„Wahre Werte“: Für die Real-Estate-Branche sind Büroimmobilien immer wichtiger geworden. Nun ist auch hier vieles im Wandel. Zum Thema Assetklasse Büro äußert sich dieses Mal Brigitte Walter, Mitglied der DVFA-Kommission Immobilien.

Brigitte Walter, Mitglied der DVFA-Kommission Immobilien. dvfa.de. Abbildung: SteveArt Fotografie
Während und nach der Coronakrise wurde der Einzelhandel, besonders der innerstädtische, mehr oder weniger für tot erklärt. Passiert ist aber das Gegenteil: Der Versorgungseinzelhandel boomt und der innerstädtische Einzelhandel erfindet sich mit zukunftsweisenden Formen und Konzepten gerade neu.
Und unsere Büros? Oft bleiben sie leer. Die Stichworte dazu heißen Digitalisierung und Transformation. Ist das Büro also die nächste Assetklasse, die für tot erklärt wird? Im Gegenteil! In einer neuen Studie der DVFA-Immobilien Kommission sind wir genau dieser Frage nachgegangen.
Die Bürofläche wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Die Anzahl der Bürobeschäftigten hat sicher die größte Auswirkung. Neben den im Moment oft diskutierten Einflussfaktoren, etwa dem Homeoffice, ist ein wesentlicher Treiber die Erwartung der eigenen Unternehmensentwicklung. Denn nur, wenn ich eine positive Entwicklung für die Zukunft sehe, werde ich auch bereit sein, Personal aufzubauen. Der Zusammenhang zwischen konjunktureller Entwicklung und Beschäftigungsentwicklung ist durch viele Untersuchungen erwiesen. Tritt beispielsweise ein entsprechendes Wirtschaftswachstum unter den aktuellen Vorzeichen auch bei uns ein, wird sich dies – wahrscheinlich zeitverzögert aufgrund der gesamten geopolitischen Unsicherheiten – auch positiv auf die Beschäftigten und damit die Büroflächen auswirken.
Wird das Thema Homeoffice zur deutlichen Flächenreduktion beitragen? In unserer Umfrage gehen die meisten Antwortenden im Schnitt auch für die Zukunft von zwei Tagen Homeoffice pro Woche aus. Ich persönlich bin überzeugt, dass sich Formen des hybriden Arbeitens durchsetzen werden. Keinesfalls können wir aber auf das physische Zusammentreffen verzichten: Unternehmen brauchen für ihre stetige Weiterentwicklung Austausch, Kommunikation und Kollaboration. Mitarbeitende schätzen und benötigen dies ebenso, da sie sich ansonsten nicht integrieren und entwickeln können. Und die Menschen möchten einen Ort, an dem sie sich wohlfühlen und Geborgenheit spüren.
Blicken wir einmal zurück in die Nullerjahre: Großraumbüros, Container, Clean Desk Policy etc. All das hat sich nicht bewährt und wurde in weiten Teilen neuen Konzepten untergeordnet. Insbesondere die Jüngeren wollen heute im Büro arbeiten und sich dort mit Kollegen austauschen. Daneben hat Hybridarbeit klar den Vorteil geringerer Fahrtzeiten und es lassen sich private Dinge in den Tagesablauf einbeziehen.
Wesentlich ist die Bedeutung des Büros für das Arbeitgeberbranding: Wer oder was bin ich? Wie will ich als Unternehmen sein? Klarheit, strategische Positionierung, stringente Umsetzung und Transparenz in der Kommunikation sind wesentliche Erfolgsfaktoren für Unternehmen, die authentisch in der Personalpolitik und damit auch in modernen Arbeits- und Bürokonzepten umgesetzt werden müssen. Ein modernes Büro für sich allein macht nicht den Unterschied. Es kommt auch auf eine authentische und transparente Aufstellung des Arbeitgebers an.
Moderne Büroflächen mit gut ausgestatteten Kollaborationsflächen, in denen flexible Arbeitskonzepte berücksichtigt werden, leben von der Gestaltung und der Großzügigkeit. Flächenqualität, gute Erreichbarkeit und ökologische Faktoren sind wesentliche Aspekte für moderne Flächenkonzepte.
Sicher werden wir eine Marktbereinigung bei älteren, nicht modernen, nicht ökologisch nachhaltigen Flächen sehen. Aber mal ehrlich: War das in früheren konjunkturellen Phasen nicht auch so? Was wir brauchen, sind moderne Büroflächen in guten Lagen mit flexibler Ausstattung und flexiblen baulichen Möglichkeiten, um auch Anforderungen an zukünftige Konzepte gerecht werden zu können. Genau diese Immobilien sind es, die langfristig orientierte Investoren in ihren Portfolios halten wollen. Auch das hat unsere Umfrage gezeigt. Mein Fazit: Totgesagte leben eben doch länger …