Viel ist spekuliert worden, seitdem die Cebit im letzten Jahr verkündet hatte, ganz anders sein zu wollen. Im warmen Juni. Im Freien. Mit viel Party und viel jüngerem Publikum. Wird das funktionieren? Wer stellt da aus? Wer geht da hin? Sebastian Klöß und Robert Nehring waren vor Ort und haben nach Neuigkeiten fürs Büro gesucht.
Im vergangenen Jahr war die Cebit eine Messe im „Wisst ihr noch, wie es früher war?“-Modus. Hersteller wie Besucher schwelgten in Erinnerungen an bessere Zeiten der Cebit, in denen mehr Aussteller mehr Besuchern mehr Neuheiten gezeigt hatten. Tatsächlich waren die Besucherzahlen binnen zehn Jahren auf ein Drittel geschrumpft. Während die Cebit im Jahr 2001 830.000 und 2008 noch 495.000 Besucher angezogen hatte, kamen 2017 nur noch 200.000.
Jünger – aber auch Leads?
In diesem Jahr befand sich die Cebit im „Schau‘n mer mal“-Modus. Viele traditionelle Aussteller waren nur als Beobachter vor Ort, andere nur pro forma mit kleinem Tisch und Display an einem der zahlreichen Partnerstände vertreten. Das reichte immerhin für eine Auflistung im Ausstellerverzeichnis.
Die Mutigeren nutzten den Neuanfang der Cebit häufig, um die eigene Messepräsenz aufzufrischen. Durch die neuen Platzzuweisungen wurden sie auch ein bisschen dazu gezwungen. Nicht alle, aber doch einige Stände kamen offener, attraktiver und cooler daher. Passend zu einem Publikum, das deutlich krawattenfreier war als bei früheren Cebits, gelegentlich auch jünger. Ob es die von der Cebit erhofften Start-upler und jungen Entrepreneure waren oder doch eher von der Cebit-Werbung Angezogene auf der Suche nach dem Festival – und zur Not auch nach Kulis, Keksen und weiteren Goodies? Schwer zu sagen, für die Entwicklung der Cebit aber wohl entscheidend. Denn auch diejenigen von uns besuchten Aussteller, denen der neue Auftritt der Messe durchaus gefiel, gaben offen zu, am Ende die generierten Leads zu zählen. Diese sind für ihre Entscheidung, auch im nächsten Jahr wieder auszustellen, dann doch wichtiger als Jan Delay und Mando Diao. Da war es wieder, das „Schau‘n mer mal“.
Geschaut, und zwar etwas verdutzt, haben manche der traditionellen Aussteller gleich am ersten Cebit-Tag, der sich „Take-off Monday“ nannte, an dem es aber noch nicht so richtig losging. Zumindest nicht mit Messe, sondern nur mit Konferenzen, was bedeutete, dass die Messehallen geschlossen blieben. Nicht jedem, der seine Produkte und Lösungen zeigen wollte, am Montag aber nicht durfte, war das bewusst gewesen.
Riesenrad und freie Flächen
Ein Grund, aus dem die Cebit vom März in den Juni verlegt wurde, waren die Freiflächen. Die Cebit-Organisatoren meinten damit jene neben dem beeindruckenden Expo-Dach. Diese Fläche, die während früherer Cebits zugig, leer und kalt war, wurde diesmal attraktiv bespielt. Ein Riesenrad drehte sich dort, zahlreiche Food-Trucks boten Essen aus der ganzen Welt. Man konnte sogar auf einer echten Welle surfen. Hier stand die große Konzertbühne, hier kam tatsächlich ein gewisses Festivalflair auf.
Daneben gab es allerdings noch andere Freiflächen, nämlich in den Hallen. Zwar kaschiert durch ausladende Chill-out-Areas mit Stühlen, Bänken, Tischen, Sitzsäcken und toll zum Ausruhen. Aber eben doch vorhanden und weniger toll für die Messe, die an ihnen nichts verdient. Wachstumspotenzial hat die neue Cebit somit noch. Auch in den rund ein Dutzend Hallen des Messegeländes in Hannover, die dieses Jahr komplett leer standen. Schau‘n mer mal, ob einige der früheren Aussteller, die es in diesem Jahr aussetzten, im kommenden Jahr auf einer der freien Flächen zu sehen sein werden.
Unser Cebit-Fazit
Die Messe hat sich grundlegend verändert. Sie hat einen mutigen Neuanfang hingelegt. Ob das Konzept aufgegangen ist, Festival und Business zu kreuzen, wird sich spätestens bei den Anbuchungen zum nächsten Mal zeigen, wenn die Cebit 2019 vom 24. bis 28. Juni noch später stattfinden soll. Eine Herausforderung wird auch sein, die vielen unterschiedlichen Bereiche unter einen Hut zu bekommen, die es diesmal gab: Business und Consumer, Smart Home und Blockchain usw. Start-up-Feeling mit Europaletten-Möbeln, Tischtennisplatten und lauter Musik wird wahrscheinlich nicht reichen als überzeugende Klammer.
Die Cebit wird sich wahrscheinlich immer mehr um KI und Blockchain drehen, um IoT, Roboter, 5G, VR/AR, Drohnen, Smart Home, Consumer Electronics, um Systemtechnik und Spezialsoftware. Alles spannende Sachen. Leider haben sie mit Büroarbeit im engeren Sinne kaum etwas zu tun. Aus unserer Sicht hat sich die Cebit – das Akronym stand einmal für Centrum der Büro- und Informationstechnik – nun erst einmal aus dem Kreis der Büromessen verabschiedet. Schau‘n mer mal, ob es dabei bleiben wird.
Was wir in diesem Jahr dennoch an Neuem und Interessantem für Büros gefunden haben, finden Sie oben in unserer Bildergalerie.
Nachtrag: Kurz nach Erstveröffentlichung dieses Posts hat die Cebit eine erfolgreiche Premiere mit 120.000 Besuchern vermeldet.