Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will eine Homeoffice-Plicht durchsetzen, unabhängig von Corona. Doch ist ein Rechtsanspruch wirklich sinnvoll oder wirkt er sich vielmehr negativ auf Unternehmen aus? Der Unternehmensberater Tobias Zulauf nennt Gründe gegen eine Pflicht.
#1 Fehlender Austausch
Ein täglicher ungezwungener Austausch unter Kollegen ist im Homeoffice nur schwer zu bewerkstelligen. Dies liegt vor allem an der örtlichen Trennung. Kein Meeting über den Videostream kann das wieder ausgleichen, zumal in Videokonferenzen meist nur über die Arbeit und weniger über Privates gesprochen wird. Dabei wäre aber genau das erforderlich, um sich gegenseitig kennenzulernen. Im Homeoffice entsteht eher eine Atmosphäre von Kollegen, die alle auf sich allein gestellt sind und nur ihre Aufgaben abarbeiten.
#2 Schwindendes Vertrauen
Die Arbeit in Unternehmen besteht in großen Teilen aus Teamwork. Das wiederum erfordert Vertrauen und die Gewissheit, sich auf die anderen verlassen zu können. Um das zu erreichen, muss jedoch zuerst der bereits besprochene Austausch stattfinden. Das gegenseitige Kennenlernen muss gewährleistet werden, um im nächsten Schritt durch persönliche Gespräche auch Vertrauen aufzubauen. Die Isolation im Homeoffice erschwert jedoch den Aufbau des Vertrauens und gefährdet somit den Erfolg der Arbeit.
#3 Fehlende Unterstützung
Nicht nur steigt das eigene Wohlbefinden, wenn wir von Menschen umgeben sind – auch das fachliche Wissen nimmt mit jeder Unterhaltung unter Kollegen zu. Denn die gemeinsame Suche nach Antworten auf offene Fragen oder die Suche nach Lösungen für auftretende Probleme erhöhen das berufliche Wissen. Davon wiederum profitiert das Unternehmen. Im Homeoffice kommt dies allerdings meist zu kurz, da Home-Worker es oft vermeiden, um Unterstützung zu bitten, und stattdessen versuchen, die Probleme und Fragen selbstständig zu beantworten.
#4 Sinkende Produktivität
Durch das Homeoffice entsteht ein Arbeitsumfeld, das kaum glücklich macht. Dabei ist das die Grundvoraussetzung für die tägliche Motivation. Somit sinken sehr schnell die Produktivität und die Leistung – im schlimmsten Fall verliert der Mitarbeitende den Spaß an der Arbeit, die er noch vor dem Homeoffice sehr gern getätigt hat.
#5 Ausgleich statt Regel
Ich konnte in etlichen Unternehmen beobachten, wie Homeoffice abgelehnt wurde. Stattdessen baten die Mitarbeitenden darum, wieder in die Büros zurückkehren zu dürfen. Das Homeoffice kann als Ausgleich und im Austausch zum alltäglichen Büroalltag gut funktionieren. Ich bin mir allerdings sicher, dass es keine dauerhafte Lösung sein sollte, die per Pflicht umgesetzt werden muss.
Tobias Zulauf, |