Das Berliner Start-up Lendis (von to lend = jemandem etwas verleihen) hat sich der Vermietung von Büroausstattung verschrieben. Es konnte bereits bekannte Investoren wie Alexander Samwer für sich gewinnen. Wir sprachen mit dem Co-Gründer Julius Bolz.
OFFICE ROXX: Julius, ihr seid ein Start-up. Wie lautet euer Pitch?
Julius Bolz: Wir bieten eine digitale Office-as-a-Service-Lösung an: Lendis stellt die komplette Infrastruktur für Büros im Mietmodell bereit, von Möbeln über IT-Geräte bis hin zur Software und Vermittlung von Services. Dabei bekommen unsere Kunden alles aus einer Hand. Wir kümmern uns um alle notwendigen Schritte – von der Planung über Lieferung und Montage bis hin zur einzugsfertigen Übergabe des eingerichteten Büros.
Wer hat‘s erfunden?
Auf der Suche nach großen ungelösten Problemen sind Stavros Papadopoulos und ich immer wieder auf das Thema Büroinfrastruktur gestoßen. Für viele Unternehmen ist die Neuausstattung, Modernisierung und Verwaltung eines Büros ein sehr unangenehmer Prozess. Zusätzlich haben wir gesehen, dass Unternehmen es vermehrt vorziehen, nur für die Benutzung und nicht mehr für den Besitz zu bezahlen. Dies ist ein Trend, den wir schon seit Längerem beobachten, zum Beispiel bei DriveNow für Autos oder Spotify für Musik. Im April 2018 sind wir dann mit Lendis an den Start gegangen.
Welche Probleme löst Lendis?
Es sind im Wesentlichen fünf. Erstens ist durch Lendis keine hohe Investition mehr nötig. Zweitens das Problem fehlender Flexibilität. Mit uns können Unternehmen flexibel skalieren, ihren Mitarbeitern neue Impulse geben und stets eine moderne Ausstattung bieten, um sie zu binden. Drittens das Serviceproblem: Lendis bietet einen Komplettservice mit Designberatung, Finanzierung, Lieferung, Montage, Abholung, Versicherung und mehr. Viertens die langen Lieferzeiten: Wir stellen durch unser Lager sicher, dass Möbel und Elektronik deutlich schneller lieferbar sind, als der Industriestandard von acht bis zehn Wochen plus. Und fünftens lösen wir das Problem hoher Preise. Lendis kooperiert direkt mit den Herstellern und entwickelt eigene Produkte. Die Preisvorteile werden über eine günstige Mietrate an den Kunden weitergegeben.
Wo ist euer Standort und wie viele Mitarbeiter gibt es?
Unser 25-köpfiges Team sitzt in Berlin-Mitte und betreut von hier deutschlandweit unsere Kunden.
Über Geld spricht man nicht. Dennoch: Wie seid ihr finanziert?
Lendis hat drei renommierte Wagniskapital-Investoren: HV Holtzbrinck Ventures, DN Capital und Picus Capital, die auch bei anderen bekannten Start-ups wie Flixbus, Zalando, home24 und Auto1 investiert haben. Seit der Gründung konnten wir dank dieses Hintergrundes bereits mehr als 200 Kunden ausstatten.
Was genau kann man alles bei euch mieten?
Lendis bietet alles, was ein modernes Büro braucht. Es gibt hauptsächlich vier Bereiche: Möbel für Arbeitsplätze, Konferenzräume sowie Lounge- und Cafeteria-Bereiche. Elektronik wie Laptops, Smartphones, Kaffeemaschinen, Wasserspender, Bildschirme und Headsets. Akustiklösungen, etwa Akustikboxen, Trennwände, Akustiktower. Und zusätzlich bieten wir Services wie die Kaffeebohnen zur Kaffeemaschine, Software für Laptops und sogar natürlich konservierte Pflanzen, die ohne Pflege und Wasser auskommen.
Welche Marken habt ihr im Angebot?
Wir bieten Produkte von vielen Herstellern an. Das Ziel ist es, unseren Kunden in jeder Produkt- und Preiskategorie die beste Lösung des Marktes zu bieten – von der Einsteigerklasse bis hin zu Premiummarken. Zu den bekannten Marken bei uns zählen zum Beispiel Vitra, Lenovo, Apple und Jura.
Wer liefert und baut auf?
