Umweltbewusstsein ist kein Lifestyle, sondern eine gesellschaftliche Bewegung, die alle Bereiche des Lebens berührt – auch das Büro. Was „öko“ im Büro wirklich bedeutet, erläutert die Kulturanthropologin Lena Papasabbas vom Zukunftsinstitut in Frankfurt am Main.
Heute wird öko zum Standard für die Masse. Dagegen gelten nicht-bio-zertifizierte, unfaire oder eindeutig umweltschädliche Produkte als verpönt. Inzwischen finden sich selbst bei Discountern nicht mehr nur Bio-Produkte, sondern viele Waren, die über diese Standards hinausgehen. Weniger und dafür besser, lautet das Credo einer neuen progressiven Konsumkultur. Genuss entkoppelt sich von Verschwendung. Viele Dinge kaufen wir, um sie im Keller zu vergessen oder direkt auf die Müllhalde zu kippen. Der Trend zu Minimalismus und Achtsamkeit ergibt sich aus einem Überdruss am Überfluss. Dieser Trend endet nicht beim Wocheneinkauf. Er erreicht jetzt die Büros.
Der Arbeitsplatz wird öko
Immer mehr Menschen wollen ihren nachhaltigen Lebensstil nicht auf die eigenen vier Wände beschränken. Jobs, die einen Mehrwert für die Gesellschaft erzeugen, stehen hoch im Kurs, besonders bei den Generationen Y und Z. Das Büro selbst gerät in den Fokus. Unternehmen, die sich nach außen grün und fair geben, aber in der Unternehmenskultur keinen Gedanken an Umwelt oder Diversity verschwenden, riskieren ihre Glaubwürdigkeit und damit die Treue ihrer Mitarbeiter. Kleinigkeiten machen den Unterschied: Ist das Papier zertifiziert? Enthält die Seife Mikroplastik? Gibt es veganes Essen in der Kantine?
Das nachhaltige Büro
Büros werden immer nachhaltiger: Die GLS Bank betreibt einen Dachgarten, auf dem Honigbienen leben. Sie werden von einem Mitarbeiter und Hobby-Imker betreut. Die Unternehmensberatung MaibornWolff setzt alle Gerichte bei Firmenveranstaltungen per Default auf vegetarisch, kümmert sich um CO2-Neutralität und sorgt dafür, dass die Mitarbeiter in der umliegenden Gastronomie ihre Tupperware zum Take-away mitbringen können. Den Mitarbeitern der WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte steht sogar ein Gemeinschaftsgarten zur Verfügung, dessen Ernte in gemeinsamen Mittagspausen verkocht wird. Das ist nicht nur umweltfreundlich, es ist gesund und stärkt den Teamgeist.
Bahncard statt Firmenwagen
Progressive Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern die Wahl: Firmenwagen oder E-Bike. Oder setzen wenigstens auf Elektro-Flotten. Eine Bahncard ist heute für viele junge Menschen attraktiver als ein Firmenwagen. Die Möglichkeiten, im Kleinen nachhaltiger zu werden, sind zahlreich: Büros sind gute Orte für Food-Sharing, fairen Bio-Kaffee und Ökostrom. Es gibt ökologische Suchmaschinen wie Ecosia und nachhaltige Webhoster wie Manitu oder Biohost. Druckpapier und Einmal-Handtücher sind in recycelten Versionen verfügbar, und Büromöbel können gebraucht gekauft werden.
Wer glaubt, Nachhaltigkeit erschöpfe sich im Umweltschutz, hat den Zeitgeist nicht verstanden. Fairness und soziale Gerechtigkeit gehören dazu. So wird ein Büro, das zwar öko ist, aber seine Zulieferer schlecht behandelt oder Frauen schlechter bezahlt als Männer, nicht als nachhaltig durchgehen. Die Nachhaltigkeit der Zukunft ist ganzheitlich.
Lena Papasabbas,Kulturanthropologin, Speakerin, |