Farblaserdrucker hinterlassen auf jedem Ausdruck gezielte Informationen, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind: als gelbe Punkte. Das ist seit 2004 bekannt. Dennoch ist das heute kaum jemandem bewusst – und die Hersteller machen ein Geheimnis daraus. Sebastian Klöß und Robert Nehring sind dem Phänomen nachgegangen.
2004 hatte Canon die zweifelhafte Ehre, den Big Brother Award in der Kategorie Technik verliehen zu bekommen. Denn die Farbkopierer des Herstellers platzierten auf jedem Ausdruck ihre Seriennummer – codiert und ohne Hilfsmittel nicht sichtbar. Im selben Jahr verriet Peter Crean, damals Wissenschaftler bei Xerox, gegenüber dem amerikanischen Fachmagazin PC World Näheres zu solchen Geheimcodes. Er erklärte, dass die Farblaserdrucker und -kopierer von Xerox ihre Seriennummer auf jede Seite drucken, und zwar verschlüsselt in Form kleiner gelber Punkte, millimeterklein und verteilt über die gesamte Seite.
Code der Farblaserdrucker geknackt
„Wir haben hier in der Redaktion schon sehr früh diese gelben Pünktchen auf den Ausdrucken entdeckt, weil wir die Druckqualität auch mittels Mikroskop prüfen und bewerten“, erinnert sich heute Florian Rigotti, Chefredakteur des Onlinemagazins Druckerchannel.de. „Allerdings hielten wir diese Punkte immer für Tonernebel.“ Creans Statement und Verbraucherschützer der Electronic Frontier Foundation (EFF) sorgten dann für Aufklärung. Letztere fanden die mysteriösen gelben Punkte auf den Ausdrucken von Farblaserdruckern fast aller Hersteller und machten sich daran, den Code zu knacken.
2005 gelang es, den Code der DocuColor-Serie von Xerox zu entschlüsseln. Er besteht aus einem Raster von 15 x 8 gelben Punkten (siehe Grafik). Die Punkte in der zweiten Spalte geben an, in welcher Minute der Ausdruck entstand, die fünfte Spalte ergänzt die Stunde, die sechste den Tag, die siebte den Monat und die achte das Jahr. Die Spalten elf bis 14 enthalten die Seriennummer des Geräts.
Die Punkte finden
Mit einfachen Tricks kann jeder überprüfen, ob sein Drucker Code hinterlässt. Eine Möglichkeit ist, sich die Ausdrucke unter einem starken Vergrößerungsglas oder einem Mikroskop anzuschauen und sie dabei mit blauem Licht zu beleuchten. Eine andere, die Seite mit hoher Auflösung einzuscannen, einen Ausschnitt zu vergrößern und mit einem Grafikprogramm den gelben Farbkanal zu verstärken.
Jeder kann also erkennen, ob sein Farblasergerät solchen Code druckt. Im Falle von Xerox-Geräten kann man diesen sogar auf der Webseite der EFF entschlüsseln lassen. Aktenkundig sind die Punkte ebenfalls. 2014 teilte die Bundesregierung als Antwort auf eine Kleine Anfrage mit, dass sich über die gelben Punkte Angaben wie Seriennummer des Druckers und Druckzeitpunkt auslesen lassen.
Dennoch hüllen sich die meisten Druckerhersteller in Schweigen. Auf unsere Frage, ob die eigenen Drucker sogenannte Machine Identification Codes (MIC) hinterlassen, äußerten sich Brother, Canon, Ricoh, Samsung, Sharp und Toshiba nicht. Epson, Konica Minolta, Kyocera und OKI äußerten zumindest, sich nicht zu äußern.
Aus der Antwort von Lexmark geht hervor, warum es die Punkte überhaupt gibt: „Die MIC-Technologie wurde von der Farbkopierer-Industrie vor 30 Jahren entwickelt, um Geldfälschungen und Fälschungen von offiziellen Dokumenten entgegenzuwirken. Viele Druckerhersteller, darunter Lexmark, nutzen diese Technologie bei einigen Modellen weiterhin.“ Und auch HP sprach von „Sicherheitsfunktionen“, die „Anwender vor Betrug und Fälschung schützen“.
Warum gibt es gelbe Punkte?
Konica Minolta und Xerox verwiesen auf die Central Bank Counterfeit Deterrence Group, kurz CBCDG. In ihr haben sich 32 Zentralbanken zusammengeschlossen, unter anderem die deutsche, die US-amerikanische und die Europäische Zentralbank. Die CBCDG hat ein als CDS (Counterfeit Deterrence System) bezeichnetes Prinzip entwickelt, das verhindern soll, dass mit Computern, Software, Scannern und Druckern Geld gefälscht wird. Die gelben Punkte sind wohl Teil davon. Sie unterbinden das Fälschen zwar nicht, hinterlassen auf den Blüten jedoch Spuren, um die Fälscher zu identifizieren. Laut CBCDG haben führende Soft- und Hardwarehersteller das CDS freiwillig in ihre Produkte integriert. Wie freiwillig, ist umstritten. Peter Crean sagte im PC-World-Artikel, Xerox habe den Punkte-Mechanismus integriert, weil mehrere Länder andernfalls den Verkauf der Geräte nicht gestattet hätten.
