Einige Forderungen aus dem Entwurf zur neuen Arbeitsstättenverordnung haben für viel Unmut gesorgt. Ursprünglich sollte zum Beispiel in jede Toilette ein Fenster eingebaut werden. Die Verordnung wurde nun mit Nachbesserungen umgesetzt. Dr. Robert Nehring hat sie sich in Bezug auf die Büroarbeit einmal näher angesehen.
Am 3. Dezember 2016 ist die umstrittene neue Arbeitsstättenverordnung in Kraft getreten. Sie dient „der Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten.“ Mit ihr wurde die bisherige Bildschirmarbeitsverordnung außer Kraft gesetzt. Deren Inhalte sind in die Arbeitsstättenverordnung integriert worden.
Arbeitsstättenverordnung um den Telearbeitsplatz ergänzt
Erstmals wird in der Arbeitsstättenverordnung nun der Telearbeitsplatz definiert: „Telearbeitsplätze sind vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist.“ (§ 2, Abs. 7)
Vor Inbetriebnahme eines (fest eingerichteten) Telearbeitsplatzes sind einmalig eine Gefährdungsbeurteilung und eine Unterweisung durchzuführen. Eine nur gelegentliche Home-Office-Nutzung sowie mobile Büroarbeit wurden von der Regelung ausgenommen.
Gute Sicht ist nun noch wichtiger
In Gefährdungsbeurteilungen müssen laut § 3 künftig auch psychische Belastungen erfasst werden – egal ob im Betrieb oder zu Hause gearbeitet wird. Zudem sind „insbesondere die Belastungen der Augen oder die Gefährdung des Sehvermögens der Beschäftigten zu berücksichtigen.“
Der Anhang der Arbeitsstättenverordnung erhält dann „Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten“. Hier ist unter anderem zu lesen, dass von der ursprünglichen Forderung nach einem Spind für jeden Beschäftigten abgerückt wurde. Sofern kein Umkleideraum zur Verfügung steht, müssen Betriebe nur noch für eine Kleiderablage sorgen (3.3).
Stark zurückgenommen wurde ebenfalls die einstige Forderung nach ausreichend Tageslicht und einer unbedingten Sichtverbindung nach außen. Die Forderung bleibt zwar bestehen. Es gibt nun aber eine Vielzahl von Ausnahmen, etwa für Wasch- und Sanitätsräume. Außerdem wurde ein Bestandsschutz für schon bestehende Gebäude festgeschrieben (3.4).
Antwort auf die Diskussion um die Möglichkeit von Unisex-Toiletten liefert Punkt 4.1 (1): „Toilettenräume sind für Männer und Frauen getrennt einzurichten oder es ist eine getrennte Nutzung zu ermöglichen.“
Die integrierte Bildschirmarbeitsverordnung
Punkt 6 enthält die aus der Bildschirmarbeitsverordnung bekannten „Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen“. Darunter zum Beispiel in 6.1:
„(4) Die Bildschirmgeräte sind so aufzustellen und zu betreiben, dass die Oberflächen frei von störenden Reflexionen und Blendungen sind. […]
(7) Auf Wunsch der Beschäftigten hat der Arbeitgeber eine Fußstütze und einen Manuskripthalter zur Verfügung zu stellen, wenn eine ergonomisch günstige Arbeitshaltung auf andere Art und Weise nicht erreicht werden kann.“
In 6.2: „(2) Das auf dem Bildschirm dargestellte Bild muss flimmerfrei sein. Das Bild darf keine Verzerrungen aufweisen.“
Und in 6.3: „(2) Tastaturen müssen die folgenden Eigenschaften aufweisen:
- sie müssen vom Bildschirm getrennte Einheiten sein,
- sie müssen neigbar sein,
- die Oberflächen müssen reflexionsarm sein,
- die Form und der Anschlag der Tasten müssen den Arbeitsaufgaben angemessen sein und eine ergonomische Bedienung ermöglichen,
- die Beschriftung der Tasten muss sich vom Untergrund deutlich abheben und bei normaler Arbeitshaltung gut lesbar sein.“
Und ganz wichtig für Tablet-Fans wird es dann in 6.4:
„(2) Tragbare Bildschirmgeräte müssen
- über Bildschirme mit reflexionsarmen Oberflächen verfügen und
- so betrieben werden, dass der Bildschirm frei von störenden Reflexionen und Blendungen ist.
(3) Tragbare Bildschirmgeräte ohne Trennung zwischen Bildschirm und externem Eingabemittel (insbesondere Geräte ohne Tastatur) dürfen nur an Arbeitsplätzen betrieben werden, an denen die Geräte nur kurzzeitig verwendet werden oder an denen die Arbeitsaufgaben mit keinen anderen Bildschirmgeräten ausgeführt werden können.“
Webinar-TippAm 21. März findet ein Webinar zur neuen Arbeitsstättenverordnung statt. Unter dem Titel „Wie Sie in 7 Schritten aus der Pflicht der Umsetzung eine Kür für eine gesündere und lebenswertere Büroarbeit machen“ wird die Verordnung vom ISG Integrative Systemergonomie und Gesundheitsmanagement e. V. näher vorgestellt. |
Zum Wortlaut der Verordnung über Arbeitsstätten.