Wenn Unternehmen neue Mitarbeiter einstellen, merken sie zuweilen nach einiger Zeit: Der Neue ist doch nicht der Top-Kandidat. Also trennen sich die Wege wieder. Personalauswahlexpertin Christina Seitter gibt Tipps, wie sich solche Pannen vermeiden lassen.
Tipp 1 zur Personalauswahl: Nicht nur Fachkompetenz zählt
Oft wird bei der Auswahl neuer Mitarbeiter fast ausschließlich auf deren fachliche Qualifikation geachtet, da sich diese anhand der (Arbeits-)Zeugnisse und der Herausforderungen, die der Kandidat bisher bewältigte, relativ leicht bewerten lässt. Anders ist dies bei Faktoren wie: Findet der Bewerber einen Draht zu den Kunden, Mitarbeitern oder Lieferanten des Unternehmens? Oder: Hat er ein Gespür für die Notwendigkeiten in der Organisation? Dies zu ermitteln, erfordert Zeit und Energie. Doch die Mühe lohnt sich, denkt man an die Kosten einer Fehlbesetzung. Investieren Sie als Personalverantwortlicher also ausreichend Zeit in die Personalauswahl. Dieser Prozess beginnt beim Formulieren der Anforderungen an den Neuen. Sagen Sie zum Beispiel nicht: „Ist doch klar, was ein Vertriebsleiter können muss.“ Überlegen Sie vielmehr: Was muss der Vertriebsleiter in unserem Betrieb konkret leisten?
Tipp 2 zur Personalauswahl: Anforderungsprofil erstellen
Ermitteln Sie im Vorfeld genau, welche Anforderungen der Neue erfüllen muss – zum Beispiel, indem Sie den bisherigen Stelleninhaber befragen. Fragen Sie sich auch: Wodurch unterscheidet sich der ideale Stelleninhaber vom Kandidaten, den Sie keinesfalls einstellen möchten? Delegiert der Wunschkandidat zum Beispiel viele Aufgaben, während der andere das meiste selbst erledigt? Hat die Traumbesetzung Spaß am Kundenkontakt, während sich ihr Pendant vor Kundengesprächen drückt? Berücksichtigen Sie beim Formulieren des Anforderungsprofils auch die künftigen Anforderungen.
Tipp 3 zur Personalauswahl: Gesprächsleitfaden erstellen
Leiten Sie aus dem Anforderungsprofil einen Interviewleitfaden für alle Auswahlgespräche ab. Ein solches Strukturieren und weitgehendes Standardisieren der Gespräche stellt sicher, dass Sie am Schluss die Bewerberprofile gut vergleichen können, weil alle Bewerber dieselben Kernfragen beantwortet haben. Außerdem tappen Sie seltener in die Falle, dass ein rhetorisch fitter Bewerber das Gespräch führt und Sie danach feststellen: Verflucht, das habe ich nicht gefragt.
Tipp 4 zur Personalauswahl: Bewerbern Aufgaben geben
Stellen Sie den Kandidaten zudem Aufgaben, die typisch für Ihr Unternehmen oder die vakante Position sind. Zum Beispiel: Stellen Sie sich vor, nächste Woche ist eine wichtige Messe, Ihr Exponat ist aber noch nicht fertig. Was würden Sie tun? Durch solche Fragen erfahren Sie, wie die Bewerber Problemstellungen lösen würden. Stellen Sie den Bewerbern zudem aktuelle Aufgaben, vor denen das Unternehmen steht. Zum Beispiel: Wir möchten ein neues CRM-System einführen. Wie würden Sie das angehen?
Tipp 5 zur Personalauswahl: Gesprächsführung trainieren
Untrainierte Führungskräfte erzählen in Personalauswahlgesprächen oft mehr über sich und ihr Unternehmen, als dass sie fragen. Außerdem stellen sie den Bewerbern viele Fragen, die diese mit Ja oder Nein beantworten können, sodass sie selbst wenig erfahren. Deshalb sollten ungeübte Interviewer die Gesprächsführung trainieren.
Tipp 6 zur Personalauswahl: Gespräch nie alleine führen
Ziehen Sie zu den Gesprächen mindestens einen Kollegen hinzu. Dann kann die Person, die gerade nicht das Gespräch führt, Stichworte notieren und auf die nonverbalen Botschaften des Bewerbers achten, die oft aussagekräftiger sind als die verbalen.
Tipp 7 zur Personalauswahl: Gespräche nachbereiten
Wichtig ist auch eine sorgfältige Nachbereitung. Ergänzen Sie nach jedem Gespräch Ihre Notizen. Und stellen Sie nach den Auswahlgesprächen die Ergebnisse so zusammen, dass Sie die Bewerberprofile gut mit dem Anforderungsprofil vergleichen können. Erstellen Sie vor Ihrer Auswahlentscheidung ein Ranking der besten Bewerber. Dann haben Sie Alternativen parat, wenn Ihr Wunschkandidat absagt.
Tipp 8 zur Personalauswahl: Verstand und Bauchgefühl
Sprechen Sie beim Erstellen des Rankings mit Ihren Kollegen auch darüber, warum Sie beim Bewerber A, obwohl er formal alle Kriterien erfüllt, ein eher schlechtes Gefühl haben; außerdem beim Bewerber B den Eindruck, er könne der bessere Mitarbeiter sein, obwohl er einzelne Anforderungen nicht ganz erfüllt. Denn in den Auswahlgesprächen versucht sich jeder Bewerber möglichst positiv zu verkaufen. Hören Sie deshalb auch auf Ihren Bauch, wenn er Ihnen sagt: Dieser Bewerber ist es trotz aller Vorzüge nicht – jedoch nie ohne sich zuvor zu fragen: Warum sträuben sich mir bei ihm die Nackenhaare? Sonst ist die Gefahr groß, dass Sie rein nach Sympathie entscheiden – was zu den meisten Fehlbesetzungen führt.
Christina Seitter, Trainerin und Beraterin, Managementberatung Müllerschön |