Samir Ayoub ist Experte, wenn es um New Work und New Office geht. Sein außergewöhnliches Branchen- und Projekt-Know-how sammelte er in über 750 Büroprojekten. Diesmal erläutert er, wie Teams ihr volles Potenzial ausschöpfen können.
Menschen sind komplexe, manchmal auch komplizierte Wesen. Und das ohne Ausnahme. Denn wir alle haben körperliche Bedürfnisse, wollen Ziele erreichen, unseren Seelenfrieden finden und nach etwas streben, das größer ist als wir selbst. Körper, Geist, Ich und Seele sind für mich die vier Dimensionen, die den Menschen ausmachen. Eine menschenzentrierte Unternehmenskultur wie ich sie anstrebe, muss deshalb jede dieser Dimensionen berücksichtigen und einbinden. Schließlich macht diese Mehrdimensionalität den Menschen so einzigartig. Wer also das volle Potenzial eines Teams heben will, muss Facetten als Chance begreifen und die Wirkung der Mehrdimensionalität auf unsere moderne Arbeitswelt verstehen.
Erste Dimension: unsere körperlichen Bedürfnisse. Wie wir uns fühlen, welche Leistungen wir erbringen und was Stress mit uns macht, hängt vor allem von der körperlichen Verfassung ab. Sie ist die Basis für alles andere. Leider verkennen viele Arbeitgeber die Bedeutung der Gesundheit und Fitness. Dabei sind typische Bürokrankheiten wie Konzentrationsschwierigkeiten, Rückenschmerzen oder chronische Migräne enorme Probleme, die Mitarbeitende und Unternehmen gleichermaßen belasten. Ergonomische Bürostühle, ein durchdachtes Lichtkonzept und gute Raumluft sind daher kein „nice to have“. Sie sorgen erst dafür, dass das Potenzial eines Teams abgerufen werden kann.
BUCHTIPP:
Samir Ayoub: Mach’s menschlich: Was Arbeitgeber attraktiv macht. 40 Thesen zur Arbeitswelt von morgen*, Legenda Q, 164 Seiten, 20 €.
Zweite Dimension: das Bewusstsein. Untrennbar mit dem Körper verbunden ist das Ich – unser Bewusstsein. Es steht für unser Selbstbild und macht uns einzigartig. Genauso einzigartig sind die Interessen, Ziele und Wünsche eines jeden Menschen. Diese sind nichts, was wir nur im Privaten ausleben, sondern auch am Arbeitsplatz unser ständiger Begleiter. Eine moderne Unternehmenskultur muss den Menschen also ermutigen, seine Vorstellungen und Ansichten miteinzubringen. Im Idealfall gibt es eine hohe Deckungsgleichheit zwischen unserem Selbstbild und den Werten des Unternehmens, sodass sie sich gegenseitig verstärken.
Dritte Dimension: unter der Oberfläche. Unsere Wünsche, Interessen und Ziele können wir meist klar benennen. Anders sieht es mit Sehnsüchten und Emotionen aus, die wir gern verdrängen, wegschieben oder sogar vergessen wollen. Dieses eigentliche Selbst ist das, was wir die Seele nennen. Wir tragen sie im Unterbewusstsein immer mit uns herum und wenn wir ihr auf den Grund gehen, finden wir neben unangenehmen Erinnerungen oder Emotionen auch verdeckte Potenziale, Träume und das, was uns im tiefsten Innern antreibt. In einer menschenzentrierten Arbeitswelt, wie ich sie mir vorstelle, müssen gerade diese tief in uns schlummernden Potenziale entdeckt und gehoben werden.
Vierte Dimension: die Seele. Diese Dimension erschließt sich uns immer, wenn wir mit Begeisterung nach etwas Größerem streben und dabei echte Erfüllung finden. Unternehmen müssen ihren Mitarbeitenden also etwas bieten, das sie immer wieder neu begeistert, fordert und inspiriert – auch aus ganz egoistischen Gründen. Denn wenn das Team mit vollem Herzblut bei der Sache ist, hat das enorme Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg und die Strahlkraft der Arbeitgebermarke. Jede dieser vier Dimensionen ist wichtig und nur wenn alle ernst genommen und gefördert werden, können die wahren Potenziale der Mitarbeitenden gehoben werden und alle zusammen profitieren. Ich möchte betonen, dass es hier nicht allein darum geht, dass das Team effizienter arbeitet und Gewinne maximiert. Erfüllend ist eine Aufgabe erst, wenn sie dem Menschen, der Gesellschaft und der Natur gleichermaßen dient. Nur dann ist sie im besten Sinne nachhaltig.