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Nicht so deutlich, bitte: Hintergrundsprache in Büros ist Lärm

Die meis­ten Ange­stell­ten arbei­ten in Mehr­per­so­nen- oder Groß­raum­bü­ros. Der Wunsch, unge­stört bzw. in Ruhe tätig sein zu kön­nen, wird dort aber nur weni­gen erfüllt. Haupt­ur­sa­che: die Hin­ter­grund­spra­che. Prof. Dr. Sabi­ne Schlitt­mei­er von der RWTH Aachen Uni­ver­si­ty erläu­tert die Thematik.

Die kognitive Leistung wird durch Hintergrundsprache tatsächlich gemindert. Abbildung: Dall E 2024-02-08, 13.08.29

Die kogni­ti­ve Leis­tung wird durch Hin­ter­grund­spra­che tat­säch­lich gemin­dert. Abbil­dung: Dall E 2024-02-08, 13.08.29

In Umfra­gen wird Lärm oft als die schwer­wie­gends­te Beläs­ti­gungs­quel­le im Office genannt, in der Regel noch deut­lich vor der Luft­qua­li­tät und der Beleuch­tung. Als beson­ders stö­rend wird Hin­ter­grund­spra­che erlebt, wie zum Bei­spiel Tele­fon- oder Kol­le­gen­ge­sprä­che. Eine Viel­zahl von Stu­di­en zeigt, dass es sich hier­bei nicht nur um ein Gefühl han­delt. Die kogni­ti­ve Leis­tung wird durch Hin­ter­grund­spra­che tat­säch­lich gemin­dert – und zwar auch dann, wenn die­se irrele­vant für die aktu­el­le Arbeits­auf­ga­be ist.

Bestimmte Schalle stören bestimmte kognitive Leistungen

Der kogni­ti­ons­psy­cho­lo­gi­sche Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tungs­an­satz hilft auf­zu­klä­ren, wie und war­um Hin­ter­grund­spra­che bestimm­te kogni­ti­ve Pro­zes­se und Denk­leis­tun­gen stört. Er ver­an­schau­licht, dass das Zusam­men­spiel einer begrenz­ten Men­ge von Wahr­neh­mungs- und kogni­ti­ven Basis­funk­tio­nen die unter­schied­li­chen Leis­tun­gen ermög­licht, die in Büros erbracht wer­den. Die­se sind jeweils vul­nerabel für bestimm­te Hin­ter­grund­schal­le bzw. Schallcharakteristika.

Ein Bei­spiel: Wird die­ser Arti­kel vor­ge­le­sen, muss das Sprach­si­gnal für Zuhö­rer aus­rei­chend laut und deut­lich zu hören sein. Rau­schen als kon­ti­nu­ier­li­ches, breit­ban­di­ges Signal mas­kiert bestimm­te Antei­le gespro­che­ner Spra­che, die dann gar nicht oder nicht mehr gut hör­bar ist. Zudem benö­tigt es Kon­zen­tra­ti­on, um dem Vor­ge­le­se­nen auf­merk­sam zu fol­gen. Ins­be­son­de­re das Kurz­zeit­ge­dächt­nis wird durch Hin­ter­grund­spra­che gestört, da es für Signa­le mit kla­ren tem­po­ral-spek­tra­len Schwan­kun­gen anfäl­lig ist. Auf­merk­sam­keit als wei­te­re kogni­ti­ve Basis­funk­ti­on wird durch unre­gel­mä­ßi­ge, impuls­hal­ti­ge Stör­ge­räu­sche beein­träch­tigt. Auch wenn man weiß, dass das klin­geln­de Tele­fon nicht das eige­ne ist, wird der Auf­merk­sam­keits­fo­kus von der Arbeits­auf­ga­be abge­lenkt und muss erst wie­der zurück­ge­holt wer­den. Schließ­lich müs­sen Infor­ma­tio­nen zwi­schen­ge­spei­chert und mit­ein­an­der ver­knüpft wer­den, um Schluss­fol­ge­run­gen zu zie­hen und sich im Nach­gang an Inhal­te erin­nern zu können.

