Tipps für die tägliche Korrespondenz
In unserer Reihe mit Tipps und Regelungen aus aktuellen Duden-Werken zeigen wir Ihnen dieses Mal, wie Sie Sätze leicht verständlich aufbauen können.
Man sagt uns Deutschen nach, dass wir sehr gründlich seien. Es bleibe dahingestellt, ob dieses Urteil allgemein für uns zutrifft. Bücher, Akten und Zeitungen sind voll von Beweisen dafür, dass wir es jedenfalls mit dem Wort manchmal allzu genau nehmen. Um ja nicht missverstanden zu werden, fügen wir schnell noch eine kleine Erklärung ein, und die Erklärung der Erklärung lässt auch nicht lange auf sich warten: Es muss uns doch gelingen, einen Gedanken, den wir mitteilen wollen, so zu formulieren, dass der Leser, an den wir uns wenden, auf keinen Aspekt, der uns wichtig ist, zu verzichten braucht.
Das Ergebnis solcher Bemühungen nennt man anschaulich Schachtelsatz. […] Natürlich ist der Beispielsatz etwas hergeholt. Aber die Schwäche, die er überspitzt veranschaulicht, entspricht leider der Schreibwirklichkeit. Im harmlosen Fall (wie im vorigen Satz) lieben wir es, uns selbst ins Wort zu fallen und mitten im Gedankenfluss des Hauptsatzes einen Gliedsatz einzufügen. In der Regel entspringen diese Einschiebsel einer lobenswerten Absicht: Wir haben nämlich nachgedacht und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kausalzusammenhänge der Welt so kompliziert sind, dass wir sie unmöglich einfach darstellen können. So kommt es dann, dass ein Gedanke den anderen ruft und im Gedränge logischer Forderungen mancher eingeklemmt wird. Zur Klärung gerufen, zum Übereifer verführt, bleibt oft nur noch ein Kampf um das bloße Überleben; und der hat bekanntlich andere Sorgen als die Feinheiten des Stils.
Solchen Schwierigkeiten können wir vorbeugen, indem wir uns entschließen, die komplexen Wirkungsbeziehungen der Welt nacheinander darzustellen statt miteinander. Was spricht eigentlich dagegen, sich erst das eine und danach das andere vorzunehmen? Der Leser erhält unsere Mitteilung ohnehin in linearer Reihenfolge. Warum sollten nicht auch wir unsere Gedanken bereits linear vorgeben? Mag unser Denken auch noch so vieldimensional sein – auf dem Papier gibt es nur eine einzige Leserichtung.
Dies alles soll nicht heißen, dass wir ab sofort keine Zwischensätze mehr zulassen, die sich höflich mit Komma ankündigen und verabschieden. Es soll nur dazu anregen, mit den eingekeilten Gliedsätzen sehr sparsam umzugehen und Unter-unter-Gliedsätze möglichst zu meiden. Der Leser wird es danken.
Stattdessen sei eine schlichte Empfehlung gegeben: freie Fahrt für den „klassischen“ deutschen Satz. Gemeint ist ein Satzgefüge, das aus Hauptsatz mit nachfolgendem Gliedsatz besteht.
Hören wir uns an, wie er klingt: Er beginnt mit der getragenen Trompete des Hauptsatzes und endet mit dem Flötenspiel des Gliedsatzes, der den Satz gefällig ausklingen lässt. Brauchen wir noch weitere Beispiele, um überzeugt zu sein? |
Die letzten drei Satzgefüge haben zwar den Vorteil dieses Bauprinzips betont; er wird aber zum Nachteil, wenn wir nun alle Sätze nach diesem Schema formen. Auch hier gilt der Rat: Wechsel statt Eintönigkeit.
Und was tun, wenn gar kein Gliedsatz in Sicht ist? Erstens ist zu überlegen, ob es nicht an der Zeit wäre, einmal wieder einen einfachen Hauptsatz zu bieten. Zweitens besteht die Möglichkeit, durch Entfaltung eines Satzgliedes einen Gliedsatz herzustellen, beispielsweise so:
Durch Lesen können wir unseren Wortschatz erweitern. ➔ Wir können unseren Wortschatz erweitern, indem wir (viel) lesen. Beim Lernen des Englischen in England braucht man kaum Vokabeln zu pauken. ➔ Man braucht kaum Vokabeln zu pauken, wenn man Englisch in England lernt.Bei häufigem Schreiben kommt der Erfolg schneller. ➔ Wenn man oft schreibt, kommt der Erfolg schneller. |
Der langen Rede kurzer Sinn: Schachtelsätze sind verboten. Wie wärs stattdessen mit einer linearen Gedankenführung nach variablen Bauprinzipien? Auch Hauptsätze mit nachfolgendem Gliedsatz dürfen ruhig mehrmals dabei sein.
Weitere Tipps für Tipps für verständliches Texten finden Sie in „Duden. Einfach gute Texte schreiben. Für Schule, Studium und Beruf“, Dudenverlag 2016, 608 S., 19,99 € |