Bedingt durch die Corona-Pandemie hat das Home-Office einen enormen Schub erfahren.
Was sind die größten Hindernisse für effizientes Arbeiten im modernen Büroarbeitsalltag?
Modernes, agiles und flexibles Arbeiten im Büro und vor allem im Team kann nur dann funktionieren, wenn es klare Spielregeln zur Dateiablage und zur Kommunikation gibt. In einer gemeinsamen Studie mit der AKAD-Hochschule Leipzig haben wir herausgefunden, dass es verschiedene Faktoren gibt, die ineffizientes Arbeiten begünstigen: mangelnde Konzentration, Ablenkung sowie unzureichende Arbeitsorganisation.
Unwichtige Anrufe oder das Warten auf Kollegen sowie Entscheidungen von Vorgesetzen unterbrechen immer wieder den konzentrierten Arbeitsfluss. Aber auch das Suchen nach digitalen Dateien, Bildern oder Kontaktdaten sowie nach Unterlagen und Akten kostet Arbeitszeit – laut der Studie gut eine Stunde pro Tag. Enorm viel Zeit geht ebenfalls durch ineffiziente Kommunikation wie durch das doppelte Lesen von E-Mails oder unklare Absprachen verloren, aber auch durch falsches oder gar kein Priorisieren der eigenen Aufgaben.
Wie gelangt man zu mehr Effizienz und weniger Stress?
Stress entsteht durch fehlende Klarheit und Überforderung. Überforderung tritt dann ein, wenn es unmöglich scheint, alle Aufgaben zu erledigen. Daher bildet ein durchdachter Workflow die Grundlage für effizientes Arbeiten. Gerade weil man nicht alle Aufgaben erledigen kann, sollte man sich auf die wichtigen Dinge konzentrieren, die eine langfristige und positive Veränderung bewirken.
Eine extrem feine Priorisierung kann aber nicht das Ziel sein. Dann wird nachher mehr Zeit mit dem Priorisieren verbracht als mit dem wirklichen Erledigen der Aufgaben. Und in der Zwischenzeit haben sich Dringlichkeit oder Bedeutung der Aufgaben wieder geändert, sodass eine erneute Priorisierung notwendig würde. Deshalb sollten Sie sich fragen: Was ist die eine Sache, die mich jetzt am Weitetesten nach vorne bringt? Dann erledigen Sie diese Aufgabe und stellen sich die gleiche Frage erneut. Und ebenfalls enorm wichtig ist: Auch mal Nein sagen – zu irrelevanten Aufgaben.
Wie bekommen wir unsere digitale Welt dauerhaft in den Griff?
Die Prinzipien des effizienten Arbeitens müssen von jedem verinnerlicht werden. Daher braucht es ein System, an das sich jeder hält und es benötigt Selbstorganisation. Jeder Mitarbeiter sollte seinen eigenen Workflow finden und das idealerweise unter Beachtung des Prinzips des digitalen Minimalismus.
Welche digitalen Tools helfen, den Büroalltag besser zu organisieren?
Für erfolgreiches Selbstmanagement sind tatsächlich nur fünf Programme notwendig, die jedem im Büroalltag geläufig seien sollten:
- Outlook zur E-Mail Verarbeitung und Termin- und Aufgabenplanung,
- One-Note als persönliches Notizbuch,
- One-Drive als persönliche Dateiablage sowie als Transferordner für Externe,
- Share-Point für die gemeinsame Dateiablage und
- Teams zur internen Kommunikation und Projektplanung.
Da sich Selbstmanagement und Teammanagement nicht immer strikt trennen lassen, müssen beispielsweise bestimmte Dateien, an denen mehrere Leute arbeiten, für alle zugänglich sein. Die Welt von Microsoft 365 ermöglicht einen in sich schlüssigen Workflow. Die einzelnen Programme lassen sich miteinander verknüpfen. Genau das muss das Ziel sein. Die Aufgaben mit den Terminen, der Ablage und der Wiedervorlage so zu verknüpfen, dass alles zusammenspielt. Damit zündet man einen neuen Effizienzturbo. Sobald dieser Workflow einmal klar definiert ist, läuft die Selbstorganisation quasi wie von selbst.