Sensorische Funktionen und kognitive Basisfunktionen ermöglichen im Zusammenspiel komplexe kognitive Leistungen. Abbildung: Prof. Dr. Sabine J. Schlittmeier

Sen­so­ri­sche Funk­tio­nen und kogni­ti­ve Basis­funk­tio­nen ermög­li­chen im Zusam­men­spiel kom­ple­xe kogni­ti­ve Leis­tun­gen. Abbil­dung: Prof. Dr. Sabi­ne J. Schlittmeier

Akustische Maßnahmen gegen Sprachverständlichkeit und Pegel

In einem Labor­ex­pe­ri­ment an der RWTH Aachen Uni­ver­si­ty bear­bei­te­ten Ver­suchs­teil­neh­men­de eine Kurz­zeit­ge­dächt­nis­auf­ga­be unter ver­schie­de­nen Hin­ter­grund­schall­be­din­gun­gen. Zum einen wur­de die Leis­tung in der Auf­ga­be erfasst und über die ver­schie­de­nen Schall­be­din­gun­gen ver­gli­chen. Zum ande­ren wur­den die Ver­suchs­teil­neh­men­den gefragt, wie stö­rend sie die ver­schie­de­nen Schall­be­din­gun­gen sub­jek­tiv emp­fan­den. Es zeig­te sich, dass die Stör­wir­kung der Hin­ter­grund­spra­che auf die Gedächt­nis­leis­tung nur dann redu­ziert wur­de, wenn deren Ver­ständ­lich­keit ver­rin­gert wor­den war. Eine Pegel­min­de­rung allein (hier von 55 auf 35 dBA) führ­te nicht zu einer Ver­bes­se­rung der kogni­ti­ven Leis­tung. Für die sub­jek­ti­ven Stö­rungs­ur­tei­le war jedoch der Pegel ent­schei­dend: Die Ver­suchs­teil­neh­men­den emp­fan­den die Hin­ter­grund­spra­che bei ver­min­der­ter Sprach­ver­ständ­lich­keit noch nicht als weni­ger stö­rend – erst eine zusätz­li­che Min­de­rung der Laut­stär­ke führ­te dazu, dass sie sich auch weni­ger gestört fühlten.

Sprachverständlichkeit reduzieren

Aus kogni­ti­ons­psy­cho­lo­gi­scher Sicht sind die Ergeb­nis­se gut erklär­bar. Die kogni­ti­ve Leis­tung pro­fi­tiert von einer redu­zier­ten Sprach­ver­ständ­lich­keit, da dies die tem­po­ral-spek­tra­len Schwan­kun­gen des Sprach­si­gnals min­dert. Eine Pegel­ab­sen­kung allei­ne ist nicht effek­tiv, da sie die tem­po­ral-spek­tra­len Eigen­schaf­ten des Sprach­si­gnals nicht aus­rei­chend ändert. Der posi­ti­ve Effekt einer redu­zier­ten Ver­ständ­lich­keit von Hin­ter­grund­spra­che geht über das Kurz­zeit­ge­dächt­nis hin­aus. Zum einen, weil es bei einer Viel­zahl kom­ple­xer kogni­ti­ver Leis­tun­gen betei­ligt ist. Zum ande­ren, weil ein Sprach­si­gnal mit redu­zier­tem Bedeu­tungs­ge­halt auch bei seman­tik­ba­sier­ten Auf­ga­ben wie Lese­ver­ständ­nis oder Text­pro­duk­ti­on weni­ger stört.

Prof. Dr. Sabine J. Schlittmeier, Institut für Psychologie (IfP),RWTH Aachen University. Abbildung: Sabine Schlittmeier

Abbil­dung: Sabi­ne Schlittmeier

Prof. Dr. Sabi­ne J. Schlittmeier,

Insti­tut für Psy­cho­lo­gie (IfP),
RWTH Aachen University.

psych.rwth-aachen.de

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