Wie wird Female Empowerment in den Unternehmen der Bürowirtschaft umgesetzt? Wir haben Frauen in Spitzenpositionen gefragt, welche Erfahrungen sie gemacht haben und welche Tipps sie weitergeben möchten.
Es braucht mehr weibliche Vorbilder in Führungspositionen, eine bessere Sichtbarkeit, starke Netzwerke und flexible Arbeitszeiten – das sind einige der zentralen Ergebnisse unserer Women-in-Business-Umfrage 2024 unter weiblichen Führungskräften der Bürowirtschaft. Uneinigkeit herrscht indes beim Thema Frauenquote.
Als Gründerinnen haben wir das Glück, unser nächstes Arbeitsumfeld selbst gestalten zu können. Wir genießen es, gleichberechtigt und auf Augenhöhe Loop zu führen, ein Team, in dem mehr Frauen als Männer arbeiten. In unseren Projekten machen wir die Erfahrung, dass diverse Teams stärker inhaltlich, ergebnisorientiert und pragmatisch agieren. Immer wieder erstaunlich finden wir, wenn wir erleben, dass Frauen gegeneinander arbeiten, sich nicht unterstützen, zu wenig netzwerken. Und so sind wir immer wieder erschrocken, wenn auf Veranstaltungen zwischen überwiegend Männern in dunkelblauen Anzügen mit weißen Turnschuhen nur wenige Frauen fast wie Farbtupfer sichtbar sind. Diese Branche ist so vielseitig, dass sie Vielfalt braucht. Um erfolgreich zu sein, haben wir die Erfahrung gemacht, ist es wichtig, Grenzen zu setzen, Erwartungen und Ziele klar zu kommunizieren und vor allem sich nicht einreden zu lassen, wie frau zu sein hat.“
Dr. Sandra Breuer (li.) und Dr. Laura Kienbaum,
Geschäftsführende Gesellschafterinnen,
loop - creating places.
Frauen sind in Spitzenpositionen der Bürowirtschaft – wie generell in unserer Unternehmerlandschaft – eher unterrepräsentiert. Das liegt an einer Kombination aus kulturellen und strukturellen Faktoren. Und ja, auch immer noch an historisch gewachsenen Rollenbildern, die Frauen eher in operative, ausführende Positionen als in die Führungsetage verbannen, und an unbewussten Vorurteilen, die immer noch in den Köpfen vieler Entscheidungsträger herumspuken. Stellen Sie sich vor, die Wirtschaftswelt wäre ein antiker griechischer Tempel. Frauen standen oft draußen, bewundert für ihre Schönheit, aber selten als die Architektinnen anerkannt, die sie sein könnten. Es mangelt an weiblichen Vorbildern und Netzwerken, die Frauen wie die Säulen dieses Tempels stützen könnten. Ohne Mentoring, ein funktionierendes Betreuungsnetz und flexible Arbeitszeiten ist es für Frauen immer noch herausfordernd, Führungspositionen zu bekleiden. Unabhängig davon, wie beeindruckend ihre Fähigkeiten und Talente sind. Bei Brückner Architekten und den Brücknerinnen setzen wir auf ein inklusives Arbeitsumfeld, das Frauen in allen Karrierephasen unterstützt.“
Susanne Brückner,
CEO,
Brückner Architekten.
Für Palmberg spielt das Geschlecht bei der Stellenvergabe keine Rolle. Keine Frau möchte eine Position erhalten, nur weil eine Frauenquote erfüllt werden muss. Entscheidend sind für uns die Qualifikationen. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen ist bei Palmberg in den Führungspositionen sehr ausgeglichen. Insgesamt ist die Frauenquote allerdings noch sehr gering, da wir ein produktionsorientiertes Unternehmen sind. Aber auch hier steigt der Frauenanteil stetig. Möglich machen das unsere immer ergonomischer werdenden Produktionsarbeitsplätze. So werden die Mitarbeiter:innen körperlich nicht mehr so stark belastet. Zusätzlich begegnen wir dem Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit flexiblen Arbeitszeiten und Homeoffice im Verwaltungsbereich. Dies hilft den Müttern, aber auch den Vätern. Allerdings stelle ich auf Netzwerktreffen mit anderen Unternehmen, Vereinen und Verbänden fest, dass Frauen dort noch immer sehr wenig vertreten sind. Von daher wäre es wichtig, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten. Flächendeckende Betreuungsmöglichkeiten mit vernünftigen Ganztagsbetreuungszeiten würden die Karrierechancen aller stark fördern.“
Nicole Eggert,
Geschäftsführerin,
Palmberg.
