Die Bürowelt durchlebt derzeit einen radikalen Wandel. Michael O. Schmutzer, Gründer und CEO des Corporate-Coworking-Anbieters Design Offices, kommentiert die Zeitenwende.
Immer mehr Großunternehmen sowie Mittelständler erkennen die Notwendigkeit, alte Muster, Strukturen und Gewohnheiten zu überwinden, um kreativ, innovativ und damit wettbewerbsfähig zu bleiben. Zusammengefasst unter dem Begriff New Work, verstehen wir diesen Wandel als Zusammenspiel von Menschen, Technologie, Mindset und Workspace.
Auf der Zukunft Personal, Europas größter HR-Messe in Köln, hatte ich 2019 die Gelegenheit, mich mit drei weiteren New Work-Experten über die unterschiedlichen Facetten der digitalen Transformation auszutauschen: Christina Burkhardt, Gründerin und CEO der SHIFTSCHOOL über Führungskräfte als Vorbilder, Christoph Magnussen, Gründer und CEO von Blackboat und bekannt aus dem Podcast „On The Way to New Work“ über Selbstbestimmung, und Andrea Kahlenberg, Managing Director bei Kienbaum, über den Change-Prozess. Wir haben darüber diskutiert, wie die Arbeits- und Lernumgebungen von morgen aussehen können und sollen. Dabei brachten wir sehr unterschiedliche, aber gleichermaßen wichtige Perspektiven mit vielen praktischen Tipps zusammen.
Ganzheitliche Veränderungen brauchen Zeit
In einem Punkt waren wir uns trotz der unterschiedlichen Perspektiven einig: Das Arbeiten in einem Unternehmen zu verändern, bedeutet nicht, einzelne Schreibtische umzustellen, Arbeitsplätze zu modernisieren oder ein neues Tool einzuführen. Statt einzelner Maßnahmen braucht es ein ganzheitliches Verständnis von Neuem Arbeiten innerhalb einer Organisation.
Für den ersten Schritt hält es Andrea beispielsweise für essenziell, dass Unternehmen zunächst definieren, was sie unter New Work verstehen, und wie sie damit ihre Unternehmensziele erreichen können. Sobald sie eine Vision entwickelt haben, müssen sie sicherstellen, dass jeder Mitarbeiter diese auch versteht. „Das ist zweifelsohne ein zeitintensiver Prozess. Dafür reicht ein Zwei-Tages-Workshop nicht aus. Veränderung ist ein langer Prozess, für den es keine Abkürzung gibt“, so Andrea. Da kann ich ihr nur zustimmen! Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Change-Prozess häufig von außen nach innen begonnen wird. Das ist mehr Schein als Sein. In dem Fall sehe ich es als Aufgabe, Verständnis dafür zu schaffen, dass grundlegende Veränderungen nicht von heute auf morgen umgesetzt werden können, sondern Aufklärung und Arbeit bedeuten.
Zwischen maximaler Freiheit und Überforderung
Ich bin fest davon überzeugt, dass Arbeit selbstbestimmt sein muss. Jeder entscheidet selbst, wie er oder sie arbeiten möchte. Das beginnt bei der Wahl des Arbeitgebers und geht bis zur Arbeitszeit, dem Umfeld und der Art und Weise, wie man arbeiten möchte. Diese Selbstbestimmung darf in einem zunehmend mobilen Arbeitsalltag, in dem die Übergänge zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen, nicht verloren gehen. Deshalb ist es eine große Herausforderung, funktionierende Strukturen zu etablieren.
Christoph hat bereits mit zahlreichen Unternehmen, die die digitale Transformation mitgestalten, zusammengearbeitet und sieht die Lösung vor allem in der Verbindung von Sicherheit und Freiheit: „Die meisten brauchen neben Struktur auch Sicherheit und sind schnell überfordert, wenn sie zu viele Freiheiten bekommen. Erst wenn durch eine Vision gewisse Spielregeln und Ziele feststehen, fühlen sich Mitarbeiter wirklich sicher und trauen sich auch mehr Selbstständigkeit zu.“
Führungskräfte müssen Vorbilder sein
In ihrer Akademie für digitale Transformation, der SHIFTSCHOOL, stattet Christina Führungskräfte mit den notwendigen Skills und dem richtigen Mindset aus, um die digitale Welt erfolgreich mitzugestalten. Denn es ist wichtig, dass Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen. „Eine umfassende Veränderung muss von oben gewollt sein und vorgelebt werden, um jeden einzelnen Mitarbeiter zu motivieren “, sagt sie. Andere nach ihren Erfahrungswerten zu fragen, kann ebenso weiterhelfen: „Kenne ich Führungskräfte, die schon einmal Veränderungsprozesse eingeführt haben? Was waren dort die Fallstricke? Man muss nicht alles selbst wissen, aber man kann um Hilfe fragen und das auf sich selbst übertragen.“
Glücklicherweise befreien sich immer mehr Führungskräfte von veralteten Vorstellungen und entdecken das Potenzial von New Work. Doch im Zusammenspiel von Mensch, Technologie und Mindset spielt auch das Thema Workspace eine wichtige Rolle. Häufig ist es für Unternehmen schwierig, in den eigenen vier Wänden neu zu denken. Disruptive Veränderungen werden oft erst mit einem gewissen Abstand zu eingestaubten Mustern und Routinen möglich. Daher kann ein externer Ort für die ersten Versuche mit agilen Arbeitsmethoden und moderner Zusammenarbeit hilfreich sein.
Neue Arbeit und neues Denken in neuen Räumen
Während das große Eckbüro mit Vorzimmer lange Zeit als erstrebenswertes Statussymbol galt, muss das Büro von heute zu den vielfältigen Aufgaben moderner Wissensarbeit passen. Unternehmen, die das erkannt haben, suchen nach einer Möglichkeit, ihren Mitarbeitern ein solches Arbeitsumfeld zu bieten. Besonders Industrie und Mittelständler stehen häufig vor der Herausforderung, dass sie diese Vielfalt und Flexibilität in ihren eigenen Räumlichkeiten nicht abbilden können. Ein Lösungsansatz: Corporate Coworking.
Michael O. Schmutzer,
Gründer & CEO von Design Offices. |