Täglich von neun bis fünf im Büro? Für viele keine Idealvorstellung. An alternativen Arbeitsmodellen mangelt es nicht. Doch wie offen sind die Arbeitgeber dafür?
Fast drei Viertel (70 Prozent) der Firmen in Deutschland ermöglichen ihren Mitarbeitern flexible Arbeitszeiten. Das ergab Robert Halfs Arbeitsmarktstudie, für die 1.200 HR-Manager in ganz Europa befragt wurden. Damit nimmt Deutschland in Europa den Spitzenplatz ein. Der europäische Schnitt liegt bei nur 54 Prozent. Auch in puncto Teilzeit befindet sich Deutschland weit vorne: 76 Prozent der befragten Unternehmen erlauben sie, europäischer Durchschnitt sind 71 Prozent.
Jobsharing ist unpopulär …
Beim Jobsharing sind deutsche Unternehmen sehr skeptisch. Unter Jobsharing wird verstanden, dass sich zwei Mitarbeiter eine Vollzeitstelle teilen. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) der HR-Manager, die Jobsharing ablehnen, betrachtet dieses Arbeitsmodell als ineffizient. 28 Prozent der Befragten finden, die Zusammenarbeit im Team werde dadurch erschwert. Und jeder vierte Personalmanager in Deutschland (26 Prozent) gibt an, dass die Aufgaben der Mitarbeiter physische Präsenz am Arbeitsplatz erfordern.
… hätte aber Vorteile
Ähnliche Bedenken haben offenbar ihre europäischen Kollegen – mit Ausnahme der Briten: Knapp die Hälfte der befragten britischen Unternehmen erlauben Jobsharing, europaweit sind es lediglich 25 Prozent. Ein Fehler, findet Sven Hennige, Senior Managing Director Central Europe & The Netherlands bei Robert Half: „Unternehmen, die sich als moderne Arbeitgeber präsentieren möchten, sollten den Aufwand nicht scheuen und ihren Mitarbeitern auch für verantwortungsvolle Positionen das Arbeitsmodell Jobsharing anbieten.“ Denn letztlich profitierten auch die Unternehmen davon. Wenn zwei Mitarbeiter eine Stelle mit ihren unterschiedlichen Stärken ausfüllen, entstehen beispielsweise Synergieeffekte für einzelne Projekte. Auch die Urlaubs- und Krankenvertretung fällt deutlich leichter, wenn die Mitarbeiter die Themen und Projekte ihres Kollegen kennen. Das gelingt allerdings nur, wenn die Mitarbeiter menschlich gut miteinander auskommen und jeweils die gleiche Verantwortung übernehmen. Außerdem sollten Unternehmen daran denken, dass für zwei Teilzeitstellen höhere Kosten anfallen können als für eine Vollzeitstelle – etwa durch höhere Sozialabgaben.
Deutsche wollen nicht ins Home-Office
Nicht nur Jobsharing, sondern auch das Home-Office als weiterer Baustein flexiblen Arbeitens hat in Deutschland einen schweren Stand. Das legt zumindest die Arbeitsmarktstudie von Robert Half nahe. Während 26 Prozent der 200 befragten HR-Manager in Deutschland angeben, dass das Angebot für Home-Office in den vergangenen drei Jahren zugenommen hat, beobachten fast ebenso viele (25 Prozent) sogar einen Rückgang dieser Zusatzleistung. Ein Grund dafür könnte sein, dass 32 Prozent der befragten HR-Experten durch die Arbeit im Home-Office Risiken in der Kommunikation sehen. 30 Prozent fürchten außerdem, die Zusammenarbeit könnte sich bei der Arbeit aus der Distanz verschlechtern.
Home-Office-Nation Niederlande
Ganz anders ist die Situation in den Niederlanden: Dort haben Angestellte seit letztem Jahr einen Rechtsanspruch auf Home-Office. Sie müssen dafür beim Arbeitgeber zwar nach wie vor einen Antrag stellen, der Chef darf diesen aber nur ablehnen, wenn er schwerwiegende betriebliche Gründe anführen kann. Beispielsweise wenn die Heimarbeit zu großen Sicherheitsrisiken, untragbaren finanziellen Schäden oder unlösbaren Problemen in der Dienstplanung führen würde.
Zu Hause kreativer?
Obwohl das Home-Office in Deutschland eher ambivalent gesehen wird, erkennen die befragten HR-Manager durchaus dessen Charme. Die oft ruhigere Umgebung zu Hause sorge dafür, dass sich Mitarbeiter besser auf eine Aufgabe konzentrieren können. Und das steigere die Produktivität, finden 58 Prozent der befragten HR-Experten. Fast ebensoviele – 57 Prozent – sind davon überzeugt, dass die Telearbeit die Kreativität positiv beeinflusse.
Attraktive Arbeitgeber
Sven Hennige ist überzeugt, dass letztlich flexible Arbeitsmodelle und das Home-Office sowohl Unternehmen als auch Mitarbeitern Vorteile bieten. „Sie können wesentlich zu einer Verbesserung der Work-Life-Balance beitragen und haben gleichzeitig einen positiven Einfluss auf Produktivität und Kreativität“, betont er. Dies erhöhe die Zufriedenheit der Beschäftigten und die Bindung an das Unternehmen. „Gleichzeitig verbessern diese Angebote die Reputation der Arbeitgebermarke und unterstützen beim Recruiting neuer Fachkräfte“, ergänzt Hennige. „Die Anforderungen an flexibleres Arbeiten sollten allerdings im Vorfeld zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten besprochen werden, sodass die Erwartungen für beide Seiten klar sind. Viele Unternehmen haben auch Richtlinien, die diese Modelle genau beschreiben.“
8 Tipps fürs Home-Office
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