Wie sieht die Arbeitswelt 2026 aus? Die Culture-Change-Expertin Susanne Busshart erläutert zehn Trends, die sich zwischen Raumplanung, Zusammenarbeit und individuellen Bedürfnissen bewegen. Klar ist: Flexibilität zählt. Aber was bedeutet das für die Büros von morgen?

Die Lonja de la Seda in Valencia, ein Weltkulturerbe, das heute als Kulturakademie genutzt wird, zeigt, wie wandelbar Räume sind. Abbildung: pio3, Depositphotos
#1 Weniger Fläche, mehr Wirkung
Hybrides Arbeiten, steigende Mietpreise und Nachhaltigkeit erfordern eine smarte Flächennutzung und flexible Räume. Moderne Büros sind daher in Zonen für Konzentration, Kollaboration, Kommunikation und Erholung unterteilt. Meetingräume werden nachmittags zu Workshopflächen umfunktioniert und Rückzugsorte bewusst gestaltet. Kultur entsteht dabei jedoch nicht durch Grundrisse, sondern durch Begegnungen, Vertrauen und Miteinander.
#2 Vom Ich zum Wir
Wir gehen ins Büro, um das zu erleben, was nur dort möglich ist: Menschen treffen. Räume fördern Begegnung: offene Flächen, kleine Rückzugsorte und flexible „Dynamic Spaces” für Workshops oder spontane Treffen. Die Zukunft der Arbeit ist nicht „Ich allein“, sondern „Wir miteinander“. Wer das Büro als Community gestaltet, schafft Kultur.
#3 Selbstorganisation statt Kontrolle
Teams entscheiden selbst, wie sie Räume nutzen, wann sie ins Büro kommen und wie sie arbeiten. Vertrauen ersetzt Vorschriften, Technologie unterstützt unauffällig. Das Büro der Zukunft ist kein Muss-Ort, sondern ein Raum, der Zusammenarbeit sinnvoll macht – frei und zugleich haltgebend.
#4 Experimentieren als Superkraft
Nicht perfekt, nicht ausgefeilt, sondern handeln, beobachten, lernen, anpassen. Agilität ist pragmatisch und nicht dogmatisch. Sie braucht psychologische Sicherheit, denn Fehler dürfen keine Angst machen. Experimentieren ist eine Haltung: Die Zukunft aktiv mitzugestalten, statt nur zuzusehen. Tools sind dabei Mittel, kein Dogma.
#5 Sinn statt Quantität
„Je länger du im Büro sitzt, desto mehr leistest du“ – dieser alte Reflex ist längst überholt. Präsenz ist kein Maß für Produktivität. Am Ende zählen Ergebnisse, Begegnungen und Wirkung. Es braucht weniger Tage im Büro, weniger Meetings und weniger Kontrolle, dafür mehr Substanz, Vertrauen und Sinn.
#6 Was ist schon „neu“?
Hybrides Arbeiten, Flex Office, Hot Desking – vieles davon gibt es seit Jahrzehnten. Neu ist nicht das Konzept, sondern dass wir es ernst nehmen. Und gute Führung bestand schon immer aus Zuhören, Vertrauen und Orientierung geben. Neu ist, dass Mitarbeitende das deutlich einfordern. Flexibilität und gute Führung werden bewusster und konsequenter gelebt.
#7 Jeder Mensch ist anders
ADHS, Autismus, unterschiedliche Wahrnehmungen – rund 15 bis 20 Prozent der Menschen sind neurodivers. Das bedeutet für Unternehmen: Es braucht Raum für Unterschiedlichkeit, zum Beispiel flexible Zonen, Rückzugsmöglichkeiten, Bewegungsflächen und klare Strukturen. Wer Vielfalt ernst nimmt, gewinnt Innovation, Zugehörigkeit und Produktivität.
#8 Ambivalenz in Räumen
Menschen wollen Rückzug und Begegnung, Stille und Inspiration, Struktur und Freiheit – oft am selben Tag. Klassische, strikt getrennte Räume greifen da zu kurz. Ambivalente Räume sind flexibel: Am Vormittag dienen sie als Workshopfläche, am Nachmittag als Rückzugsort. Möbel sind mobil, die Nutzung wandelbar.
#9 Draußen arbeiten
Die Natur wirkt: Schon zehn Minuten im Grünen steigern messbar die Leistungsfähigkeit. „Waldzeit” bedeutet, die Arbeit bewusst nach draußen zu verlagern. Meetings finden im Gehen statt im Konferenzraum, Ideen werden im Grünen statt in Powerpoint gesammelt und Teamgespräche finden beim Spaziergang und nicht am Tisch statt.
#10 Sinn erleben
Nahezu jedes Unternehmen hat heute eine Vision, eine Mission, ein großes „Warum“. Der Gedanke, dass Arbeit Sinn haben darf, ist richtig. Aber Sinn muss erlebbar sein – in Entscheidungen, im Umgang und in geteilter Verantwortung. Es gilt: weniger Pathos, mehr Praxis. Purpose ist ein Prozess, keine Parole, sondern gelebte Kultur.
![]() Abbildung: SBCdigital Susanne Busshart, Begleiterin für Change und digitale Transformation, |