Dennoch gilt: Das eine Tool oder die eine Methode für mehr Effizienz im Arbeitsalltag gibt nicht. Viele Tools und Methoden können helfen, uns besser zu organisieren. Prinzipien und ein durchdachter Workflow sind es, auf was es am Ende ankommt. Ob jetzt Planner, Asana oder Trello für die Visualisierung der anstehenden Aufgaben genutzt wird, ist eher zweitrangig.
Wie funktioniert effizientes Teammanagement im digitalen Zeitalter?
Grundlage für ein effizientes Teammanagement ist ein funktionierendes Selbstmanagement der Teammitglieder und klar definierte Spielregeln bei der Kommunikation und der Dateiablage. Für die Zusammenarbeit in Projektteams eignet sich aus meiner Sicht insbesondere Microsoft Teams hervorragend, weil dort alles unter einer Oberfläche beheimatet ist. Sowohl die Kommunikation als auch die Dateiablage und Projektplanung erfolgen mit einer einzigen Anwendung. Dennoch sollten für eine effiziente Teamarbeit mit dem Kommunikationstool bestimmte Regeln definiert und von jedem beachtet werden, so zum Beispiel: Wer in der Gruppenkommunikation direkt benannt wird, muss die Nachricht lesen; wer nicht erwähnt wird, kann sie lesen. Chats werden ausschließlich für die Kommunikation zu zweit genutzt. Kanäle nur, wenn es mehrere Menschen betrifft. Darüber hinaus gilt für die Dateiablage im Team: Persönliche Dokumente gehören in One-Drive, gemeinsame Dateien gehören in Share-Point.
Wie können wir uns selbst besser organisieren?
Das ist eine der wichtigsten Fragen. Zu oft wird die Frage gestellt, wie man das Team besser organisieren kann, bevor man seine Selbstorganisation in den Griff bekommen hat. Dabei ist eine funktionierende Selbstorganisation der Grundstein für erfolgreiches Zusammenarbeiten im Team.
Dann bleibt die Frage, wo fängt man an? Ein guter Startpunkt ist oft das eigene E-Mail-Postfach. Um von einem leeren Posteingang zu profitieren, muss jeder eigentlich nur eins tun: E-Mails verarbeiten, statt nur sichten. Hierfür empfehle ich eine Fünf-Schritte-Strategie:
- Löschen: E-Mails, die nicht benötigt werden, kommen sofort in den Papierkorb.
- Weiterleiten: E-Mails, für die jemand anderes zuständig ist, werden direkt an diese Person weitergeleitet.
- Archivieren: E-Mails, die nur Informationen enthalten, werden archiviert.
- Die Fünf-Minuten-Regel: E-Mails, die innerhalb von fünf Minuten zu bearbeiten sind, werden sofort erledigt.
- Terminieren: Alle übrigen E-Mails werden terminiert oder in eine Aufgabe umgewandelt.
Hierbei gilt der einfach Satz: Geben Sie Dingen eine Heimat. Definieren Sie klare Ablageorte – sowohl analog als auch digital.
Das digitale Arbeiten macht vieles leichter. Dennoch müssen Sie nicht komplett digital werden. Gut ist, was Ihnen gut tut. Wenn Sie sich Notizen lieber analog machen, ist das vollkommen in Ordnung. Stellen Sie aber sicher, dass auch dann alle darauf Zugriff haben, die ihn benötigen.
Vielen Dank.
Die Fragen stellte Christian Marx
BUCHTIPP:
Jürgen Kurz, Patrick Kurz, Marcel Miller: Erfolgreich digital zusammen arbeiten: Effiziente Teamarbeit mit Microsoft 365, GABAL, 252 S., 24,90 €. |