Die Schreibtrainerin Astrid Rust verrät an dieser Stelle Kniffe zur Rechtschreibung und Korrespondenz. Der zehnte Teil der Serie beschäftigt sich mit der richtigen Wortwahl in Anschreiben und Einladungen.
Vielleicht fragen Sie sich manchmal, ob Sie beim Adressaten von Anfang an „richtig“ ankommen können, indem Sie durch eine bestimmte Wortwahl bestimmte Wirkungen erzeugen. Bitte vergleichen Sie die folgenden drei Einladungsschreiben. Welche gefällt Ihnen am besten – und warum?
EINLADUNG 1:
Sehr geehrte Seminar-Teilnehmer, am xx.xx.xxxx führen wir die Schulung „Professionelle Korrespondenz“ durch, für die wir Ihre Anmeldung erhalten haben. Wir stellen im Seminar einige Grundlagen vor, die unserer Ansicht nach für eine moderne und kundenorientierte Korrespondenz notwendig sind. Wir haben in der beigefügten Inhaltsübersicht die wichtigsten Punkte zusammengefasst. Mit freundlichen Grüßen |
EINLADUNG 2:
Sehr geehrte Seminar-Teilnehmer, am xx.xx.xxxx findet die Schulung „Professionelle Korrespondenz“ statt. Ihre Anmeldung ist eingegangen. Im Seminar werden einige Konzepte vermittelt, die für eine moderne und kundenorientierte Korrespondenz benötigt werden. In der beigefügten Inhaltsübersicht werden die wichtigsten Punkte vorgestellt. Mit freundlichen Grüßen |
EINLADUNG 3:
Sehr geehrte Seminar-Teilnehmer, vielen Dank für Ihre Anmeldung zu unserem Training „Professionelle Korrespondenz“ am xx.xx.xxxx. Sie lernen im Seminar einige Tipps und Tricks für eine moderne und professionelle Korrespondenz kennen, die Ihre tägliche Arbeit noch effektiver und erfolgreicher machen. Gerne können Sie sich in der Inhaltsübersicht im Anhang mit der Thematik vertraut machen. Wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit und sind bei Fragen gerne für Sie da. Freundliche Grüße |
Die WIR-Taste
Im ersten Beispiel fühlen Sie sich zwar ernst genommen und respektiert, aber Sie fühlen sich auch in gewisser Weise bevormundet. Sie gehen auf das Seminar, weil Sie das Thema interessiert, aber Sie freuen sich nicht darauf. Wenn Sie Zeit haben, schauen Sie sich den Inhalt an, wahrscheinlich aber ohne großes Interesse.
Sie haben den Eindruck, dass sich der Absender sehr in den Mittelpunkt stellt, er ist besonders wichtig, Sie hingegen fühlen sich ziemlich klein und unbedeutend. Seine Taten und Interessen stehen im Vordergrund, Ihre eigenen sind untergeordnet.
Dieser Stil wirkt sehr egozentrisch und autoritär. Die sogenannte „Empfängerorientierung“ fehlt, die Wertschätzung bleibt auf der Strecke.
Die ES-Taste
Manche bevorzugen vielleicht das zweite Schreiben: kurz, knackig, klar. Doch fehlt nicht etwas? Wenn Sie genauer hinsehen, fehlen hier Personen: Es gibt kein ICH bzw. WIR, es gibt kein SIE. Hier geht es nur um die Sache selbst: Schulung, Anmeldung, Konzepte, Punkte …
Der Text ist zwar kurz, aber Sie fühlen sich nicht sehr respektiert. Sie sehen sich auch nicht persönlich angesprochen, hingegen sehr bevormundet. Sie gehen auf das Seminar, weil Sie das Thema interessiert, aber Sie freuen sich nicht darauf. Wahrscheinlich hoffen Sie insgeheim, dass das Seminar nicht so trocken ist wie die Einladung … Wenn Sie Zeit haben, schauen Sie sich den Inhalt an, wahrscheinlich aber ohne viel Interesse.
Hier steht der Sachverhalt im Vordergrund, doch Sie fragen sich: Wer ist der Täter? Dieser ES-Stil schafft eine große Distanz zwischen Sender und Empfänger, Sie wissen nicht, wer verantwortlich ist und an wen Sie sich wenden können.
Dieser Stil wirkt sehr anonym, auch hier bleibt die Empfängerorientierung und Wertschätzung auf der Strecke.
Die SIE-Taste
Den meisten gefällt wahrscheinlich das letzte Schreiben. Hier fühlen Sie frischen Wind! Sie fühlen sich respektiert und ernst genommen, denken, diese Einladung ist alleine für Sie bestimmt. Sie fühlen sich in keiner Weise bevormundet. Sie freuen sich sogar richtig auf dieses Seminar und lesen gespannt das Inhaltsverzeichnis.
Hier fühlt sich der Empfänger wirklich wohl, hier findet er Wertschätzung. Diese Nachricht ist wirklich empfängerorientiert!
Versuchen Sie, in Ihren Briefen und Mails bewusst diese Taste einzusetzen. Doch auch wenn die SIE-Taste das positivste Gefühl erzeugt, heißt das aber nicht, dass Sie nur noch SIE-Nachrichten schreiben sollten. Auch ES- oder WIR-/ICH-Briefe sind unter bestimmten Umständen durchaus erwünscht.
Die WIR-Taste kann auch sehr persönlich und serviceorientiert wirken: WIR kümmern uns persönlich um Sie! Der Empfänger kann sich entspannt zurücklehnen, da er weiß, dass sich jemand um ihn kümmert.
Die ES-Taste kann manchmal auch in kundenorientierten Briefen sinnvoll sein: Bei negativen Botschaften ist es oft hilfreich, keinen „Täter“ zu haben.
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Beim nächsten Mal kümmern wir uns um das „Sandwich-Prinzip“ – wir sehen uns den optimalen Aufbau für einen Brief bzw. eine Business-Mail an.
Astrid Rust, |