Der Wandel der Arbeitswelt zeigt sich häufig bereits vor dem Einstellungsgespräch. Wollen Unternehmen kompetente Fachkräfte der Generation Z gewinnen, stehen sie oft vor einem Rätsel. Der Wirtschaftssoziologe Lorenz Schlotter erklärt, worauf es bei Young Professionals ankommt.
Dass im Recruiting jede Zielgruppe gesondert betrachtet werden muss, ist bereits seit Julius Cäsar bekannt, der 55 v. u. Z. das erste Mitarbeiterempfehlungsprogramm anbot. Damals zahlte der Feldherr seinen Empfehlungsgebern einen großzügigen Betrag für jeden tauglichen Soldaten. Warum das funktioniert hat? Er wusste, wo sich seine Zielgruppe aufhält und dass er sie am besten über das Netzwerk seiner eigenen Soldaten erreicht. Glücklicherweise suchen wir heute keine Krieger, sondern qualifizierte Fachkräfte. Die Herausforderungen sind jedoch dieselben geblieben. Wo erreiche ich die Zielgruppe? Wie spreche ich sie an? Bei der Generation Z sollten zusätzlich ein paar Besonderheiten beachtet werden.
Beim Suchverhalten unterscheiden sich junge Kandidaten nicht signifikant von älteren Fachkräften. So zeigt die Erhebung Generationenkompass 2020 der Personalberatung Schlotter HR, dass die meisten von ihnen auf klassische Weise über Google oder Jobbörsen nach ihren Wunschjobs suchen. Und auch bei der weiteren Sichtung spielt in erster Linie die Homepage des Arbeitgebers eine Rolle. Hier werden die wichtigsten Informationen recherchiert und sich ein Bild vom Arbeitgeber gemacht.
Keine Lust auf Frust
Entscheidend für Young Professionals sind Recruiting-Tugenden wie einfache Prozesse, Geschwindigkeit und Transparenz. Der Generationenkompass zeigt, dass bereits 37 Prozent der Post-Millennials einen Bewerbungsprozess abgebrochen haben, weil er ihnen zu kompliziert war. Unübersichtliche Eingabeformulare, nicht mobiloptimierte Webseiten und ein Zwang zur Videobewerbung sind nur einige Beispiele für frustrierende Hürden.
Need for speed bei Auswahlprozessen
Wer als Arbeitgeber in der Lage ist, schnelle Prozesse aufzubauen, ist klar im Vorteil. Dass die Prozessgeschwindigkeit mit der Einstellungswahrscheinlichkeit korreliert, ist wissenschaftlich erforscht. Im Kern erwartet die junge Generation eine wertschätzende Haltung. Sobald der Bewerber sich als Nummer wahrnimmt, sinkt sein Interesse am Job. Bekommt er hingegen schon nach zwei Tagen einen Anruf und eine Einladung, wird ihm Wertschätzung vermittelt. Die Generation Z will sehen: Der Arbeitgeber hat wirklich Interesse an mir.
Unternehmensfeeling vermitteln können
Unternehmen, die zusätzlich in der Lage sind, auf ihrer Karriereseite oder in Social-Media-Kanälen ausreichend Eindrücke bereitzustellen, wie es sich „anfühlt“, im Unternehmen zu arbeiten, erhöhen ihre Erfolgswahrscheinlichkeit deutlich. Junge Bewerber haben wenig Berufserfahrung und die Jobentscheidung hat eine große Tragweite. Gemessen daran, dass man als Arbeitgeber einen Ort anbietet, an dem Mitarbeitende einen beträchtlichen Teil ihres Lebens verbringen sollen, sind solche Informationen häufig zu spärlich. Deshalb ist es wichtig, einen Einblick zu gewähren, wie die künftigen Kollegen und Vorgesetzten ticken, wie sie aussehen und was das Klima ausmacht. Dabei gilt es zu beachten, dass die Jobentscheidung nicht rein rational, sondern eher intuitiv erfolgt.
Lorenz Schlotter, Wirtschaftssoziologe, |