Obwohl psychische Erkrankungen die zweithäufigste Ursache für Fehlzeiten sind, haben viele Unternehmen die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter nicht im Blick, zeigt das Arbeitssicherheitsbarometer der DEKRA.
Im Arbeits- und Gesundheitsschutz dominieren nach wie vor die Themen des klassischen Arbeitsschutzes. Dies zeigt das Arbeitssicherheitsbarometer, für das die DEKRA 800 Unternehmen befragt hat. Für vier von fünf der Befragten ist die Gestaltung der Arbeitsstätte besonders wichtig, für zwei Drittel (65 Prozent) der sichere Einsatz von Arbeitsmitteln und Geräten. Psychische Belastungen werden nur von einer Minderheit (25 Prozent) als besonders wichtig bezeichnet. Dabei schreibt das Arbeitsschutzgesetz vor, routinemäßig auch Gefährdungen durch psychische Faktoren zu analysieren. Denn immer mehr Menschen werden wegen psychischer Leiden krankgeschrieben. Nach einer Studie der Krankenkasse DAK war 2014 jeder 20. Beschäftigte aus diesem Grund zeitweise arbeitsunfähig. Umgerechnet auf die Gesamtbevölkerung wären dies 1,9 Millionen Menschen; 16,6 Prozent der Fehlzeiten gehen auf das Konto von psychischen Erkrankungen.
Psychische Belastungen oft ein Tabu
„Psychische Belastungsfolgen sind in vielen Unternehmen ein Tabu“, sagt Dr. Karin Müller, Leiterin des Bereichs „Mensch und Gesundheit“ bei der DEKRA. „Die Analyse der psychischen Gefährdungen bringt in der Praxis zuweilen unangenehme Wahrheiten zutage, die häufig Handlungsbedarf bei den Unternehmensführungen erzeugen.“ Nötig sei deshalb eine professionelle Gestaltung gesunder Arbeits- und Führungsstrukturen. Auch dem häufigsten Grund für Fehltage, Muskel- und Skeletterkrankungen, könne bis zu einem gewissen Grad vorgebeugt werden, ergänzt Müller, zum Beispiel durch gezielte Maßnahmen innerhalb eines funktionierenden Betrieblichen Gesundheitsmanagements.
Gefahren erkennen
Es gibt anerkannte Methoden, mit denen Fachleute routinemäßig im Rahmen einer Betriebsbesichtigung die psychischen Gefährdungen erfassen können. Diese können entstehen durch:
- ungenügend gestaltete Arbeitsaufgaben, also beispielsweise Über- oder Unterforderung,
- ungenügend gestaltete Arbeitsorganisation, wie hoher Zeitdruck oder unregelmäßige Arbeitszeiten,
- ungenügend gestaltete soziale Bedingungen, ungünstiges Führungsverhalten oder Konflikte,
- ungenügend gestaltete Arbeitsplatzumgebung, beispielsweise Stress durch Lärm, Klima, räumliche Enge oder unzureichende Arbeitsmittel.
Kommunikative Defizite
Das aktuelle Arbeitssicherheitsbarometer der DEKRA deutet auch im Bereich der Unfallverhütung auf kommunikative Defizite in den Betrieben hin. „Viele Unternehmen ergreifen zwar pflichtgemäß Maßnahmen zur Unfallverhütung, glauben aber selbst nicht an deren Erfolg“, beobachtet Michael Schröter, Produktmanager für Arbeits- und Gesundheitsschutz bei der DEKRA. So stellen 92 Prozent der befragten Unternehmen Betriebsanweisungen zur Verfügung, aber nur 63 Prozent halten sie für wirksam. Ähnlich negativ ist das Verhältnis bei Maßnahmen wie Sicherheitsbegehungen und Schulungen.
Das Arbeitssicherheitsbarometer der DEKRA kann unter www.dekra.de/arbeitssicherheitsbarometer heruntergeladen werden. |