Die Begriffe Agilität und agil sind in aller Munde. Bewegen sich Unternehmen erst jetzt? Was ist tatsächlich neu und nützlich? Und wie verändert sich durch Agilität die Rolle von Führungskräften? Der Berater Uwe Kemm ist diesen Fragen nachgegangen.
Unternehmen, die den Anspruch haben, auch zukünftig in einem hoch dynamischen, globalen Markt bestehen zu können, müssen dafür passend aufgestellt sein. Dabei sind Attribute wie Schnelligkeit, Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Dynamik, Vernetzung, Vertrauen und Selbstorganisation von Mitarbeitern und Teams zwingende Voraussetzungen. Sie werden heute mit Agilität assoziiert. Auch der kompromisslose Fokus auf den Kunden- bzw. Anwendernutzen gehört zu den elementaren Merkmalen eines agilen Unternehmens oder einer agilen Organisationseinheit. Das scheint schon auf den ersten Blick schlüssig. Doch was ist daran wirklich neu? Wurden diese Merkmale nicht schon in den letzten Jahrzehnten von erfolgreichen Unternehmen kultiviert?
Neue Methoden anwenden
Zugegeben, der Begriff Agilität wurde in diesem Zusammenhang selten genutzt. Heute überprüfen moderne Unternehmen bzw. Führungskräfte fortlaufend ihr Denken und Handeln und bedienen sich ergänzend neuer Methoden, Werkzeuge oder sogenannter Frameworks aus dem Angebot der agilen Welt. Leider hat die bewusste Auseinandersetzung mit den für die Zukunft so wichtigen Merkmalen eines modernen Marktteilnehmers in vielen Unternehmen jedoch oft nicht oder nur verhalten stattgefunden.
Passen die Werte zusammen?
Wichtige Fragen wie „Was bedeutet das für mein Unternehmen? Was bedeutet das für mich, mein Team, meine Arbeit?“ müssen zügig (agil …) beantwortet und gelöst werden. Sinnvoll wäre die differenzierte Auseinandersetzung verantwortlicher Führungskräfte mit der vorliegenden Ausgangssituation, den Möglichkeiten und Grenzen einer agilen Neuausrichtung sowie den dafür notwendigen Voraussetzungen. Dabei ist ein Abgleich der eigenen Werte mit denen der agilen Welt unbedingt anzuraten. Ergibt sich hier eine deutliche Abweichung, fehlt die (Werte-)Grundlage für eine erfolgreiche Neuausrichtung.
Eigenverantwortlich handeln
In der sich wandelnden Organisation erfahren die Rollen und die Bedeutung von Führungskräften drastische Veränderungen. So geht es künftig nicht mehr darum – etwas vereinfacht formuliert –, Aufgaben zu verteilen oder Mitarbeiter und Konflikte zu managen. Vielmehr übernimmt die agile Führungskraft Verantwortung dafür, eine Umgebung zu schaffen, welche jedem einzelnen Mitarbeiter sowie Arbeitsteams ein hohes Maß an Selbstorganisation gewährt. Dadurch werden eigenverantwortliches Handeln und Entscheiden sowie Kreativität gefördert und weiterentwickelt. Agiles Führen kann aus dieser Perspektive heraus als Haltung verstanden werden, welche die stetige Veränderung als einen Dauerzustand begreift und etabliert. Dies erfordert die Bereitschaft zur ständigen Reflexion des eigenen Denkens und Handelns und ebenso die Überprüfung des Selbstverständnisses als Führungskraft.
Uwe Kemm,
Berater, Management-Trainer, Coach, |