Aller digitalen Vernetzung zum Trotz wächst die Zahl der Businesstrips seit Jahren. Dr. Sebastian Klöß beleuchtet schlaglichtartig Geschäftsreisetrends. Mit all ihren Widersprüchlichkeiten.
Der Geschäftsreisende von heute ist nicht nur für seinen Arbeitgeber tätig, sondern erledigt auch die Aufgaben von Bahn, Airline und Hotel. Als arbeitender Kunde checkt er online ein, druckt Baggage-Tags aus und befestigt sie am Koffer. Verkauft wird das unter dem Label Zeitersparnis. Ob der businessreisende Schattenarbeiter wirklich schneller ist als die bezahlten Profis, die das früher erledigt haben? Fraglich. Und Schlange stehen darf er immer noch, um seinen selbstgetaggten Koffer aufs Förderband zu hieven. Gespart wird damit aber natürlich dennoch – aufseiten der Fluggesellschaften. Deren Dachverband IATA hat ausgerechnet, dass sie allein durch Check-in-Automaten jährlich 2,4 Milliarden Dollar einsparen. Und sogar diese sparen sich erste Airlines bereits, seitdem jeder seinen Check-in-Automaten in Form des Smartphones selbst dabeihat. Das Effizienzstreben ist allerdings auf beiden Seiten anzutreffen: Unternehmen achten zunehmend auf die Flugkosten. Beispielsweise fliegen nur zwei bis vier Prozent der Geschäftsreisenden innerdeutsch Businessclass, so aktuelle Zahlen des VDR. 2004 waren es noch zwölf bis 13 Prozent.
Widersprüche und Bedenken
Da der Geschäftsreisende inzwischen ans Selbermachen gewöhnt ist, möchte er seinen Businesstrip am liebsten gleich selbst buchen. Dieser Trend zum Maverick-Booking treibt den Reiseverantwortlichen in den Unternehmen jedoch Schweißperlen auf die Stirn. Das wilde Buchen passt nicht in Abrechnungsprozesse, vor allem aber gefährdet es mit Hotels und Fluggesellschaften ausgehandelte Sonderkonditionen, wenn der selbstmachende Geschäftsreisende nicht bei den Vertragspartnern bucht. Sondern vielleicht bei Sharing-Anbietern.
Können, sollen, dürfen Uber, Airbnb und Co. dienstlich genutzt werden? Häufig beißt sich der Sharing-Trend damit, dass das Thema Sicherheit auf Dienstreisen wichtiger wird, Stichworte: unternehmerische Fürsorgepflicht und Furcht vor Datendiebstahl. Insbesondere in Deutschland überwiegt die Skepsis gegenüber der Sharing-Economy. Nur 19 Prozent haben sie hierzulande für Geschäftseisen genutzt, so Egencia. In China und den USA hingegen schon gut die Hälfte.
Geschäftsreise als Businessurlaub
Das Geschäftsreisependant zum Trend Work-Life-Blending ist Bleisure, ein Neologismus aus Business und Leisure. Häufig wird das Phänomen, Dienstreisen mit Urlaub zu kombinieren, (wie so vieles) der Generation Y in die Schuhe geschoben. Dass es eher Jüngere praktizieren, könnte aber schlicht daran liegen, dass bei ihnen zu Hause nicht Partner und Kinder warten. Und die gleich mit auf Reisen zu nehmen, ist wegen strengerer Compliance-Regeln schwieriger als früher. Überhaupt stehen Bleisure und Compliance oft konträr zueinander, gerade im Incentive-Bereich hat der Sexreiseskandal der Ergo-Versicherung Spuren hinterlassen.
Apropos Spuren hinterlassen – oder gerade nicht hinterlassen. Nachhaltigkeit wird als großer Geschäftsreisetrend gehandelt. Ob sie auch etwas kosten darf? Das ist nicht immer gesagt. Mal schauen, wie nachhaltig das Reden von der Nachhaltigkeit sein wird.