Unternehmerischer Erfolg hat nicht unbedingt etwas mit Größe zu tun. Die Publizistin Dr. Alexandra Hildebrandt beschreibt die Vorteile von Ein-Mann-Unternehmen sowie die Bedeutung von nachhaltigen Strategien (CSR) für diese Unternehmensform.
Neun von zehn Unternehmen sind heute Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten. Leider machen viele Ein-Personen-Unternehmer (EPU) häufig den Fehler, sich künstlich aufzublähen und größer erscheinen zu wollen, als sie sind. So muss häufig schnell ein Logo her - in der Ansprache nach außen steht dann zusätzlich ein „Wir“ statt „Ich“. Gutes Eindrucksmanagement und eine glänzende Fassade sind häufig wichtiger als die Einsicht, dass die Qualität der eigenen Arbeit und die engagierte Person dahinter völlig ausreichen, um Großes zu leisten.
Ein-Personen-Unternehmen
Wolfgang Keck, Mittelstandsexperte für CSR, widmet sich seit Jahren diesem Thema: Die besondere Situation, ein Unternehmen ohne Angestellte zu führen, untersuchte er bereits 2004 als Mitautor der seinerzeit ersten größeren Befragung von Ein-Personen-Unternehmen. Nachdem sich Keck seit einigen Jahren damit beschäftigt hat, die Komplexität globaler CSR-Anforderungen auf eine mittelständisch ausgerichtete Unternehmenspraxis herunterzubrechen, setzt er heute verstärkt einen Fokus auf Kleinstunternehmen bis hin zu Ein-Personen-Unternehmen.
Keck hat darüber ein Buch geschrieben, in dem er zeigt, dass CSR-Management und Nachhaltigkeitsorientierung nicht nur ein Thema für Großunternehmen ist. Auch Kleinst- bzw. Ein-Personen-Unternehmen profitieren von der strategischen Verankerung von CSR im Kerngeschäft. Er bricht die Thematik erstmals auf die kleinsten Wirtschaftseinheiten herunter. In sieben Geschichten zeigt er in seinem Buch „7 Tage CSR vom Kleinsten. Nachhaltige/r Geschäfte machen“, dass CSR nicht nur etwas für Großunternehmen ist, die das Thema häufig als Imageverbesserung und Marketingmaßnahme benutzen, sondern auch für Einzelpersonen und Klein(st)unternehmen, die auch ohne Zertifizierungen und Normen nachhaltig wirtschaften – aus Überzeugung und Leidenschaft.
Kleinstunternehmen sind für Prof. Günther Bachmann, der das Vorwort schrieb und die Geschäftsstelle des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) leitet, wie Autorenfilme, die eine klare Handschrift haben und häufig mit einer nicht gerade üppigen Finanzgrundlage verbunden sind: „Oft totgesagt und nie wegzukriegen.“ Warum? Weil die Wirklichkeit immer wieder Neues, Individuelles und Authentisches hervorbringt. Hoffnung im Kleinen.
Fange klein an und mache es gut
Das war die Devise des in London beheimateten Start-ups FormFormForm, das stellvertretend für viele steht, die ihr Handeln an einem Prinzip ausrichten, das ihrem Wesen und ihren Gestaltungsmöglichkeiten entspricht. Erfolg, der in den vergangenen Jahrzehnten vor allem für Größe stand, hat für sie einen überschaubaren Rahmen, der durch gemeinsame Werte, Neugier, Offenheit, Vertrauen und Teilhabe seine Stabilität erhält. Die Sehnsucht nach Selbstbestimmtheit und Überschaubarkeit des eigenen Handelns hat auch damit zu tun, wieder zu sich selbst kommen zu wollen. Das gelingt allerdings nur in überschaubaren Strukturen, so wie es der Philosoph Jean-Jacques Rousseau für die kleine Stadt beschrieben hat. Hier „findet man mehr originale Geister, mehr sinnreiche Erfindungskraft, mehr wahrhaft neue Dinge, denn bei der kleinen Anzahl von Vorbildern ahmt man weniger nach, jeder nimmt viel mehr aus sich selbst und legt mehr von sich selbst in alles, was er tut …“
Literatur:
Alexandra Hildebrandt/Werner Neumüller (Hg.): „Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer“, Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.
Alexandra Hildebrandt/Werner Landhäußer (Hg.): „CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft“, SpringerGabler Verlag, Berlin Heidelberg 2017.
Dr. Alexandra Hildebrandt, Publizistin, Wirtschaftspsychologin und Nachhaltigkeitsexpertin. Twitter: @AHildebrandt70 Foto: Steffi Henn |