Es gibt zu wenige Frauen in Spitzenpositionen. Dies gilt für die Bürowirtschaft und für die gesamte deutsche Wirtschaft, insbesondere für den Mittelstand. Damit bleiben, auch im Vergleich mit anderen Ländern, große Potenziale ungenutzt. Die Ursachen dafür sind vielfältig und nicht nur mit den oft diskutierten Rahmenbedingungen wie mangelnder Kinderbetreuung, sondern in Teilen auch gesellschaftlich zu erklären. Wir als Unternehmen können und wollen es uns nicht leisten, das Potenzial vieler gut ausgebildeter Frauen brachliegen zu lassen. Im Rahmen unserer Möglichkeiten versuchen wir so auf die Bedürfnisse von Familien mit Kindern einzugehen, dass für die Frauen Beruf und Familie vereinbar sind. Entscheidend sind für uns Qualifikation und Engagement. Also Können, aber auch Wollen. Eine Quote sehe ich skeptisch – wer möchte schon gerne eine Quotenfrau sein?“
Christina Fertig,
Prokuristin,
Brune.
Die Repräsentanz von Frauen in Spitzenpositionen ist für mich von zentraler Bedeutung für die Schaffung einer harmonischen und produktiven Arbeitswelt. Die Stärken, die Frauen in das Berufsleben einbringen – wie Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Mentoring und Teamarbeit – sind oft entscheidende Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens. Mein persönlicher Tipp: sich selbst treu bleiben, an sich glauben, sich kontinuierlich weiterbilden und nicht von Rückschlägen entmutigen lassen. Dieses Mindset kann Frauen dabei helfen, sich in einer oft von Männern dominierten Arbeitswelt zu behaupten. Eine Frauenquote gibt es in unserem Unternehmen nicht, aber ich sehe den Wert darin, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Frauen in Führungspositionen zu bringen. Denn Vielfalt und Gleichberechtigung sind nicht nur moralisch richtig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Letztendlich geht es darum, dass Frauen die gleichen Chancen erhalten wie Männer und ihre Potenziale voll entfalten können – und das mit einer guten Work-Life-Balance. Unternehmen sollten Strukturen schaffen, die es Frauen ermöglichen, beide Bereiche zu meistern, ohne dabei Kompromisse eingehen zu müssen.“
Anke Franzke,
Geschäftsführerin,
Planobjekt.
Frauen sind überrepräsentiert im Büro und unterrepräsentiert in Meetingräumen. Sie leisten Großes, oft auf der operativen Ebene, sind hoch qualifiziert und werden trotzdem übersehen. Dadurch bleiben ihnen viel zu oft die wichtigen Türen zu Beförderungen, Fortbildungen, Talentförderung und Mentoringprogrammen verschlossen. Und das muss sich dringend ändern! Um aktiv mit anzupacken und wirklich etwas zu bewegen, ist die Allbright Stiftung eine meiner liebsten Partnerinnen in Crime und eine tolle Plattform für Input, Fakten und Empowerment. Hier vier ihrer tollen Tipps für Frauen: 1) Sag ja, wenn dir mehr Verantwortung angeboten wird; selbst wenn du nicht alle Punkte des Jobprofils erfüllst. 2) Trau dich, Dinge anders zu machen und eine neue Kultur zu etablieren. 3) Sei sichtbar und signalisiere anderen, dass es möglich ist – nimm an Panels teil, starte einen aktiven Linkedin-Kanal. 4) Bildet Banden! Suche Verbündete, sei Mentorin und befördere aktiv andere Frauen. Also: Seid laut, steht auf und geht voran. Ihr habt alles, was es dafür braucht, in euch! Und es fetzt! PS: Input für die männlichen Führungskräfte gibt es auch bei den Workshops der Allbright Akademie, zum Beispiel: Tools für inklusiveres Führen.“
Fränzi Kühne,
Chief Digital Officer,
Edding.
