Samir Ayoub ist Experte, wenn es um New Work und New Office geht. Sein außergewöhnliches Branchen- und Projekt-Know-how sammelte er in über 750 Büroprojekten. In seiner mehrteiligen OFFICE-ROXX-Kolumne erläutert er, worauf es in der modernen Arbeitswelt wirklich ankommt.
Haben Sie schon einmal „New Work“ gegoogelt? Als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, erhielt ich 17 Milliarden Treffer in 0,54 Sekunden. Beeindruckend, oder? Ich sehe das anders. Wissen Sie, was mich beeindruckt? Unternehmen, die in New Work mehr als ein Arbeitsmodell zur Gewinnmaximierung sehen. Denn New Work – wie ich es verstehe – bedeutet nichts anderes als einen Kulturwandel, der auf Werten basiert und den Menschen in den Mittelpunkt stellt.
New Work ist wie eine Fremdsprache. Es klingt spannend, eröffnet neue Perspektiven und jeder will es lernen. Doch New Work wird oft missverstanden. Denn viele Unternehmen betrachten es als einen kurzlebigen Hype und entsprechend oberflächlich wird es in Agenturen, mittelständischen Betrieben oder Konzernen umgesetzt. Immer mit dabei: allerlei Tools und Technologien. Doch diese sind nur der Anfang. Sie sind lediglich das Werkzeug, mit dem Ihr Unternehmen das Fundament für eine moderne Arbeitskultur legt. Ob Sie dabei Erfolg haben – oder eben nicht –, entscheidet ein anderer Faktor: ihre Mitarbeitenden, also der Mensch. Und dieser lebt bekanntlich nicht vom Brot allein. Er will und braucht vor allem drei Dinge: Freiheit, Orientierung, Erfüllung. Und genau das kann New Work bieten.
Klar – Unternehmen müssen Geld verdienen. Deshalb sind es ja Unternehmen und keine Stiftungen oder Vereine. Das allein reicht aber nicht mehr aus. Mindestens genauso wichtig sind Werte. Denn Werte sind Leuchttürme. Sie geben Orientierung: gerade dann, wenn es stürmisch wird. Und Herausforderungen gibt es aktuell genug. Kriege, Krisen und die Klimakatastrophe sind keine abstrakten Probleme. Wir können sie sehen, fühlen und erleben. Hinzu kommen Entwicklungen wie der demografische Wandel, die Dekarbonisierung und natürlich die Digitalisierung. Jede dieser Entwicklungen für sich allein ist bereits eine Herausforderung, die unser Leben und Arbeiten auf den Kopf stellt.
Besonders die jüngere Generation erwartet deshalb zu Recht, dass wir für etwas einstehen, das über Gewinnmaximierung hinausgeht. Wir sollen Verantwortung übernehmen. New Work beschränkt sich aus diesem Grunde nicht auf die Möglichkeit zum Homeoffice, moderne Bürokonzepte oder virtuelle Meetings. New Work soll der Arbeit einen neuen Sinn verleihen und Antworten auf bedeutende Fragen unserer Zeit liefern. Nicht morgen oder übermorgen. Heute!
Erfolgreiche Menschen haben einen inneren Antrieb: das berühmte „Warum“. Ihr Unternehmen sollte also möglichst viele dieser Menschen finden und fördern. Das gelingt nur, wenn es selbst Werte lebt, Sinn stiftet und seinen eigenen Teil zu einer besseren Welt beiträgt. Basis all dessen ist Vertrauen. Und New Work verlangt viel Vertrauen. Chefs mit Kontrollzwang sind hier fehl am Platz. Was Ihr Unternehmen braucht, ist ein Mindset, das Werteorientierung und Mut zur Freiheit miteinander verbindet. Indem Sie Ihrem Team vertrauen, steigern Sie die Selbstwirksamkeit eines jeden Mitarbeitenden. Ihr Team wird sich mit Ihren Zielen identifizieren und jeden Tag aufs Neue sein Bestes geben. Das hat nicht nur wirtschaftliche Vorteile. Auch die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeitenden steigt, die Fluktuation sinkt und Ihr Unternehmen wird resilienter. Eine menschzentrierte und werteorientierte Unternehmenskultur ist also kein Streichelzoo für die Generation Schneeflocke. Richtig umgesetzt, weckt sie das Beste in Ihrem Team und das verschafft Ihnen natürlich einen Vorsprung im Wettbewerb.
Zu diesem Thema könnte man ein ganzes Buch schreiben. Genau das habe ich getan. „Mach’s menschlich! Was Arbeitgeber attraktiv macht“ ist mein ganz persönlicher Beitrag zu einem New-Work-Modell, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Wie dieser Beitrag genau aussieht und welche Rolle Raum, Technologie und Organisation als zentrale Handlungsfelder dabei spielen? Das verrate ich in der nächsten Ausgabe.