Für die Auslieferung und den Aufbau arbeiten wir mit ausgewählten Partnern zusammen. Dabei ist uns besonders die Kundenerfahrung wichtig: Lieferung und Aufbau erfolgen unkompliziert, und der Kunde kommt anschließend in ein einzugsfertiges Büro. Unsere Ware ist dabei versichert, sodass unsere Kunden keinen weiteren Aufwand haben.
Worin besteht der Unterschied zum Leasen?
Beim Leasing steht vor allem der Finanzierungsaspekt im Vordergrund, der Kunde erhält keinen Service abseits der Finanzierung der Ware. In unserem Mietmodell bekommt der Kunde alle relevanten Services von uns als Paket dazu. Finanziell geht man im Leasingvertrag i. d. R. eine Vollamortisation über 48–60 Monate ein. Der Leasingnehmer finanziert über die Vertragslaufzeit die vollen Kosten der Ware. Im Mietmodell planen wir damit, die Infrastruktur an mehrere Kunden zu vermieten, sodass ein Kunde nicht die volle Amortisation der Ware tragen muss und so flexibel bleibt. Im Gegensatz zum Leasing schließt man bei uns keinen Vertrag mit fester Laufzeit ab. Eine Kündigung ist auch während der Vertragslaufzeit monatlich möglich.
Apropos: Wie hoch ist eure Mindestmietdauer?
Bei Möbeln beträgt sie nur drei und bei Elektronik lediglich sechs Monate.
Ihr schreibt: „Der Mietaufwand ist voll steuerlich absetzbar“. Gibt es hier einen Unterschied bzw. Nachteil gegenüber dem Leasen?
Im Leasingvertrag wird man wirtschaftlicher Eigentümer der finanzierten Ware und aktiviert diese in der Bilanz. In unserem Mietmodell bleibt Lendis Eigentümer der Ware. Damit werden keine Abschreibungsaufwände, sondern Mietzahlungen als Aufwand in die Gewinn-und-Verlust-Rechnung aufgenommen. Da der Abschreibungszeitraum recht lang sein kann (für Möbel etwa 13 Jahre), der Finanzierungszeitraum bei Lendis aber kürzer ist, ist der Mietaufwand i. d. R. höher als der Abschreibungsaufwand. Dadurch reduziert sich die Steuerlast in dem jeweiligen Jahr bei, in Summe, ähnlichen Kosten. Die genaue Ausgestaltung hängt natürlich auch von den individuellen buchhalterischen Rahmenbedingungen des Kunden und der finanzierten Produkte ab.
Leasingunternehmen haben einen sogenannten Leasingfaktor. Wo liegt euer „Mietfaktor“?
Unser Mietfaktor ist abgeleitet von marktüblichen Leasingfaktoren, ein direkter Vergleich mit dem Leasingfaktor ist nicht möglich, da dieser auch immer von der gewählten Laufzeit und dem jeweiligen Produkt abhängt.
Bieten Hersteller und Fachhändler das Mieten nicht auch selbst an?
Aktuell gibt es erst wenige Hersteller und Fachhändler, die einen Mietservice anbieten. Erste Spieler, zum Beispiel Ikea oder OttoNow (für Endkunden), haben aber bereits Piloten gestartet. Wir empfinden das als ein sehr positives Signal, da immer mehr potenzielle Kunden mit dem Mieten von Möbeln und Elektronik in Kontakt gebracht werden. Lendis ist aktuell allerdings der einzige One-Stop-Shop, der herstellerunabhängig alle relevanten Möbel, Elektronik und dazugehörigen Services für das Büro aus einer Hand anbieten kann. Denn das Geschäftsmodell der Hersteller ist nicht darauf ausgelegt, dass Ware zu ihnen zurückkommt. Lagerhaltung, Aufbereitung, Wartung und Reparaturen sind aufwendig und erfordern jede Menge zusätzliche Kompetenz, die wir uns seit dem ersten Tag erarbeitet haben.
Auf eurer Website steht, dass man einen Arbeitsplatz bei euch schon für 15 Euro pro Monat mieten kann. Was bekommt man dafür?
Zu diesem Preis erhält man bei uns einen Bürodrehstuhl und einen Schreibtisch aus unserem Classic- oder Industrial-Sortiment.
Hattet ihr schon Kunden, die man kennen könnte?
Lendis unterstützt unter anderem bereits Deloitte, Lufthansa, Hochtief, Toyota, die Sparkasse, den WWF und Nike.
Wo wollt ihr in drei Jahren sein?
In drei Jahren wollen wir der führende digitale Office-as-a-Service-Anbieter in Europa sein.
Viel Glück und vielen Dank.
Die Fragen stellte Robert Nehring.