Selbstvertrauen und ein klares Ziel sind der Anfang für den beruflichen Erfolg. Dies gilt für alle Menschen. Traditionell gesehen war die männliche Führungsrolle ein gewohntes Bild und in vielen Teilen der Welt ist dies immer noch so. Besonders in unserer Branche gab es eine Handvoll Frauen, die in Familienunternehmen die Geschäfte weiterführten. Eine Quereinsteigerin an der Spitze eines Produktionsbetriebes für hochwertige Sitz- und Direktionsmöbel war in der Branche neu. Als ich vor circa zehn Jahren die Geschäftsführung von Spiegels übernahm, war dies Gegenstand vieler Gespräche. Meine Antwort auf die häufig gestellte Frage, wie Frauen in Führungspositionen Beruf und Privatleben miteinander vereinbaren, ist ganz einfach: so, wie es bei jedem Menschen gelingt – mal besser und mal weniger gut. Aber man/frau hat den Balance-Akt ja selbst in der Hand. Mittlerweile merken wir besonders in unserem Kundenkreis, wie viele Führungspositionen in Politik und Wirtschaft mit Frauen besetzt werden. Über dieses Thema zu sprechen ist der Anfang, etwas zu ändern. Auch die Frauenquote trägt dazu bei – bis das Thema irgendwann als Selbstverständlichkeit angesehen wird.“
Monika Lax,
Geschäftsführende Gesellschafterin,
Spiegels.
Obwohl sich in der Arbeitswelt viel bewegt, sind die Führungsetagen bisher überwiegend männlich geprägt. Dabei sind die Vorteile diverser Führungsteams vielfältig. Laut Studien sind diverse Teams innovativer und wirtschaftlich erfolgreicher. Trotzdem stockt die Umsetzung oft aufgrund tief verwurzelter Vorurteile und dem Festhalten an traditionellen Geschlechterrollen. Hinzu kommen mangelnde Vorbilder, Netzwerke sowie unzureichende Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie – zentrale Hindernisse. Wir brauchen mehr Vorbilder in der Wirtschaft. Vorbilder zeigen, dass Erfolg in Spitzenpositionen auch für Frauen erreichbar ist. Sie zeigen neue Wege auf, zeigen, dass Führung mit verschiedenen Rollen sowie Bedürfnissen kombinierbar ist. Vorbilder inspirieren, motivieren und geben Orientierung, was gesellschaftliche Normen und Rollenbilder verändert. Um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, müssen aber auch Unternehmen aktiv Diversität fördern und inklusive Kulturen schaffen. Das bedeutet zum Beispiel, flexible Arbeitsmodelle zu unterstützen, Netzwerke und Brücken zu bauen sowie transparente Kommunikation zu fördern.“
Annika Kühnle,
Geschäftsführung,
kühnle’waiko.
Ich arbeite seit 20 Jahren bei Nowy Styl und bin seit Beginn meiner Karriere im Customer Service tätig. Heute bin ich Vorstandsmitglied von Nowy Styl und stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Nowy Styl International sowie gleichzeitig die erste Frau in diesen Positionen in unserem Unternehmen – eine große Ehre für mich. Das Thema Frauen in der Wirtschaft wird immer häufiger diskutiert, aber ich würde mir wünschen, dass es im öffentlichen Diskurs noch präsenter wäre. Als Frau in einer der höchsten Positionen des Unternehmens fühle ich mich nicht diskriminiert und ich hatte das Glück, in der Vergangenheit nie diskriminiert worden zu sein. Ich habe immer gewusst, dass meine Stimme zählt, dass meine Kompetenz und meine Erfahrung zählen. Das wünsche ich mir für alle Frauen. Meine Arbeit ist zeitaufwendig und anspruchsvoll, deshalb ist es für mein Wohlbefinden wichtig, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben zu finden. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder: eine Tochter und zwei Söhne. Um das richtige Gleichgewicht zu halten und Abstand von der Arbeit zu gewinnen, versuche ich, so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie zu verbringen, am liebsten in der Natur.“
Malgorzata Naparlo,
Stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Customer Service Director,
Nowy Styl International.
Female Leadership – da geht noch was! Noch Anfang der 90er-Jahre, in meinen jungen Berufsjahren in der Büromöbelindustrie, wurde uns Frauen oft die Fähigkeit abgesprochen, in technikaffinen oder führenden, verantwortlichen Positionen erfolgreich zu sein. Das ist Geschichte. Denn es sind vielfach wir starken Frauen mit Weitblick, die als (Innen-)Architektinnen im Workplace-Consulting und der Büromöbelwirtschaft die Gestaltung von Arbeitswelten zum strategischen Gamechanger für Unternehmen haben werden lassen. So zum Beispiel Birgit Gebhardt als Trendexpertin, die den Blick klar in die Zukunft richtet, und Karla Aßmann, die eindrucksvoll zeigt, wie die junge Generation ein Traditionsunternehmen engagiert und innovativ zukunftsfit macht. Doch die Reise ist noch nicht am Ziel: Female Empowerment bedeutet, selbstbewusst Erfolge sichtbar zu machen und in starken Netzwerken andere dazu zu befähigen. So schaffen wir eine Arbeitswelt, in der alle ihre Potenziale entfalten können.“
Sandra Stüve,
Geschäftsleitung,
HCD.
