Vier Rezensionen von neuen Büchern rund um das Thema Büro. Diesmal: Bürokratie, Jedis, Unternehmensphilosophie und Knigge.
Passierschein A38
Das Wort „Büro“ steckt auch in einem sehr negativ konnotierten Begriff: Bürokratie. Ihr hat der Anthropologe David Graeber dieses Buch gewidmet. Er zeigt, dass bürokratische Verfahrensabläufe im Alltagsleben der Menschen erstmals während des New Deals sichtbar wurden. Unsere Zeit belegt er mit der Bezeichnung „totale Bürokratisierung“: Formulare werden immer länger, selbst einfache Rechnungen sind mit seitenlangen rechtlichen Erläuterungen versehen. Ein Bündnis aus Staat und Finanzwirtschaft bringe nun Ergebnisse hervor, die den schlimmsten Bürokratieexzessen in der ehemaligen Sowjetunion ähneln. Höchste Zeit also für eine linke Bürokratiekritik, findet Graeber. Er präsentiert Perspektiven, die aufzeigen, welche Richtung eine solche Kritik einschlagen könnte. Eine lesenswerte Gesellschaftsanalyse.
David Graeber: „Bürokratie: Die Utopie der Regeln“, Klett-Cotta, 329 S., 22,95 €.
Möge die Macht mit dir sein!
Möchten Sie als Führungskraft auf der dunklen Seite der Macht enden? Hoffentlich nicht. Todessterne und Sternenzerstörer mögen ja ganz potent erscheinen, siegreich sind sie letztlich aber nicht. Wie sie ein Luke Skywalker werden und auf der hellen Seite enden, erläutert der Ratgeber „Die Führungskunst der Jedi“. Er beschreibt einen dreischrittigen Entwicklungsweg, an dessen Ende der Jedi-Meister steht. Ihm entspreche in der Businesswelt ein persönlich gereifter Mensch mit tiefen Erfahrungen, der – fest verankert in seiner eigenen Berufung – andere Menschen in ihrer Arbeit und persönlichen Entwicklung unterstützt. Der also nicht zum narzisstischen Befehlsempfänger à la Darth Vader wird. Wer zum Führungs-Jedi werden möchte, greife zu diesem Buch, denn: „Viel zu lernen du noch hast.“
Michael Fuchs/Jochen Messner:„Die Führungskunst der Jedi. Anleitung zur persönlichen Entwicklung als Führungskraft“, Haufe, 314 S., 29,95 €.
Mission: Welt verbessern
„Was ist unsere Philosophie?“, fragen sich Unternehmen heute. Dahinter stehe eine Sinnsuche, die – so Dominic Veken – jahrzehntelang verschlafen worden sei. Schließlich seien Unternehmen nicht nur dazu da, Profite zu erwirtschaften, sondern sie sollten die Welt verändern. Und genau dafür benötigen sie eine Philosophie. Leichter gesagt, als getan, wird dieser Begriff auf Webseiten, Flyern und Wandtafeln doch inflationär gebraucht – ohne mit Inhalt gefüllt zu sein. Wie man es besser macht, erläutert Veken anhand von fünf Faktoren, die zur Gestaltung zukunftsweisender Unternehmenskonzepte entscheidend seien: Identifikation, Überzeugung, Transparenz, Partizipation und Agilität. Praktischen Nutzen gewinnt das Buch nicht zuletzt durch Interviews mit Vertretern inspirierender Unternehmen wie Spotify, Starbucks oder Montblanc.
Dominic Veken: „Der Sinn des Unternehmens. Wofür arbeiten wir eigentlich?“, Murmann, 220 S., 34 €.
Sapere aude!
Eigentlich wollte Adolph Freiherr Knigge, von den Idealen der Aufklärung beseelt, dem Menschen helfen, seine eigene Mündigkeit zu erlangen. Davon sei nicht viel übriggeblieben, konstatiert Kai Oppel. Allzu oft seien seine Benimmregeln zu einem Werkzeug im persönlichen Selbstoptimierungsbaukasten zusammengestutzt worden, um noch schneller Karriere zu machen. Das möchte Oppel mit seiner Knigge-Kur ändern. Sie soll helfen, wieder autonom aus sich selbst heraus zu handeln, also nicht länger Sklave des Smartphones und des Erfolgsstrebens zu sein. Dazu gehört auch eine veränderte Kommunikationskultur im Office, bei der die Erreichbarkeit gesteuert und E-Mails richtig eingesetzt werden. Aus Perfektionsregeln sollen durch diese Kur wieder Regeln für gute Umgangsformen werden. Ein lobenswerter Ansatz.
Kai Oppel: „Die Knigge-Kur. So befreien Sie sich von unsinnigen Benimmregeln und falschen Karrierehelfern“, C. H. Beck, 254 S., 19,80 €.