Die diesjährige Jahrestagung des Management Forums Starnberg findet am 24. und 25. November in Frankfurt am Main statt. Elke Wiedmaier vom Management Forum Starnberg wagt im Interview mit Dr. Sandra Breuer von combine Consulting einen Blick in die Zukunft der Bürowelten.
Elke Wiedmaier: Corona und das Büro – wie haben Sie die letzten Monate hinsichtlich der Zukunft des Büros wahrgenommen und welche Entwicklungen erwarten Sie?
Dr. Sandra Breuer: Die letzten Monate waren für uns alle oft widersprüchlich. Wir erlebten einen Digitalisierungsschub, der uns ermöglichte, in kürzester Zeit im Home-Office sehr gut arbeiten zu können. Für viele Menschen war es neu und angenehm, Arbeiten und Privates sehr leicht miteinander verbinden zu können.
Gleichzeitig stellten wir aber fest, dass uns das Büro irgendwie fehlt. Der Weg zur und von der Arbeit, das bewusste Erleben der Kollegen, das Zufällige und Ungeplante und was daraus entstehen kann, das Analoge und Unmittelbare in der Zusammenarbeit, aber auch ganz simpel: der ergonomische Arbeitsplatz, die konzentrierte Ruhe im Rückzug als krassem Gegensatz zu den meisten Home-Office-Verhältnissen. Der Untergang des Büros wurde in der Folge fast schon herbeigerufen.
Und in der Tat, das mobile Arbeiten, für die meisten aus dem Home-Office, wird nicht mehr wegzudenken sein. Zahlreiche Unternehmen arbeiten an allgemeingültigen Regelungen. Gleichzeitig dürfen wir aber auch feststellen, dass der Blick auf das Büro ein anderer wird. Wer nicht mehr ins Büro muss, wird nur hingehen, wenn es sich auszahlt, wenn das Erleben einen Mehrwert bietet. Das Büro wird zu einem Ort der Identitätsstiftung, des Markenerlebnisses, ein Ort, um den Purpose des Unternehmens zu spüren.
Welche Entwicklungen erwarten Sie auch unabhängig von der Pandemie? Arbeitswelten werden ja nicht für ein, zwei Jahre geplant.
Tätigkeitsbasierte Arbeitswelten (Activity-Based-Working), also eine Vielfalt unterschiedlicher Orte für verschiedene Tätigkeiten, sind ein großer Trend, der nun verstärkt wird. Die Zeiten des eigenen Schreibtischs sind durch mobiles Arbeiten endgültig vorbei, ebenso das Büro als Ausdruck von Organisation und Hierarchie. Beides führt zu großen Veränderungen, nicht nur in der Art wie wir Büro denken und leben, sondern vor allem in der Art von Führung und Zusammenarbeit. Arbeiten findet nicht mehr dauernd an einem gemeinsamen Ort statt und muss zusätzlich auch digitale und virtuelle Formate einflechten können. Das ist für viele eine große Veränderung und Herausforderung, die Begleitung erfordert.
Was ist von der Idee der Hubs zu halten – also dem Arbeiten weder im Home-Office, noch im Unternehmen, sondern in wohnortnahen Coworking-Spaces?
Das Satellitenbüro gab es als Idee schon mal, es konnte sich aber damals insbesondere aufgrund des noch weit verbreiteten Anspruchs auf den eigenen Arbeitsplatz oder das eigene Büro nicht durchsetzen. Da wir nun Coworking kennen und mobiles Arbeiten sich durchgesetzt hat, werden wir diese Konzepte sich insbesondere in den „Speckgürteln“ der großen Ballungsgebiete entwickeln sehen.
Geben Sie uns bitte Beispiele für verschiedene Formen von Arbeitswelten und Ihren individuellen Blick darauf.
Arbeitswelten sind im Idealfall individuell auf die jeweilige Organisation abgestimmt. Im Kern geht es darum, den Mitarbeitern die bestmögliche Gelegenheit zu bieten, effektiv und im Sinne des Unternehmens zu arbeiten. Das Büro erfüllt wie kein anderer Arbeitsort die Anforderung, vielfältige Tätigkeitsschwerpunkte zu unterstützen und die richtige Balance zwischen Präsenz und Virtualität, zwischen digitalem und analogem Arbeiten abzubilden. Voraussetzung dafür ist ein intelligentes Zusammenspiel von Raum, Technik, Design und Verhalten.
Wir definieren die Anforderungen an neue Arbeitswelten grundsätzlich über die „vier C’s“: Concentration, Community, Communication und Collaboration. Diese beschreiben, welche Arbeitsumgebung für den jeweiligen Tätigkeitsschwerpunkt bestmöglich geeignet ist. Der Anteil an Flächen für konzentriertes Arbeiten (Concentration), der im Büro abgebildet werden muss, wird durch die das mobile Arbeiten weiter abnehmen. Zunehmen wird hingegen die Notwendigkeit, geeignete Flächen für das Erleben von Gemeinschaft und Identität (Community), sowie Kommunikation und Zusammenarbeit (Communication und Collaboration) zur Verfügung zu stellen. Zum Beispiel mit Meetingräumen in unterschiedlichen Größen, einer ansprechenden Cafeteria sowie einem zentralen Marktplatz, an denen alle zusammenkommen können.
Wenn es stimmt, dass wir uns für die nächste Zeit eher auf einen Arbeitsgebermarkt hinbewegen, was wird aus den Trends wie Nachhaltigkeit, bei Materialien und Prozessen, aus gesunder Umgebung bis hin zu Healing Architecture, auch vor dem Hintergrund der finanziellen Situation vieler Unternehmen?
Diese Themen werden einen neuen Schub erhalten, wenn das Büro zu einem Erlebnisort wird. Wenn Unternehmen Flächeneinsparungen durch mobiles Arbeiten realisieren, werden nicht alle nur über die Quantität, sondern auch über die Qualität nachdenken. Nur wenn Funktionalität, Identität und das Narrativ eines Büros in Einklang sind, werden die Mitarbeiter auch die Orte nutzen.
Macht es Sinn, sich mit dem Thema „Generationen-Management“ bei Future Office bzw. Future Workplace auseinander zu setzen? Wer sind die Nutzer der Zukunft, was sind deren Erwartungen an die Arbeitswelt und welche Herausforderungen ergeben sich daraus für Unternehmen und Planer?
Sicher gibt es immer gesellschaftliche Trends, die sich auch in der Art, wie wir arbeiten widerspiegeln und damit auch in unseren Büros Ausdruck finden. Gleichzeitig möchte ich vor einfachen Kategorien und Typologien warnen, sie lassen uns nicht schlau genug über die jeweilige Arbeitswelt nachdenken. Der Kern ist und bleibt: Wie wollen und werden wir zukünftig arbeiten?
Die Jahrestagung „Future Office 2020: Bürowelten mit Zukunft“ des Management Forums Starnberg findet am 24. und 25. November 2020 in Frankfurt am Main statt. Alle weiteren Informationen und zur Anmeldung finden Sie hier. |