Seit 20 Jahren arbeite ich bei der h&m Gutberlet GmbH (Kaweco) in Nürnberg, einem sehr vielfältigen Unternehmen. Frauen in Spitzenpositionen sind in der Bürowirtschaft oft unterrepräsentiert, was meist an strukturellen Barrieren und teils altmodischen Rollenbildern liegt. Eine Frau mit technischem Know-how? Kaum vorstellbar! Ohne die Unterstützung meiner Familie und die Flexibilität des Unternehmens hätte ich mich nicht so entwickeln können. Kinderbetreuung in Deutschland ist nach wie vor eine Herausforderung. In Zukunft sehe ich jedoch einen Anstieg von Frauen in Führungspositionen. Der anhaltende Fachkräftemangel und flexiblere Arbeitsmodelle bieten Frauen die Gelegenheit, ihr Können auf vielen Ebenen unter Beweis zu stellen. Bei Kaweco/Gutberlet sind Positionen an Fähigkeiten gebunden, nicht an Geschlechter. Obwohl wir keine feste Frauenquote haben, legen wir großen Wert auf eine ausgewogene Geschlechterverteilung. Mein Tipp: Baut euch ein starkes Netzwerk auf und bildet euch stetig weiter! Als Mutter von zwei Töchtern ist es mir wichtig, ein Vorbild für die Vereinbarkeit von Karriere und Familie zu sein.“
Sandra Tesar,
Managing Director,
Kaweco.
Schaue ich auf mein Netzwerk in der Office-Branche, gibt es deutlich weniger Frauen in Spitzenpositionen. Das liegt wahrscheinlich nicht an branchenspezifischen Gründen, sondern daran, dass überwiegend Frauen neben dem (Teilzeit-)Job familiäre Care-Arbeit leisten. Teilzeit wiederum scheint aktuell noch immer kein Arbeitsmodell für Spitzenpositionen zu sein. Um hier etwas zu bewegen, sollte es keine Frauenquote, sondern vielmehr familienfreundlichere Modelle und eine damit verbundene fördernde Haltung innerhalb der Unternehmenskultur geben. Ich konnte bisher meinen Weg gehen und bin dankbar, dass es immer wieder Menschen gab und gibt, die mich unterstützt und ermutigt haben – sowohl privat als auch beruflich. Um Job und Familie gut miteinander zu vereinbaren und beidem gerecht zu werden, braucht es Begeisterung und Leidenschaft für beides. Darüber hinaus gute Planung, Transparenz, Flexibilität und Gelassenheit. Denn manchmal gelingt die Vereinbarkeit eben auch nicht. Davon lasse ich mich aber nicht entmutigen. Das rate ich auch anderen Frauen: Bring dich ins Spiel, konzentriere dich auf deine Stärken, den Rest lernst du (zu delegieren).“
Julia Uherek,
Bereichsleiterin Consumer Goods Fairs,
Messe Frankfurt.
In vielen Kulturen und Gesellschaften gibt es immer noch tief verwurzelte Vorstellungen davon, welche Berufe und Positionen für Frauen und Männer ‚geeignet‘ sind. Diese Stereotype beeinflussen die Erwartungen und das Verhalten. Sie führen oft dazu, dass Frauen seltener für Führungspositionen in Betracht gezogen werden. Männer dominieren noch die informellen Netzwerke und Mentorenschaftsstrukturen, die für den beruflichen Aufstieg entscheidend sind. Frauen haben oft weniger Zugang zu diesen Netzwerken, was ihre Chancen auf Beförderungen und Spitzenpositionen verringert. Viele Frauen entscheiden sich gegen eine Karriere in der Führungsetage oder erfahren Nachteile, weil sie als weniger flexibel und verfügbar wahrgenommen werden. Studien haben gezeigt, dass Frauen oft härter arbeiten und bessere Leistungen erbringen müssen, um die gleichen Anerkennungen und Beförderungen wie ihre männlichen Kollegen zu erhalten. Ich finde es wichtig und richtig, dass die neue Generation von Frauen ganz klar sagt: ‚Wir fordern ein, dass das patriarchale Konzept abgelöst wird.‘ Sie erinnert unermüdlich daran, dass Frauen in deutschen Aufsichtsräten immer noch dramatisch unterrepräsentiert sind.“
Julia Wilkening-Martin,
Head of International Client Projects und Beiratsmitglied,
Wilkhahn.