Gerüche können sehr unmittelbar auf uns einwirken und Reaktionen auslösen. Häufig geschieht dies jedoch unbewusst. Dr. Andrea Burdack-Freitag vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP gibt Einblicke in die menschliche Geruchswahrnehmung.
In erster Linie setzen sich Gerüche aus flüchtigen chemischen Stoffen zusammen. Ihre Struktur ist den rund 350 Rezeptoren in der menschlichen Nasenschleimhaut angepasst. Dort lösen sie ab einer genügend hohen Konzentration einen Riechreiz aus. Man spricht hier vom Schlüssel-Schloss-Prinzip. Ein Geruch besteht jedoch nicht nur aus einem einzelnen Geruchsstoff, sondern setzt sich aus einer Vielzahl an gasförmigen Geruchsstoffen zusammen, beispielsweise besteht das Kaffeearoma aus circa 400 einzelnen Gerüchen.
Emotionale Reizverarbeitung
Die chemisch-physiologische Seite ist erst der Auslöser der Geruchswahrnehmung. Nachdem die notwendigen Reizschwellen überschritten und die einzelnen Geruchsreize kombiniert wurden, werden die Informationen im limbischen System verarbeitet. Dies ist das emotionale Zentrum unseres Gehirns. Hier werden in erster Linie gefühlsmäßige Reaktionen wie Ekel und Wut ausgelöst, aber auch angenehme Emotionen – bis hin zu Lustgefühlen.
Olfaktorische Wahrnehmung
Entwicklungsgeschichtlich ist der Geruchssinn unser ursprünglichster Sinn, da er mit der unmittelbaren Beurteilung der Umgebung in Bezug auf Gefahr und Nahrung gekoppelt ist. Diese ausschließliche Betrachtungsweise wird diesem Sinn jedoch nicht gerecht. Gerüche beeinflussen unsere Erfahrungs- und Lernwelt noch viel stärker. Sie wirken sowohl aktivierend und konzentrationsfördernd als auch entspannend. Erinnerungen, die mit Gerüchen gekoppelt sind, können viel schneller und einfacher wieder aus dem Gedächtnis abgerufen werden.
Einfluss auf den Nutzer
Da uns Gerüche so unmittelbar beeinflussen, wirken sie auf unseren Arbeitsalltag sowohl positiv als auch negativ. Der negative Einfluss erschließt sich sofort durch Beschwerden über Störgerüche, unangenehm riechende Materialien und die potenzielle Gefährdung durch allergene Stoffe, wie sie sehr häufig in Reinigern und Raumbeduftern vorkommen.
Der positive Nutzen besteht in der Schaffung eines geruchlich angenehmen Umfelds. Untersuchungen aus Biofeedback-Messungen zeigten beispielsweise, dass Rosmarinduft die Konzentration steigern und Zitronenduft Stress abbauen kann. Ein Büroumfeld sollte dennoch dahingehend gestaltet werden, dass ein ungestörtes und emotional unbelastetes Arbeiten möglich ist.
Entsprechende Einrichtungsgegenstände und Innenraummaterialien sollten nach den Kriterien einer neutralen Geruchswahrnehmung ausgewählt und kombiniert werden. Das gibt dem Nutzer den Freiraum, eine individuelle Geruchsumgebung zu schaffen, beispielsweise mit Pflanzendüften, Kaffee oder Essential Oils. Auch Hersteller von Innenraummaterialien bieten mittlerweile eine breite Palette an geruchsarmen Produkten an. Letztendlich ist allerdings die menschliche Nase an der Auswahl entscheidend beteiligt.
Dr. Andrea Burdack-Freitag Stellvertretende Leiterin der Abteilung Umwelt, Hygiene, Sensorik, |