Was Scanner analysieren
Das CDS kommt auch bei Scannern zum Einsatz. Versucht man, einen Euro-Schein einzuscannen, brechen viele Geräte den Vorgang ab und geben eine Fehlermeldung aus. Scanner erkennen Geldscheine anhand der kleinen farbigen Kreise, Omron-Ringe genannt, die sternförmig im Druckbild der meisten Geldscheine (und aller Euro-Noten) verteilt sind. Daneben gibt es wohl noch weitere CDS-Techniken zur Geldscheinerkennung. Eine verwendet seit 2003 der Adobe Photoshop, welcher sich weigert, Geldscheine zu bearbeiten.
Wie die Omron-Ringe bei der Geldscheinerkennung nicht das einzige Instrument sind, sind die gelben Punkte bei den Druckern wohl nicht der einzige verborgene Code. Mutmaßungen gehen dahin, dass Drucker auch über die Modulation der Laserintensität oder eine Variation der Graustufen verborgene Informationen hinterlassen könnten. Das ginge selbst bei Schwarz-Weiß-Laserdruckern. Dass auch Tintenstrahldrucker verborgene Informationen einbetten können, zeigt Canons Message in Print App. Hält man ein Smartphone über ein entsprechend gedrucktes Foto, decodiert die App die versteckten Informationen und gibt Animationen, Musik oder Text aus.
Gegen Blüten und Flugblätter
Die Seriennummer und den Druckzeitpunkt zu kennen, hilft sicherlich, Geldfälscher zu überführen. Mit dem Wissen können aber genauso gut autoritäre Regime oppositionelle Urheber von Flugblättern oder Briefen identifizieren und Geheimdienste generell Dokumente rückverfolgen. Diskutiert wird derzeit, ob genau das Anfang Juni zur Verhaftung der NSA-Mitarbeiterin Reality Leigh Winner geführt hat. Auf online veröffentlichten Dokumenten zum Hackerangriff während des amerikanischen Wahlkampfs, die sie der Enthüllungsplattform Intercept übergeben hatte, konnten nämlich die gelben Punkte sichtbar gemacht werden.
Unabhängig davon, ob es tatsächlich (nur) die gelben Punkte waren, die zu Winners Verhaftung führten: Wer mit einem Farblaserdrucker druckt, sollte wissen, dass er sehr wahrscheinlich mehr von sich preisgibt, als er möchte. Bei Tintenstrahlmodellen besteht zumindest auch die Möglichkeit. Dass sich die meisten der sonst recht kommunikativen Druckerhersteller zu diesem Thema nicht äußern, darf als Beleg dafür dienen.
Die Statements der Hersteller zu den gelben PunktenEpson: „Nun zu den Yellow-Dots: Wie schon auf der IFA angesprochen, möchten wir uns zu diesem Thema nicht äußern – ich bitte hier um Ihr Verständnis.“ HP: „Für HP ist der Schutz der Sicherheit und Privatsphäre unserer Kunden von größter Wichtigkeit. HP verwendet keine Tracking-Funktionen oder verfolgt die Aktivitäten seiner Kunden. HP integriert Sicherheitsfunktionen in unsere Produkte, die Anwender vor Betrug und Fälschung schützen.“ Konica Minolta: „Vielen Dank für Ihre Anfrage, die Konica Minolta jedoch als Hersteller nicht beantworten kann. Bitte wenden Sie sich direkt an CBCDG (https://rulesforuse.org/).“ Kyocera: „Aus unserem Haus wird es dazu kein Statement geben.“ Lexmark: „Die MIC-Technologie wurde von der Farbkopierer-Industrie vor 30 Jahren entwickelt, um Geldfälschungen und Fälschungen von offiziellen Dokumenten entgegenzuwirken. Viele Druckerhersteller, darunter Lexmark, nutzen diese Technologie bei einigen Modellen weiterhin.“ OKI: „Leider können wir Ihnen die Fragen nicht beanworten, da OKI hierzu keine Verlautbarung macht.“ Xerox antwortete ausführlich auf unsere Fragen: Versehen Modelle Ihres Unternehmens Ausdrucke mit sogenannten Machine Identification Codes, etwa in Form von gelben Punkten? „Xerox, along with other companies, consult with the U.S. Secret Service and the Central Bank Counterfeit Deterrence Group (a consortium of 32 central banks and note printing authorities) to assess threats to currency and support the use of anti-counterfeiting technologies.“ Wenn ja, welche Modelle/Modellreihen/Segmente tun das und in welcher Form? „In order to maintain the integrity of the global anti-counterfeiting program, we do not discuss the scope of deployment.“ Welche Informationen enthält der Code? „As you can imagine those details are not disclosed.“ Warum drucken Ihre Drucker solche Codes? Gibt es dazu Vorschriften, Auflagen, Übereinkommen? „The counterfeit detection technology is an industry-wide initiative that can only identify where a particular piece of paper was imaged. Many Xerox customers seek the protection of counterfeit detection, in some instances, the technology is a customer requirement. Most manufactured products use some form of sophisticated technology for the protection of their customers.“ Seit wann setzen Drucker Ihres Unternehmens dieses Verfahren ein? „For more than 20 years Xerox has consulted with international government agencies and banking institutions to assess threats to currency and promote and support the use of anti-counterfeiting technologies by all manufacturers in our industry.“ |